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Bereits verlegte Stolpersteine


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Jürgen Dobbert * 1942

Marckmannstraße 135 (ehemalige Kinderklinik) (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


JÜRGEN DOBBERT
GEB. 12.5.1942
ERMORDET 6.3.1943

Weitere Stolpersteine in Marckmannstraße 135 (ehemalige Kinderklinik):
Andreas Ahlemann, Rita Ahrens, Ursula Bade, Hermann Beekhuis, Ute Conrad, Helga Deede, Anneliese Drost, Siegfried Findelkind, Rolf Förster, Volker Grimm, Antje Hinrichs, Lisa Huesmann, Gundula Johns, Peter Löding, Angela Lucassen, Elfriede Maaker, Renate Müller, Werner Nohr, Harald Noll, Agnes Petersen, Renate Pöhls, Gebhard Pribbernow, Hannelore Scholz, Doris Schreiber, Ilse Angelika Schultz, Dagmar Schulz, Magdalene Schütte, Gretel Schwieger, Brunhild Stobbe, Hans Tammling, Peter Timm, Heinz Weidenhausen, Renate Wilken, Horst Willhöft

Kinderkrankenhaus Rothenburgsort

Im früheren Kinderkrankenhaus Rothenburgsort setzten die Nationalsozialisten ihr "Euthanasie-Programm" seit Anfang der 1940er Jahre um.
33 Namen hat Hildegard Thevs recherchieren können.

Eine Tafel am Gebäude erinnert seit 1999 an die mehr als 50 ermordeten Babys und Kinder:

In diesem Gebäude
wurden zwischen 1941 und 1945
mehr als 50 behinderte Kinder getötet.
Ein Gutachterausschuss stufte sie
als "unwertes Leben" ein und wies sie
zur Tötung in Kinderfachabteilungen ein.
Die Hamburger Gesundheitsverwaltung
war daran beteiligt.
Hamburger Amtsärzte überwachten
die Einweisung und Tötung der Kinder.
Ärzte des Kinderkrankenhauses
führten sie durch.
Keiner der Beteiligten
wurde dafür gerichtlich belangt.



Weitere Informationen im Internet unter:

35 Stolpersteine für Rothenburgsort – Hamburger Abendblatt 10.10.2009

Stolpersteine für ermordete Kinder – ND 10.10.2009

Stolpersteine gegen das Vergessen – Pressestelle des Senats 09.10.2009

Die toten Kinder von Rothenburgsort – Nordelbien.de 09.10.2009

35 Stolpersteine verlegt – Hamburg 1 mit Video 09.10.2009


Wikipedia - Institut für Hygiene und Umwelt

Gedenken an mehr als 50 ermordete Kinder - Die Welt 10.11.1999

Euthanasie-Opfer der Nazis - Beitrag NDR Fernsehen 29.05.2010

Hitler und das "lebensunwerte Leben" - Andreas Schlebach NDR 24.08.2009
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Jürgen Dobbert, geb. 12.5.1942 in Boizenburg/Elbe, ermordet am 6.3.1943

Die Schwesternschülerin Charlotte Petersen meldete der Stationsschwester am 6. März 1944 besorgt, dass Jürgen, der morgens noch gut, vormittags um 10 Uhr immerhin noch schlecht trank, um 14 Uhr überhaupt nichts mehr zu sich nehmen wollte. Sie meinte, ihm müsse beim Trinken geholfen werden, doch die Vorgesetzte beschied, das Kind "nicht zu quälen" und unternahm auch sonst nichts, um Jürgens tatsächliche Qualen zu lindern, die mit der Diagnostik und der Verabfolgung der tödlichen Spritze und deren Folgen verbunden waren.

Jürgen wurde am 12. Mai 1942 in Boizenburg an der Elbe geboren. Seine Eltern gehörten beide der evangelisch-lutherischen Kirche an und ließen ihren Sohn taufen. Offenbar litt dieser schon bald nach seiner Geburt unter Krämpfen und reagierte nicht auf seine Umgebung, so dass er dem "Reichsausschuss" gemeldet wurde. Da es in Boizenburg keine Beobachtungsstation für ihn gab, wurde er an das Kinderkrankenhaus Rothenburgsort überwiesen und kam auf die Säuglingsstation 2, wo Lotte Albers Stationsärztin war. Er galt als "idiotisch", aber sonst als gesund. Kurz bevor er zu trinken und um 16.30 Uhr auch zu atmen aufhörte, war die "Ermächtigung zur Behandlung" (= Tötung) vom "Reichsausschuss" eingetroffen, woraufhin ihm die Stationsärztin oder ihre Vertretung und die Stationsschwester in der Mittagspause, als sie sich allein auf der Station wähnten, die Luminal-Spritze setzten. Sein plötzlicher Tod verwunderte die Schwesternschülerin Charlotte Petersen, die zu dem Zeitpunkt noch nichts vom "Reichsausschuss" wusste.

Jürgens Mutter erhielt die Nachricht, dass ihr Sohn an "Krämpfen und Pneumonie" gestorben sei. Sie meldete den Tod dem Standesamt Rothenburgsort. Vermutlich nahm sie ihren Sohn zur Bestattung mit nach Hause. Jürgen Dobbert wurde zehn Monate alt.

Bei den Ermittlungen gegen Bayer und Knigge fragten die Ermittler der britischen Militärregierung, ob das Sterben der Kinder mit Qualen verbunden gewesen sei. Die Ärzte verneinten. Jürgen hatte sich über Stunden quälen müssen, bevor sein Tod eintrat.

© Hildegard Thevs

Quellen: StaH 213-12 Staatsanwaltschaft Landgericht – NSG, 0017/001, 002; 332-5 Standesämter, 1187+169/ 1943.

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