Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Selma Berend (geborene Lichtenstein) * 1884

Kösterbergstraße 42 (Altona, Blankenese)

1941 Minsk
ermordet

Selma Berend, geb. Lichtenstein, geb. am 7.3.1884, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk, ermordet

Kösterbergstraße 42

Selma Berend war die mittlere von fünf Töchtern des Danzigers Hermann Lichtenstein und seiner Frau Frieda, geborene Auerbach. Ihre zwei älteren Schwestern Elsa und Klara kamen 1879 und 1880 zur Welt, 1885 und 1890 folgten die jüngeren Regina und Auguste.

Selma heiratete 1904 den Kaufmann Alfred Berend. Als am 15. Oktober 1905 ihr Sohn Manfred zur Welt kam, war sie 21 Jahre alt. Zwei Jahre später wurde die Tochter Norma geboren. Die Familie zog häufig um; 1906 wohnte sie in der Armbruststraße 6 und dann mehrere Jahre in der Collaustraße 17 in Eimsbüttel, um 1911 in der Grindelallee 83 und ab 1915 Beim Schlump 12.

1917 wurde die Ehe geschieden. Selma Berend lebte zunächst offenbar allein. Von 1922 bis 1928 war sie in der Mansteinstraße 37 gemeldet, ab 1929 in der Düppelstraße 6 in einer Zweizimmerwohnung, in die später ihre unverheiratet gebliebene Schwester Regina zuzog. 1928 starb die Mutter.

Als Verkäuferin und "Lageristin" kann Selma Berend in all den Jahren nur wenig verdient haben, denn von 1927 bis 1941 erließ ihr die jüdische Gemeinde die Zahlung der Beiträge. Von 1918 bis Ende Juni 1932 stand sie in Beschäftigung, ab dem Juli 1932 aber war sie arbeitslos und erhielt von der Wohlfahrtsbehörde eine nur geringe Unterstützung von 8,50 Reichsmark wöchentlich. Von Oktober bis Dezember 1932 half sie bei Firma Wagner in der Elbstraße aus. Ab 1933 führte die Behörde sie wieder als "erwerbslos". Selma Berend geriet in Not. Sie gab an, dass ihre inzwischen verheirateten Kinder selbst in einfachsten Verhältnissen lebten und sie nicht unterstützen können. Ihr Sohn hatte als Provisionsreisender mit unregelmäßigem Einkommen selbst zwei Kinder zu versorgen. Auch ihre in Leipzig lebende Tochter, die ein Kind hatte und als Verkäuferin arbeitete, und ihr Schwiegersohn, ein Vertreter, konnten nicht für sie aufkommen. Selma Berends Vater lebte im Altenhaus, im Stift Sedanstraße. So musste sie Anträge auf Krisenunterstützung stellen und erhielt zusätzlich Feuerungszuschuss.

1936 wohnte sie als Hausangestellte bei Familie Dessau in der Moltkestraße 45 a. 1937 starb ihr Vater. In demselben Jahr zog Selma Berend in das Haus Kösterbergstraße 42, das für die Gärtner der Familie Max Warburg gebaut worden war. Dieser Umzug war sicherlich mit neuen Hoffnungen verbunden. Laut Hausmeldekarteikarte stellten die Warburgs sie als "Hausdame" ein und zahlten ihr 21,60 Reichsmark wöchentlich.

Max Warburg reiste mit seiner Frau und Tochter Ende August 1938 nach New York. Doch wegen der politischen Entwicklung in Deutschland kehrten die Warburgs nicht wie geplant zurück. Ihr Besitz, die Häuser Kösterbergstraße 42 und 56, wurden von der Hansestadt Hamburg beschlagnahmt. Selma Berend musste wieder umziehen.

Bis zu ihrer Deportation im November 1941 lebte sie in verschiedenen Häusern im "jüdischen" Grindelviertel zur Untermiete: 1939 zog sie in die Dillstraße 3, später war sie untergebracht im "Judenhaus" Bornstraße 22, in der Heinrich-Barthstraße 1 und schließlich "bei Noltemeyer" am Grindelberg 9 a. Hier erhielt sie den Deportationsbefehl.

Am 18. November 1941 wurde Selma Berend nach Minsk deportiert. Im Minsker Getto ist sie umgekommen.

Ihre Schwester Regina wurde am 25. Oktober 1941 nach Lodz deportiert und starb dort.

Selma Berends Sohn Manfred absolvierte nach seinem Schulabschluss 1926 eine Lehre in der Verlagsanstalt seines Vaters in Köln. Zurück in Hamburg, arbeitete er als Berichterstatter und Annoncenvertreter beim "Hamburger 8 Uhr Abendblatt" und beim "Hamburger Korres-pondenten". Ab 1934 konnte er wegen seiner jüdischen Herkunft keine Anstellung mehr als Journalist finden. Schließlich war er auf Wohlfahrtsunterstützung angewiesen. Seine nichtjüdische Ehefrau Anni Berend, geborene Rüttgen, verließ ihn 1938 mit den beiden Kindern und ging zurück in ihre Heimatstadt Köln. 1939 gelang es Manfred Berend nach England auszureisen.

Stand September 2015

© Hans Kastrup und Birgit Gewehr

Quellen: 1; 4; Auskunft des Staatsarchivs Hamburg aus der Hausmeldekartei; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 7013 (Selma Berend) und 29883 (Berend, Manfred, darin Fürsorgeakte); AB Altona und Hamburg; Chernow, Die Warburgs.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang