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Frieda Dannenberg (geborene Weinberg) * 1874

Großneumarkt 38 (vorm. Schlachterstraße) (Hamburg-Mitte, Neustadt)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Großneumarkt 38 (vorm. Schlachterstraße):
Hanna Aghitstein, Julie Baruch, Ludwig Louis Baruch, Julius Blogg, Rebecca Blogg, Kurt Cossmann, Mathilde Cossmann, Alice Graff, Leopold Graff, Flora Halberstadt, Elsa Hamburger, Herbert Hamburger, Louis Hecker, Max Hecker, Marianne Minna Hecker, Lea Heymann, Alfred Heymann, Wilma Heymann, Paul Heymann, Jettchen Kahn, Adolf Kahn, Curt Koppel, Johanna Koppel, Hannchen Liepmann, Henriette Liepmann, Bernhard Liepmann, Johanna Löwe, Martin Moses, Beate Ruben, Flora Samuel, Karl Schack, Minna Schack, Werner Sochaczewski, Margot Sochazewski, verh. Darvill, Sophie Vogel, Sara Vogel

Frieda (Fanny) Dannenberg, geb. Weinberg, geb. am 26.1.1874 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Großneumarkt 38 (Schlachterstraße 46/47)

Die am 26. Januar 1874 in Hamburg geborene Frieda Dannenberg war die älteste Tochter des jüdischen Ehepaares Hermann/Herz Weinberg (geb. 18.4.1845, gest. 9.2.1895) und Rosalie, geb. Schoeneberg (geb. 5.3.1848, gest. 12.10.1919). Sie wuchs in der Bartelsstraße 95 im Stadtteil St. Pauli gemeinsam mit vier Geschwistern auf. Hermann Weinberg betrieb in der Bartelsstraße ein "Lotterie- und Annoncen-Bureau", das seine Frau Rosalie nach seinem Tod im Jahre 1895 übernahm.

Frieda heiratete am 26. November 1897 den Kaufmann Bermann Dannenberg (geb. 1.5.1867). Der Sohn von Joseph Dannenberg (geb. 6.11.1818, gest. 28.6.1894) und Gelle, geb. Meinfeld (geb. 6.7.1836, gest. 26.4.1914), entstammte einer kinderreichen Familie im hessischen Falkenberg, Kreis Homberg, und wohnte im damals preußischen Harburg an der Elbe. Dort wurden ihre drei Söhne Josef (geb. 5.4.1898), Hermann (geb. 15.7.1900) und Alfred (geb. 3.1.1903) geboren. Die Familie lebte in der Wilstorferstraße 71, anschließend in der Heinrichstraße 15. Bermann Dannenberg betrieb eine Produktenhandlung in der Langestraße 26a.

Im Jahre 1903 verließen die Dannenbergs Harburg und zogen in den Stadtteil Uhlenhorst in die Humboldtstraße 107, wo Bermann Dannenberg ein Geschäft für "An- und Verkauf von Eisen, Metallen und Gelegenheitskäufe aller Art" eröffnete.

Ihre Söhne Josef und Hermann besuchten die damals noch in der Straße Kohlhöfen 19 gelegene Talmud Tora Schule. Da aber der Schulweg zu weit war, wechselten sie auf eine näher gelegene Volksschule in der Humboldtstraße 30. Beide Brüder erhielten nach ihrer Schulzeit eine kaufmännische Ausbildung und nahmen, wie ihr Onkel Bernhard Weinberg, am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende wurde Hermann wieder in seiner Lehrfirma tätig und trat dann ins Geschäft seines Vaters ein. 1922 machte er sich mit einer Großhandlung, in der er handelsfreie Waren vertrieb, selbstständig. Am 28. November 1922 heiratete er Mariechen Alma Engelmann (geb. 8.2.1905). Sein Bruder Josef heiratete am 14. April 1923 die Kindergärtnerin Christine Sophie Hilda Hinz (geb. 28.2.1900). Beide Ehefrauen kamen aus evangelisch-lutherischen Hamburger Familien.

Schwierige wirtschaftliche Verhältnisse zu Beginn der 1920er Jahre veranlassten Hermann Dannenberg im Juli 1923 in die USA zu gehen, wo er fast zwei Jahre für die "205 Broadway Corporation" in New York tätig war. Im Juni 1925 kehrte er aus unbekannten familiären Gründen nach Hamburg zurück. Tochter Helga kam am 26. März 1926 zur Welt. Zwei Jahre nach ihrer Geburt ließen sich ihre Eltern am 16. April 1928 scheiden. Eine zweite Ehe ging Hermann Dannenberg am 12. November 1929 mit der Witwe Erna Fiedler, geb. Winter (geb. 23.9.1893, gest. 24.10.1980), ein. Aus dieser Verbindung stammten die Kinder Ilse (geb. 10.3.1930) und Werner (geb. 12.1.1936).

Hermanns Eltern Frieda und Bermann Dannenberg waren mittlerweile in die Martinistraße 20 nach Eppendorf gezogen, wo sie 1927 ein Weiß- und Wollwarengeschäft eröffneten, das Sohn Hermann während einer Erkrankung seiner Mutter kurzzeitig übernahm. Seine Eltern gaben das Geschäft 1929 auf und zogen über die Schleidenstraße 2 in Barmbek in das Lazarus-Gumpel-Stift, Schlachterstraße 46/47 Haus 4, wo Bermann Dannenberg kurz darauf am 26. August 1932 verstarb.

Hermann Dannenberg hatte sich nach verschiedenen Anstellungen mit dem An- und Verkauf von Waren aus Konkursmassen wieder selbstständig gemacht. Diese Tätigkeit musste er zur Jahreswende 1933/1934 wegen "nationalsozialistischer Maßnahmen" aufgeben.

Sein älterer Bruder Josef, der mit seiner Ehefrau Christine am Kaemmerer Ufer 2 in Barmbek lebte, wurde während des Novemberpogroms 1938 von der Gestapo verhaftet, jedoch nicht in ein KZ gebracht, da er nach eigenen Angaben "Frontkämpfer" war und seine Zustimmung gab, Deutschland unverzüglich zu verlassen. Da ein Visum für die USA an der Quotenbeschränkung scheiterte, emigrierten Josef und Christine Dannenberg am 2. April 1939 über Marseille nach Rangun in Birma. Der jüngste Bruder Alfred fuhr als Steward zur See und war bereits 1930 in die USA ausgewandert.

Hermann Dannenberg, der nicht wie seine beiden Brüder emigrieren konnte, wurde zu schwerer Pflichtarbeit in sogenannten Judenkolonnen herangezogen, die seine Kräfte bei Weitem überforderten. Er arbeitete als Tiefbauarbeiter der Firma Karl Vogt in Finkenwerder, in einer Fabrik in Schnelsen, wo er Zementtüten reinigen und zerkleinern musste und dann wieder als Erdarbeiter in Blankenese. Ende 1940/Anfang 1941 wurde ihm, nach einer ärztlichen Untersuchung, gestattet Heimarbeit zu verrichten, zunächst als Adressenschreiber für die Firma Franz Mohr, dann hämmerte er im Kohlenkeller seines Wohnhauses in der Schleidenstraße 2 für die Firma Berkmann Plattfußeinlagen vor. Zuletzt war Hermann Dannenberg für den Arzt Baark tätig, für den er vermutlich Schreibarbeiten erledigte. Da er als Jude die Praxisräume nicht betreten durfte, übernahm seine Frau Erna die Botengänge. Sie schützte ihn bis Kriegsende durch ihre "privilegierte Mischehe".

Seine Mutter Frieda Dannenberg musste sich zuletzt ihre Stiftswohnung mit der Witwe Sara Salomon (s. dort) teilen. Am 18. November 1941 wurde Frieda Dannenberg mit der Berufsbezeichnung "Wäscherin" ins Getto Minsk deportiert, obwohl sie das in den "Richtlinien" dieses Transportes vorgeschriebene Alter bis 65 Jahren um zwei Jahre überschritten hatte. Frieda Dannenbergs Schicksal in Minsk ist unbekannt. Sie wurde im März 1950 vom Amtsgericht Hamburg rückwirkend auf den 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Nach dem Krieg arbeitete Hermann Dannenberg als Versicherungsmakler, doch die jahrelange Zwangsarbeit hatte seine Gesundheit stark beeinträchtigt. Am 20. Januar 1961 starb er in Hamburg.

Sein Bruder und seine Schwägerin Josef und Christine Dannenberg wurden als "feindliche Ausländer" von den Engländern in Birma interniert. Am 19. Februar 1942 flohen sie vor den Japanern nach Indien, wo sie erneut interniert wurden. Am 18. August 1946 gelang ihnen von Bombay die Einreise in die USA. Ende 1964 kehrten sie nach Hamburg zurück. Josef Dannenberg starb am 3. Januar 1970; seine Frau Christine am 4. Dezember 1971.

Der Bruder Alfred Dannenberg kehrte nicht nach Hamburg zurück, er starb im Jahre 1980 in den USA.

Von den fünf Kindern des Ehepaares Weinberg überlebte nur die jüngste Tochter, die in einer "Mischehe" verheiratet war: Paula Lenz, geb. Weinberg (geb. 24.6.1886). An ihre Schwester Dina Adloff, geb. Weinberg (geb. 11.6.1878), erinnert ein Stolperstein in der Kielortallee 24 (s. Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel und Hamburg-Hoheluft-West). Für ihren Bruder Siegfried Weinberg (s. dort), (geb. 22.8.1875) wurde ein Stolperstein am Großneumarkt 56 verlegt. Der jüngste Bruder Bernhard (geb. 9.4.1885) wurde am 31. August 1918 als Soldat im Ersten Weltkrieg getötet.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 5; 9; StaH 351-11 AfW 2852 (Weinberg, Siegfried); StaH 351-11 AfW 23619 (Dannenberg, Hermann); StaH 351-11 AfW 23694 (Dannenberg, Christine); StaH 351-11 AfW 15482 (Dannenberg, Erna); StaH 351-11 AfW 20517 (Dannenberg, Joseph); StaH 332-7 B III 114626/1912; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 869 (Adloff, Dina); StaH 332-5 Standesämter 8588 u 650/1897; StaH 332-5 Standesämter 12911 u 494/1898; StaH 332-5 Standesämter 13375 u 1003/1910; StaH 332-5 Standesämter 810 u 621/1919; StaH 332-5 Standesämter 6599 u 872/1922; StaH 332-5 Standesämter 993 u 341/1932; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 3; AB Hamburg; http://www.geni.com/people/Bermann-Dannenberg (Zugriff 19.3.2014); Lohmeyer: Stolpersteine, Band 1, S. 49.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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