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Meta Cohen mit ihren Kindern, 1938
Meta Cohen mit ihren Kindern, 1938
© Privatbesitz

Edith Mirjam Cohen * 1936

Marktstraße 44 (vor Grünfläche) (Hamburg-Mitte, St. Pauli)


HIER WOHNTE
EDITH MIRJAM COHEN
JG. 1936
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Marktstraße 44 (vor Grünfläche):
Meta Cohen, Ellen Cohen, Hermann Cohen, Kurt Cohen, Max Cohen

Curt (Kurt) Cohen, geb. 12.7.1930 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Edith Mirjam Cohen, geb. 6.1.1936, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Ellen Cohen, geb. 28.9.1926 in Ibbenbüren, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Hermann Cohen, geb. 27.7.1928 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Max Cohen, geb. 25.5.1934 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Meta Cohen, geb. Rosenthal, geb. 2.2.1902 (4.2.1902) in Ibbenbüren, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Marktstraße 44

Meta Rosenthals Mutter war Josephine Olga Rosenthal, geborene Epstein, geboren am 8. Oktober 1878 in Goch am Rhein. Sie lebte mit Metas Schwester Else, geboren im März 1911 in Ibbenbüren, ebenfalls in Hamburg. Die beiden Frauen wurden am 25. Oktober 1941 gemeinsam mit dem im Januar 1933 geborenen Kind Reinhard ins Getto von Lodz deportiert.

Metas Schwester Fanny Johanne Julie kam im November 1908 in Ibbenbüren zur Welt. Auch sie zog nach Hamburg und wohnte, bevor sie am 8. November 1941 nach Minsk deportiert wurde, in einem "Judenhaus" in der Breitestraße 56.
Meta hatte einen Bruder, Josef, Jahrgang 1910, der in Ibbenbüren wohnte und am 21. Mai 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen umkam.

Metas ein Jahr jüngere Schwester Helene, verheiratete Ackermann, überlebte den Nationalsozialismus. Meta hatte also mindestens vier Geschwister. Von denen, die uns bekannt sind, war sie die Älteste.

Was wissen wir über Metas Leben? Sie heiratete den am 10. Februar 1901 in Hamburg geborenen Richard Cohen. Auf dessen Abschlusszeugnis der Talmud Tora Realschule von 1915 war vermerkt, er wolle Schlachter werden. Meta brachte die erste gemeinsame Tochter Ellen in Ibbenbüren zur Welt. Zwei Jahre später, bei der Geburt ihres Sohnes Hermann, war sie in Hamburg. Richard, der seit 1921 bei der Jüdischen Gemeinde in Hamburg besteuert wurde, meldete im April 1930 das Gewerbe als Schlachter für die Friedrichstraße 5 auf St. Pauli an. Die Familie wohnte damals im Eppendorferweg 13, zog dann in die Rendsburgerstraße 9.

Im Juli 1930 kam Curt zur Welt. Im November 1932 musste Cohen die Schlachterei wegen Unrentabilität aufgeben. In der Folge begab sich die Familie zu Metas Eltern nach Ibbenbüren. Auch dort erzielte Richard nicht genügend Einkommen und da Metas Vater nicht weiter für die Familie sorgen konnte, kehrten die Cohens nach Hamburg zurück. Mit kürzeren unselbstständigen Stellungen u. a. als Koch, zum Teil gegen freie Kost bei der Jüdischen Wohlfahrtshilfe, versuchte Richard, die wachsende Familie zu ernähren. Im April 1933 kam Ellen zur Schule, 1934 Kurt. Im selben Jahr wurde Max, 1936 Edith Mirjam geboren. Meta nähte die Kleidung für die Kinder, wie sie schrieb, "aus altem Zeug". Die Familie versuchte nun, Deutschland zu verlassen. Am 15. Juli 1938 wanderte Richard in der III. Klasse des Dampfers Washington von Hamburg nach den USA aus und ließ sich in New York nieder. Die Passagekosten wurden vom Jüdischen Hilfsverein getragen.

Meta, Ellen, Hermann, Curt, Max und Edith wollten folgen. Sie zogen aus der Marktstraße 94 in eine 3 1/2-Zimmer-Wohnung im 2. Stock der Marktstraße 44. Im Januar des folgenden Jahres gab Meta beim Oberfinanzpräsidenten an, sie habe keinerlei Vermögen mit Ausnahme einer Nähmaschine, Wäsche, Betten und Geschirr. Ihr wurde eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für Auswanderer ausgestellt. Dennoch konnte sie nicht mit ihren Kindern ausreisen. Richard gelang es nicht, dem amerikanischen Konsulat die erforderlichen Papiere vorzulegen. Meta musste warten. Für kurze Zeit zog Anna Croner mit ihrem Sohn Nathan ein. Keines der Kinder konnte die Schule beenden. Edith war ohnehin zu jung, um die Schule zu besuchen. Im April 1941 wurde Max in die 1. Klasse der Talmud Tora Schule bei Lehrer Rothschild eingeschult. Meta und ihre Kinder mussten die kleine Wohnung nun mit immer mehr jüdischen Familien teilen. Im Herbst 1941 wohnten dort außer den Cohens Liebenthals und Salomons mit je zwei Kindern. Liebenthals wurden im Oktober ins Getto Lodz deportiert. Salomons mussten vor ihrer Deportation nach Minsk am 18. November noch einmal umziehen, in die Marktstraße 95. Das Haus Nummer 44 wurde während des Krieges durch Bomben zerstört.

Die Historikerin Beate Meyer beschrieb, was mit denen geschah, die von Hamburg mit dem Deportationsziel Minsk verschleppt wurden. Der erste Transport verließ Hamburg am 8. November mit 968 Personen. 407 Menschen wurden am 18. November 1941 ins Getto von Minsk deportiert. Sie arbeiteten für die Wehrmacht, die SS oder die Organisation Todt. Viele starben in den ersten eineinhalb Jahren nach der Ankunft an Hunger, Kälte und Infektionskrankheiten. Bei Massakern im Getto am 8. Mai und am 14. September 1943 wurden fast alle ehemaligen Hamburger erschossen oder im Gas ermordet. Nach Auflösung des Gettos im September 1943 wurden die wenigen arbeitsfähigen Überlebenden in andere Zwangarbeits- oder Konzentrationslager gebracht. Alfred Gottwaldt und Diana Schulle fanden heraus, dass nur fünf Menschen aus den Transporten vom November 1941 ins Getto von Minsk überlebten.

Siehe auch die Beiträge über die Familien Croner und Strellnauer/Cohen. Stolpersteine für Josephina, Else und Reinhard Rosenthal werden im Eschenstieg 3 in Eimsbüttel verlegt.

© Christiane Jungblut

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8; StaH 314-15 OFP, FVg 8675; StaH 332-8 Meldewesen A51/1, K 2463; K 2514; StaH 351-11 AfW, Abl. 2008/1, 100201 Cohen, Richard; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992 e 1 Band 3; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 390 Wählerliste 1930; StaH 362-6/10 Talmud-Tora-Schule, TT 18–21, TT 22–25; Gottwaldt/Schulle, "Judendeportationen", 2005, S. 90; Meyer (Hrsg.), Verfolgung, 2006, S. 174f.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen. Hier abweichend:
(2) Bundesarchiv Berlin, R 1509 Reichssippenamt, Ergänzungskarten der Volkszählung vom 17. Mai 1939

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