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David Bukofzer * 1891

Weidenallee 48-50 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
DAVID BUKOFZER
JG. 1891
DEPORTIERT 1941
IN MINSK
ERMORDET

David Bukofzer, geboren 5.8.1891, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert und ermordet

Weidenallee 48-50 Eimsbüttel

David Bukofzer hinterließ nur wenige biographische Spuren. Er war am 5. August 1891 als sechstes von acht Kindern der jüdischen Eheleute Wolfgang/Wolf Bukofzer und seiner Ehefrau Helene Bukofzer, geborene Kiewe, in Bromberg (heute Bydgoszcz, Polen) geboren worden. Sein Vater arbeitete in Berlin als Fleischermeister. Wolf und Helene Bukofzer starben beide 1935. Sie fanden ihre letzte Ruhe auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee.

David Bukofzer verbrachte seine Kindheit mit den Eltern und Geschwistern in Berlin. Über seine Kindheit oder eine Schul- oder berufliche Ausbildung können wir nichts berichten.
Die Familie Bukofzer zog 1924 nach Halberstadt. Dort wurde David Bukofzer in den Adressbüchern mit der Wohnung Harmoniestraße 24 und der Berufsbezeichnung Kaufmann geführt. Wann er aus Halberstadt weg- und wo er hinzog, konnten wir nicht feststellen.
Ab dem Jahre 1929 wohnte David Bukofzer nachweislich in Hamburg und dort zunächst zur Untermiete bei der Witwe Schmidthuber in der Straße Neuer Steinweg 56 in der Neustadt.

Sein beruflicher Weg in Hamburg ist zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. In den Unterlagen des Staatsarchivs Hamburg findet sich eine Haftkarteikarte. Diese weist eine Verurteilung wegen Betruges zu vier Wochen Haft durch das Oberlandesgericht Hamburg aus. Diese Strafe verbüßte David Bukofzer vom 25. Februar 1930 bis zum 25. März 1930 in der Haftanstalt in Neumünster.

Nach seiner Entlassung kehrte er nach Hamburg in die Straße Neuer Steinweg 56 zurück. Die Witwe Schmidthuber hatte das Zimmer einen Monat für ihn freigehalten, so dass er wieder einziehen konnte. Er wohnte dort bis 1933. Seine Kultussteuerkarteikarte der Jüdischen Gemeinde enthält den Eintrag, dass er in den Jahren 1931 und 1932 als kaufmännischer Angestellter arbeitete. 1933 zog David Bukofzer in die Düsternstraße 20, ebenfalls Hamburg/Neustadt. Am 13. Mai 1933 erklärte er schriftlich den Austritt aus der Jüdischen Gemeinde.

1935 zog David Bukofzer in die Weidenallee 48-50 in Eimsbüttel und wohnte zur Untermiete bei Siegfried Werner. (Siegfried Werner wurde am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb dort. Siehe www.stolpersteine-hamburg.de). 1936 bezog er in der Marthastraße 25, Haus 3, ebenfalls in Eimsbüttel, eine Wohnung im Erdgeschoss.

Während des Novemberpogroms vom 9. auf den 10. November 1938 wurden vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden angeordnet und durchgeführt. In Hamburg wurden zwischen 800 und 1000 Juden verhaftet, die u. a. über das "Kola-Fu" (Konzentrationslager Fuhlsbüttel Hamburg, später Polizeigefängnis Fuhlsbüttel) in das Konzentrationslager Sachsenhausen transportiert wurden. Die meisten von ihnen wurden bis August 1939 entlassen, wenn sie Auswanderungsvorbereitungen nachweisen konnten.

Von diesen Aktionen gegen Juden war auch David Bukofzer betroffen. Er wurde im November 1938 als "Schutzhäftling" in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel eingewiesen. Am 12. November 1938 kam er von dort nach Sachsenhausen und wurde im sogenannten kleinen Lager im Häftlingsblock 20 untergebracht. Am 25. Januar 1939 wurde er aus Sachsenhausen entlassen und kehrte nach Hamburg zurück.

