Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Martha Burchhardt (geborene Levy) * 1873

Grindelallee 32 / Froebelstraße (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
MARTHA BURCHARDT
GEB. LEVY
JG. 1873
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 13.7.1943

Martha Burchhardt, geb. Levy, geb. am 3.1.1873 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort umgekommen am 13.7.1943

Grindelallee 32 (Ecke Fröbelstraße)

Am 4. Juni 1894 heirateten die 21-jährige Martha und der fast vier Jahre ältere Arzt Max Burchhardt in Hamburg, dem Geburtsort der Braut, so wie damals üblich. Der Bräutigam war am 29. Mai 1869 in Kroppenstedt im Kreis Aschersleben geboren worden, in der damals preußischen Provinz Sachsen. Seine Eltern, der Kaufmann Louis Burchhardt und dessen Frau Jenny, geborene Helft, lebten zur Zeit der Hochzeit in Halberstadt, ebenfalls Kreis Aschersleben. Max und Martha hatten sich wahrscheinlich in Ärztekreisen kennengelernt, denn auch Marthas Vater Baruch Levy war promovierter Mediziner und Chirurg. Er arbeitete als praktischer Arzt und Geburtshelfer, seine Praxis befand sich in der Welckerstraße 10 in der Neustadt. Marthas Mutter hieß Frommaid und stammte aus einer Familie Lewisohn. Sowohl Max’ als auch Marthas Familie waren jüdischen Glaubens. Ob infolge antisemitischer Diskriminierungen oder als Zeichen für ihre Integration in die deutsche Gesellschaft ist nicht bekannt, aber Marthas Eltern änderten ihre Vornamen später in die weniger jüdisch klingenden "Bernhard" und "Franziska".

Max Burchhardt arbeitete ebenfalls als praktischer Arzt und führte zunächst eine Praxis in der Fuhlentwiete in der Neustadt. 1898 verlegte er sie an die Grindelallee 32, Ecke Fröbelstraße; im Erdgeschoss befand sich die Germania-Apotheke des Apothekers Goldstaub. In der Wohnung im zweiten Stock, in der die Praxis lag, lebte auch das Ehepaar. Max und Martha Burchhardt hatten bereits zwei Kinder. Am 29. Januar 1896 war die Tochter Elsa Helene geboren worden, am 3. September 1897 die Tochter Therese. Am 5. August 1899 kam noch ein Junge zur Welt, den die Eltern Erwin Felix nannten.

Auch Max und Martha Burchhardts Tochter Therese heiratete später einen Arzt: Kurt Neufeld aus Tuche. Beide bekamen zwei Kinder: Louise, geboren am 28. März 1925, und Adolf, geboren am 13. Juli 1926.

Die Geburt seines Enkels erlebte Max Burchhardt noch mit, er starb am 8. Mai 1927 in Hamburg, nur drei Wochen vor seinem 58. Geburtstag. Seine Witwe Martha blieb in der Wohnung in der Grindelallee wohnen, wo das Ehepaar fast dreißig Jahre lang gemeinsam gelebt hatte. Um 1936 zog Martha Burchhardt aus. Vermutlich konnte sie sich die Wohnung nicht länger leisten. Sie fand ein Zimmer zur Untermiete zunächst in der Brahmsallee 15, dann in der Brahmsallee 25. Von dort aus zog sie Anfang 1941 in das Jüdische Altenheim in der Sedanstraße 23.

Martha Burchhardts Mutter Franziska starb am 13. Februar 1936 im Alter von 88 Jahren. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof Langenfelde beerdigt. Zuletzt hatten Marthas Eltern in der Johnsallee 36 gewohnt.

Martha Burchhardts Kinder emigrierten alle drei nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten nach Palästina; Therese, Kurt, Louise und Adolf flohen am 28. Dezember 1938 dorthin. Wahrscheinlich war auch Kurt Neufeld nach dem Novemberpogrom 1938 festgenommen und ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel oder ins KZ Sachsenhausen gebracht worden – für die meisten Verhafteten ein traumatisches Erlebnis, sie wurden gedemütigt, verprügelt und gefoltert, litten Todesangst. Und die Entlassung war für viele verbunden mit der Auflage, Deutschland zu verlassen.

Martha Burchhardt blieb allein in Hamburg zurück. Am 15. Juli 1942 wurden zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner des Altenhauses in der Sedanstraße mit dem ersten Transport aus Hamburg (VI/1) ins Getto Theresienstadt gebracht – darunter die mittlerweile 69-jährige Martha Burchhardt. "Aus Deutschland und Österreich wurden nun die Insassen aller jüdischen Krankenhäuser, Siechen- und Altersheime [...] nach Theresienstadt überführt. Herzzerreißend waren diese ankommenden Transporte, [...] die, statt Erbarmen und Hilfe zu finden, nun ins bitterarme Elend hinausgestoßen wurden, um im Dreck durch Hunger und Kälte zu verrecken." So beschrieb einmal die Krankenschwester Alice Randt, die in Theresienstadt unter anderem in Siechenstuben arbeitete, die dortigen Zustände.

Fast ein Jahr lang überlebte Martha Burchhardt noch in Theresienstadt. Sie starb dort am 13. Juli 1943 an einer Blutvergiftung.

Der für sie verlegte Stolperstein zeigt versehentlich mit "Burchardt" eine nicht ganz richtige Schreibweise des Nachnamens. Korrekt ist "Buchhardt".

Stand: Juli 2017
© Frauke Steinhäuser

Quellen: 1; 3; 4; 5; StaH 332-5 Standesämter 205/1927 StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 992 e 2 Band 4, Transport nach Theresienstadt am 15. Juli 1942, Liste 1; Hamburger Adressbücher; Lange, Das jüdische Altenhaus, S. 134; Schellenbacher, Gesundheitswesen in Theresienstadt, S. 45 u. S. 97; http://www.ho locaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/97334-burchardt-marta-todesfall anzeige-ghetto-theresienstadt/ (letzter Aufruf: 2.7.2016).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang