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Salomon Seidner * 1885

Hamburger Hochstraße 2 (Altona, Altona-Altstadt)


HIER WOHNTE
SALOMON SEIDNER
JG. 1885
"POLENAKTION" 1938
BENTSCHEN / ZBASZYN
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

Weitere Stolpersteine in Hamburger Hochstraße 2:
Bertha Seidner

Bertha Seidner, geb. Lefkowits, geb. 12.12.1886 in Tiszabo/ Ungarn, in der "Polenaktion" abgeschoben am 28.10.1938 nach Bentschen/ Zbaszyn, ermordet im besetzten Polen

Salomon Seidner, geb. 15.8.1885 in Mährisch-Ostrau, in der "Polenaktion" abgeschoben am 28.10.1938 nach Bentschen/ Zbaszyn, ermordet im besetzten Polen

Hamburger Hochstraße 2 Altona-Altstadt

Wer waren Bertha Seidner, geborene Lefkowits, und Salomon Seidner?

Bertha Seidner war am 12.12.1886 als Kind der jüdischen Eltern Julius und Klara Lefkowits in Tiszabo/ Ungarn geboren worden. Salomon Seidner war als Kind der jüdischen Eltern Leib und Sara Seidner am 15.8.1885 in Mährisch-Ostrau (damals Österreich, heute Tschechien) zur Welt gekommen. Wir können nichts über die Kindheit und Jugendzeit von Bertha und Salomon Seidner berichten.

Die beiden heirateten 1912 in Debrecen/ Ungarn, wo Salomon Seidner als Holzarbeiter sein Geld verdiente.

Das frisch verheiratete Ehepaar Seidner bekam in Mährisch-Ostrau den Sohn Albert (geb. 14.8.1912). Im April 1914 zogen sie nach Altona in die Lange Straße 67 zur Untermiete bei Gerike. Ein gutes Jahr später bezogen sie eine eigene Wohnung in der Lange Straße 56 im zweiten Stock. Dort wurde die Tochter Antonie (geb. 14.1.1918) geboren.

Auf der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde vermerkte diese, dass Salomon Seidner bis 1931 zur Abgabe von Steuern herangezogen wurde. Wo er arbeitete, wissen wir nicht. Offensichtlich war er dann erwerbslos. Aber ab 1. Januar 1934 fand er eine Anstellung bei dem 1890 gegründeten Sperrholzwerk Holsatia Kruppstraße 59 in Altona (heute Ruhrstraße) als Tischler.

Die Holsatia Werke waren vom jüdischen Kaufmann Julius Neumann (geb. 4.9.1869, verstorben 10.8.1930) in Altona aufgebaut worden. Julius Neumann war Ehrensenator der Stadt Altona und Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde Altonas. Eigentlich war die Holsatia "nur" eine Holzfabrik mit etwa zehn Werkstätten; aber sie fabrizierte von der kleinen, gewöhnlichen Streichholzschachtel bis zur vornehmen Zigarrenkiste, von sachlicher Büroausstattung in minimal angedeutetem Bauhaus-Stil bis zu wohnlichen Möbeln ein breites Sortiment und war deshalb über die Stadtgrenze hinaus bekannt.

Ab 1935 wohnte das Ehepaar Seidner mit seinen Kindern in der Großen Johannisstraße 99 in Altona (die Straße existiert heute nicht mehr).

Als das Deutsche Reich am 28. Oktober 1938 tausende Juden polnischer Herkunft abschob, traf dies auch ca. 1000 Personen aus Hamburg mit dem inzwischen eingemeindeten Altona. Auch Bertha und Salomon Seidner besaßen die polnische Staatsbürgerschaft und wurden mit Albert und Antonie nach Bentschen/ Zbaszyn an die deutsch-polnische Grenze transportiert. Da Polen den meisten der Ankömmlinge die Einreise verweigerte, blieben diese im Niemandsland zwischen den Grenzen hängen und wurden von der örtlichen jüdischen Gemeinde und dann auch von der jüdischen Hilfsorganisation Joint notdürftig untergebracht und versorgt. Viele konnten später doch nach Polen einreisen, andere erhielten eine Rückkehrerlaubnis, um dringende Angelegenheiten zu erledigen oder die Ausreise in die Wege zu leiten. Ein Teil aber befand sich im Sommer 1939 immer noch dort.

Wollten Abgeschobene zurückkehren, verlangte die Gestapo ein Leumundszeugnis.
Diesem Verlangen kam die Familie Seidner nach, durfte aber dennoch nicht wieder nach Hamburg. Lediglich die Kinder erhielten die Erlaubnis. So nahmen Albert und Antonie Seidner im Juli 1939 Abschied von ihren Eltern.

Antonie Seidner gelang offensichtlich am 10. Juli 1939 die Flucht nach England. Albert Seidner konnte am 7. Oktober 1939 nach Australien entkommen und erreichte am 13. Oktober 1939 Sydney.

Die Eheleute Seidner mussten bis September 1939 in Bentschen bleiben und wurden dann unter Bewachung der polnischen Polizei nach Warschau gebracht. Sie wohnten im jüdischen Viertel von Warschau in der Nalewkistraße. Das "Jüdische Wohnviertel" in Warschau wurde im November 1940 abgeriegelt und zum Warschauer Getto erklärt. Mit dem Aufbau des Warschauer Gettos mussten Bertha Seidner und Salomon Seidner zum 1. Oktober 1940 umziehen in die Ludwig-Zamenhoferstraße 9.

Albert Seidner versuchte unterdessen vergebens, seine Eltern zu sich nach Australien zu holen. Nach Errichtung des Gettos hatte er diese Hoffnung aufgegeben. Das letzte Lebenszeichen von seinen Eltern erhielt er im Februar 1943.

Über das weitere Schicksal von Bertha und Salomon Seidner sind keine Einzelheiten bekannt. Wir wissen nicht, ob sie an den unmenschlichen Bedingungen im Getto starben, im Vernichtungslager Treblinka oder bei der Auflösung des Gettos ermordet wurden.

Zum Schicksal der Kinder von Bertha und Salomon Seidner:

Wie oben erwähnt, flüchtete Albert Seidner nach Australien. Er heiratete am 7. Oktober 1939 in Sydney Erna Gillis (geb. 9.11.1902). Sie verstarb ein Jahr später dort. Albert Seidner ging eine zweite Ehe ein mit Margaret James Bronwen.

Antonie Seidner überlebte in England.

Stand: Januar 2021
© Bärbel Klein

Quellen: StaH, 1; 2; 4; 5; 6; 8; 9; 131-2 II_3290 Korrespondenz; 213-13_16891; 213-13_25611; 213-13_28180; 213-13_32277; 351-11_2917; 351-11_7995; 351-11_9074; 213-13_16891; 351-11_18279; 351-11_26211; 351-11_32277; 351-11_33061; 351-11_33132; 351-11_36727; 351-11_33608; 351-11_37190; 351-11_37653; 351-11_39465; 332-5_135/1906; 332-5_519/1908; 332-5_316/1908; 332-5_41/1934; 332-5_33/1935; 621-1/86_23; 741-4_K2435; 741-4_K2448; 741-4_K4553; www.jci.co.il/Streiflichter aus jüdischer Vergangenheit in Hamburg, Holsatia Werke; ITS Archives Bad Arolsen Digital Archiv Copy of 1.2.2.1 / Liste der ausgewiesenen Polen in Zbaszyn Auffanglager Bentschen [11417844];
ITS Archives Bad Arolsen Digital Archive Korrespondenzakte 6.3.3.2 / 7105 Archivnummer [105867201] Einsicht am 7.3.2017; www.geni.com; www.ancestry.de; www.wikipedea.de (Einsicht am 6.10.2020).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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