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Renate Eva Freimuth * 1925

Bogenstraße 36 (Ida-Ehre-Schule) (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


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RENATE EVA FREIMUTH
JG. 1925
DEPORTIERT 1941
LODZ
1942 WEITERDEPORTIERT
ERMORDET

Renate Freimuth, geb. am 7.8.1925 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, ermordet am 2.9.1942 in Chelmno

Bogenstraße 36 (Ida-Ehre-Stadtteilschule) / Isestraße 43, Harvestehude

Am 9. November 2010 fand vor dem Gebäude der Ida-Ehre-Schule in der Bogenstraße eine feierliche Enthüllung des Stolpersteins für Renate Freimuth statt, und im Anschluss gab es in der Aula eine Gedenkfeier. Die Schülerinnen und Schüler der Schule hatten sich in einem Projekt mit der Geschichte der Schule und ihren ehemaligen jüdischen Schülern befasst. Renate Freimuth war hier nur kurz zur Schule gegangen, nämlich in den Jahren 1934/1935, als sie neun oder zehn Jahre alt war. Offiziell wurde jüdischen Schülerinnen und Schülern der Besuch öffentlicher Schulen erst 1938 verboten, aber schon vorher herrschte in vielen Schulen und Schulklassen ein Klima, in dem Juden beschimpft, beschämt und ausgegrenzt wurden. Die Volksschule in der Bogenstraße wurde Ostern 1934 durch Beschluss des Senats Jahn-Schule genannt in Erinnerung an den "ersten Vorkämpfer für ein größeres Deutschland, für eine reine Rasse und für ein deutsches Volkstum". Die Jahnschule versuchte von Anfang an in vorauseilendem Gehorsam, ihre jüdischen Schüler abzuschulen. Die Behörde teilte der Schulleitung mit, dass "… ab Ostern 1935 nichtarische Schüler und Schülerinnen für die Jahn-Schule nicht zuzulassen sind. Die Jahn-Schule gehört damit zu den Ausnahmen unter den Hamburger Volksschulen". Ein Bericht über die Familie Freimuth findet sich in dem Buch "Stolpersteine in der Hamburger Isestraße". Renate Eva Freimuth, Tochter von Bella und Emil Freimuth, wurde am 7.8.1925 in Hamburg geboren. Als jüngste von drei Kindern lebte sie zusammen mit ihrer Familie in der Haynstraße in Eppendorf. Sie hatte zwei Brüder, Herbert und Edgar. Herbert starb im Alter von drei Jahren. Renates Vater war Geschäftsführer einer Hamburger Im- und Exportfirma, was der Familie einen guten Lebensstandard ermöglichte. Die Eltern Freimuth waren jüdischer Herkunft. Renate besuchte mehrere Schulen. Von der Jahnschule wechselte sie in die Schule Breitenfelder Straße, später in die Israelitische Töchterschule in der Carolinenstraße. Nach deren Schließung am 1. April 1939 besuchte sie die Talmud Tora Schule am Grindelhof.

1936 wurde der familiäre Zusammenhalt auf eine Zerreißprobe gestellt, da der damals vierzehn Jahre alte Edgar die Familie verließ, um bei Verwandten in Prag unterzukommen. Aus diesem Grund entschieden sich Renates Eltern 1939, die Tochter bei sich zu behalten, obwohl die ehemalige Haushälterin und Freundin der Familie anbot, die damals 14-Jährige bei Freunden unterzubringen. Zu dieser Zeit plante die Familie bereits die gemeinsame Auswanderung, da Renates Vater verfolgungsbedingt seine berufliche Existenz verloren hatte und die Familie so nichts mehr in Hamburg hielt.

Die Auflösung der Familie durch den Weggang des Bru­ders, die Schulwechsel und die ungewissen Zukunftsaussichten machten diesen Lebensabschnitt für Renate zu einer sehr schwierigen Zeit. Ihre Situation verschlimmerte sich, als das Vermögen der Familie, das aus dem Verkauf der Firma stammte, gesperrt wurde und Renates Vater im Dezember 1939 in "Schutzhaft" genommen wurde. Sehr zur Erleichterung von Renate wurde ihr Vater nach fünf Tagen wieder entlassen. Doch zur gleichen Zeit musste die Familie von der Hayn- in die Isestraße 43 umziehen, wo heute ein Stolperstein an sie erinnert. Über finanzielle Mittel zur Auswanderung verfügte die Familie jetzt nicht mehr. Renate und ihre Familie verbrachten weitere zwei Jahre in Hamburg, bis sie sich am 25. Oktober 1941 zur Deportation nach Lodz melden mussten.

Im Getto angekommen, kam Renate mit ihren Eltern in der Steinmetzgasse unter. Die Lebensumstände waren katastrophal: bedrängende Enge, Hunger, Kälte, Hetzjagden auf die jüdischen Bewohner, Selektionen, Krankheiten, Schikane und ständige Todesdrohungen. Am 2. Mai 1942 erhielt die Familie den Befehl zur "Ausreise" nach Chelmno. Zu dieser Zeit war die damals sechzehn Jahre alte Renate an Lungenkatarrh erkrankt, auch ihr Vater war schwer krank und bettlägerig. Aus diesem Grund stellte Renates Mutter einen Antrag auf Zurückstellung für sich und ihre Familie, und der Getto-Arzt erklärte Renates Vater für transportunfähig. Der Antrag wurde abgelehnt und eigens ein Wagen zur Abholung geschickt, um sie zum Zug zu bringen. Im letzten Moment entschied man aber doch, dass Renate und ihre Eltern bleiben durften. Die Familie blieb nur etwas mehr als drei Monate verschont, weil ab September die Kommandantur selbst die Auswahl der zu Deportierenden traf und nicht die jüdische Aussiedlungskommission. Dies wurde auch Renate und ihrer Familie zum Verhängnis. Sie wurden am 2. September 1942 nach Chelmno deportiert und dort ermordet.

© Christa Fladhammer, Susanne Lohmeyer, SchülerInnen der Ida-Ehre-Stadtteilschule

Quellen: 1; 2; 5; ITS/ARCH/ZNK 1.2.2.1; USHMM, RG 15.083, M 299/464-465, 301/609-610; Auskunft von Fritz Neubauer, Universität Bielefeld am 24.11.2009; mündliche Auskunft Steffi Wittenberg; mündliche Auskunft Rolf Kummerfeld am 2.6.2009; StaH 361-2 Oberschulbehörde VI A 2 F VIII g 2, L1246, pag. 6f.; "Steine des Anstoßes – An- und Innehalten", S. 32ff.

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