David Bukofzer fand ab Juli 1939 Arbeit in der Wollkämmerei A.G., Kanalstraße 62 in Hamburg-Wilhelmsburg.

Ab Sommer 1939 mussten alle "Volljuden", gleichgültig, ob sie einer jüdischen Gemeinde angehörten oder nicht, Mitglied der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland werden, deren Hamburger Bezirksstelle die ehemalige Jüdische Gemeinde war, die sich nun Jüdischer Religionsverein e.V. nennen musste. David Bukofzer ist ab 5. Januar 1940 als Mitglied registriert. Diese führte ihn nun wieder in ihrer Kartei. In einem Eintrag von 1939/1940 findet sich dort ein Hinweis auf eine nichtjüdische Ehefrau Hertha Bukofzer, geborene Hinz, geboren am 4. Januar 1903 in Hamburg. Diese Eheschließung ließ sich trotz sorgfältiger Recherche nicht weiter belegen.
Wie alle Zwangsmitglieder musste er regelmäßig Abgaben entrichten.

Sukzessive waren inzwischen Jüdinnen und Juden aus Vereinen, Stiftungen und vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen worden. Die Jüdische Gemeinde gewann so zunehmend an Bedeutung. Sie bot unter anderem Versorgungseinrichtungen an, die die Not ihrer Mitglieder mildern sollten. Dazu zählten bis Ende November 1941 die Essensausgabe an bedürftige Gemeindemitglieder im Heim Innocentiastraße 37 und ab 1941 in der Volksküche in der Schäferkampsallee 27. Der "Jüdische Kulturbund" bot im Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße Vorträge und Unterhaltungsmöglichkeiten für die jüdischen Menschen an, die inzwischen von allen anderen kulturellen Veranstaltungen ausgeschlossen waren. Wir wissen nicht, ob David Bukofzer diese Möglichkeiten nutzte.

Ab Herbst 1941 begannen auch in Hamburg die Deportationen der Juden und Jüdinnen, die von den Nationalisten unter anderem als "Aussiedelung" verschleiert wurden. Mit dem ersten Transport am 25. Oktober 1941 wurden 1025 Menschen in das Getto Litzmannstadt/Lodz verschleppt.
Anlässlich des zweiten Transports mussten sich weitere 968 Jüdinnen und Juden am 7. November 1941 auf der Moorweide versammeln. Unter ihnen war auch David Bukofzer.

Am 8. November 1941 wurden die Menschen gezwungen auf Lastwagen zu steigen, die zum Hannoverschen Bahnhof (heute Hafencity) fuhren. Dort bestiegen sie den Zug, der drei Tage später, am 11. November 1941, in Minsk ankam. Im Getto Minsk verliert sich die Spur des 50jährigen David Bukofzer. Wann genau und wie er dort zu Tode kam, ist nicht bekannt.

David Bukofzers Bruder Max stellte am 19. Mai 1945 beim Roten Kreuz (heute Arolsen Archives) einen Suchantrag für David Bukofzer. Die Akte wurde am 13. März 1995 ohne Ergebnis geschlossen.
Es gibt kein gesichertes Todesdatum oder Todeserklärung von David Bukofzer.

Am 10. September 2003 reichte David Bukofzers Neffe Leonardo Bukofzer ein Gedenkblatt für David Bukofzer ein. (https://collections.yadvashem.org/en/names/8580715)

Zum Schicksal der Geschwister von David Bukofzer:

Jette Bukofzer, geboren am 11.9.1880, heiratete am 1.4.1906 in Bromberg (heute Bydgoszcz/Polen) Albert Josel, geboren am 31.10.1877.
Sie hatten zwei Kinder, Paul Josel, geboren am 22.6.1908, und Gerda Josel, geboren am 28.12.1910. Zum Schicksal der Kinder können wir keine Angaben machen. Albert Josel starb am 20.3.1933 in Berlin. Jette Josel starb am 3.8.1974 in Brasilien.

Jenny Bukofzer, geboren am 28.9.1882, heiratete am 21.2.1911 Karl Ferdinand Christoph Grempel, geboren am 20.2.1882. Er starb vermutlich im Ersten Weltkrieg. Jenny Grempel lebte bis 31.12.1948 in München, Johannesstraße 20.

