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Margot Fischbeck * 1935
August-Bebel-Straße 105 (Bergedorf, Bergedorf)
HIER WOHNTE
MARGOT FISCHBECK
JG. 1935
EINGEWIESEN 1940
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 16.8.1943
AM STEINHOF WIEN
ERMORDET 7.11.1943
Margot Fischbeck, geb. 17.3.1935 in Bergedorf, am 16. 8.1943 eingewiesen Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, ermordet am 7.11.1943
Margot Fischbeck, geb. 17.3.1935 in Bergedorf (in der ehemaligen Hitlerstraße 37,
heute August Bebel Straße), starb am 7. November 1943 in der damaligen Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, dem früheren "Steinhof". Sie wurde Opfer der sogenannten wilden Euthanasie.
Margot Luise Fischbeck wurde als eheliche Tochter von Hans und Meta Fischbeck, geb. Gerstenkorn, geboren. Ihr Vater war Kraftfahrer und ihre Mutter Hausfrau. Margot hatte einen drei Jahre jüngeren Bruder. Die Eltern waren deutsch und gehörten der evangelischen Kirche an. Sie ließen Margot am 18. August 1935 taufen. Ihr Taufspruch lautete: "Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." Welche Rolle dieser Zuspruch in Margots Leben spielte, lässt sich aus den wenigen überlieferten Dokumenten nicht erschließen.
Bis zu ihrem zweiten Lebensjahr entwickelte sich Margot unauffällig. Zwar konnte sie mit ein einviertel Jahren noch nicht richtig laufen, aber sie lernte Sprechen. Dann erkrankte sie an einer Hirnhautentzündung. In deren Folge traten epileptische Anfälle auf, häufig bei Tag, aber auch bei Nacht. Sie verlernte das Sprechen und konnte nur noch "Mama" sagen. Margot mochte gern essen, aber sie brauchte Hilfe dabei. Sie brauchte auch Hilfe beim Anziehen und wurde nie trocken.
Offenbar belastete Margots Pflege die Familie so sehr, dass sie in Anstaltspflege gegeben wurde. Dort gab es außerdem Möglichkeiten, sie zu fördern, die über das hinausgingen, was die Eltern leisten konnten. Als Margot fünfeinhalb Jahre alt war, wurde sie auf Kosten der Verwaltung des Landesbezirks, Hauptdienststelle Bergedorf, in den damaligen Alsterdorfer Anstalten aufgenommen.
Margot besuchte in Alsterdorf nie eine Schule. Die Frage von Bildung oder späterer Arbeitsfähigkeit wurde wegen der Schwere ihrer Krankheit gar nicht gestellt. Margot war selbstbewusst und verhielt sich ruhig. Sie spielte sehr gern allein mit sich selber und beschäftigte sich am liebsten mit Papier. Wie sie die Trennung von ihren Eltern und ihrem Bruder bewältigte, geht aus der Krankenakte nicht hervor.
Nach den schweren Bombenangriffen auf Hamburg Ende Juli/Anfang August 1943, bei denen auch die Alsterdorfer Anstalten getroffen wurden, wurde Margot Fischbeck zusammen mit 227 anderen Mädchen und Frauen nach Wien in die dortige Heil- und Pflegeanstalt evakuiert. Der Transport verließ Hamburg am 16. August 1943. Fünf Wochen nach ihrer Ankunft in Wien wurde sie zusammen mit dreizehn anderen Mädchen in die "Wiener städtische Nervenklinik für Kinder Im Spiegelgrund" verlegt.
"Der Spiegelgrund" war eine "Kinderfachabteilung" des "Reichsausschuss[es] zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" und damit eine Einrichtung der "Kinder-Euthanasie". Margot wurde gründlich untersucht, aus den Ergebnissen zogen die Ärzte Schlussfolgerungen für ihre künftige Entwicklung und schickten beides als Gutachten an den "Reichsausschuss" nach Berlin. "Eine direkte ‚Behandlungsermächtigung’, die offizielle Tötungserlaubnis durch den ‚Reichsausschuss’ wie noch in den Jahren vorher oder bei anderen ‚Kinderfach-Abteilungen’ wurden für die Alsterdorfer Kinder von Wien aus nicht mehr eingeholt", stellte der Medizinhistoriker Michael Wunder fest. Margot wurde behandelt, als hätte es einen Antrag auf "Behandlung" gegeben.
Die vierzehn Mädchen, zu denen Margot auch gehörte, wurden innerhalb von dreieinhalb Monaten nach ihrer Verlegung in den "Spiegelgrund" umgebracht. Margot starb am 11. November 1943 und wurde wahrscheinlich auf dem Zentralfriedhof in Wien beigesetzt. Ihr Gehirn war allerdings entnommen und Teile davon für spätere wissenschaftliche Forschungen konserviert worden.
Eine 1983 erfolgte Überprüfung der Sterbefälle ergab, dass die Patientinnen entweder durch Medikamente oder Medikamentenkombinationen oder "Hungerrationen" ermordet wurden. Die Eltern hatten kurz zuvor noch sogenannte Warnbriefe erhalten. Ob Margots Eltern nach ihrer Verlegung nach Wien noch Kontakt zu ihr hatten, ist nicht bekannt.
Margot wurde acht Jahre alt.
Epilog
In einer feierlichen Zeremonie in Anwesenheit des österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer und der Hamburger Zweiten Bürgermeisterin, Dorothee Stapelfeldt, wurden am 9. Mai 2012 die sterblichen Überreste von 61 namentlich bekannten Opfern von NS-Medizinverbrechen auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt, darunter auch die Hirnpräparate von Margot Fischbeck.
© Alexander Eckart, Patrick Wesierski
Quellen: Archiv der Ev. Stiftung Alsterdorf, Patientenakten V 352; Wunder, Michael, Genkel, Ingrid, Jenner, Harald, Auf dieser schiefen Ebenen gibt es kein Halten mehr, S. 213–225, Hamburg, erste Auflage 1987; Hamburger Adressbücher.