Cäsar Bukofzer, geboren am 8.9.1886, heiratete 1912 Julie Menken, geboren am 3.7.1878. Das Ehepaar wurde am 29.9.1942 von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet. Stolpersteine liegen in Bonn in der Angelanderstraße 10.

Paul Bukofzer, geboren am 8.12.1887, heiratete 1925 Gertrud Polajewer, geboren am 18.2.1887. Sie wurden am 15.8.1942 von Berlin nach Riga deportiert und ermordet.

Adolf Bukofzer, geboren am 11.5.1889, heiratete am 11.5.1928 Selma Schweizer, geboren am 22.9.1886. Sie bekamen die Tochter Lotte Bukofzer, geboren am 27.3.1926. Adolf Bukofzer arbeitete als Tierarzt. Die Familie wurde am 7.12.1941 nach Riga deportiert. Die Stolpersteine für Adolf und Lotte Bukofzer liegen in Berlin in der Oranienstraße 120. (Siehe www.stolpersteine-berlin.de.) Selma Bukofzer wurde von Riga nach Stutthof deportiert und von den Alliierten befreit. Sie starb am 3.2.1984 in Berlin.

Max Bukofzer, geboren am 15.6.1894, heiratete Martha Maria Menken, geboren am 6.3.1891. Laut einem Eintrag aus dem https://www.worldjewishcongress.org/en von 1946 hat Max Bukofzer den Holocaust überlebt.

Wilhelm Bukofzer, geboren am 6.2.1898, heiratete am 27.2.1929 die verwitwete Esther Wilke, geborene Kudmann, geboren am 15.12.1896. Wir können nichts darüber berichten, wie es das Ehepaar Bukofzer schaffte zu überleben. Das Ehepaar wanderte nach dem Krieg nach Brasilien aus.

Stand: Januar 2025
© Bärbel Klein

Quellen: StaH, 1; 2; 4; 5; 8; Standesamt Berlin Geburtsurkunde Nr. 1090/1987 Paul Bukofzer, Heiratsurkunde Nr. 111/1911 Karl Ferdinand Christoph Grempel/Jenny Bukofzer, Heiratsurkunde Nr. 79/1929 Esther Wilke/Wilhelm Bukofzer, Sterbeurkunde Nr. 1463/1935 Wolf Bukofzer, Sterbeurkunde Nr. 1790/1935 Helene Bukofzer, Sterbeurkunde Nr. 348/1933 Albert Josel; ITS Archives Bad Arolsen Digital Archive Korrespondenzakte 6.3.3.2 / 7105 Archivnummer [851955544] (Einsicht am 7.3.2017); Mail vom 25. Mai 2020 von Frau J. Ber jüdischer Friedhof Berlin zur Anfrage nach der Grabstätte der Eltern; Email Stadtarchiv Berlin Frau Gertrud Fischer-Sabrow vom 11.05.2021 ohne Ergebnis; Mail aus Sachsenhausen von Dr. Astrid Ley 09.05.2024 zum Aufenthalt von David Bukofzer; Mail 10.05.2024 von Julia Liedtke vom Landesarchiv Schleswig für Unterlagen zur Strafhaft führte zu keinem Ergebnis; Stadtarchiv Halberstadt vom 11.06.2024 Email von Franziska Schumacher; Die Judendeportationen aus dem deutschen Reich 1941-1945, Alfred Gottwaldt, Diana Schulle, Marixverlag, Erschienen 2005, Seite 91 1. Absatz; Stefanie Fischer, Familie und Alltag, in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, 22.09.2016. [Zugriff 5.3.2023]; Bydgoszcz – Wikipedia Zugriff 11.06.2024); www.ancestry.de; www.geni.com (Einsicht am 26.4.2020); Novemberpogrome 1938 – Wikipedia (Zugriffe 30.06.2024); https://collections.yadvashem.org/en/names/8580715 David Bukofzer (yadvashem.org).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen.

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