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John Franz * 1885

Kroosweg 32 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
JOHN FRANZ
JG. 1885
VERHAFTET 1939
KZ FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 11.3.1945
ZUCHTHAUS CELLE

John James Franz, geb. am 21.5.1885 in Hamburg, mehrfach inhaftiert in Fuhlsbüttel, gestorben am 11.3.1945 im Zuchthaus Celle

Stadtteil Harburg-Altstadt, Kroosweg 32

John Franz kam als Sohn des Maschinisten Henry Franz und dessen Ehefrau Katharina, geb. Franz, zur Welt und hatte eine ältere Schwester. Er wuchs auf der Insel Helgoland auf, wo er bis zum 14. Lebensjahr die Volksschule besuchte. Danach absolvierte er eine Maschinenbauerlehre mit Patent als 2. Maschinist und fuhr bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf so genannten Cap-Schnelldampfern der Reederei Hamburg-Süd. Bis zur Einberufung zur Kaiserlichen Marine arbeitete er als Heizer bei den Hamburger Wasserwerken, wo er auch nach dem Krieg bis 1934 einer Beschäftigung nachging. Die Gründe, warum er danach auf "Ruhelohn" gesetzt wurde, sind bisher unbekannt; er betätigte sich fortan mit "leichterer" Gelegenheitsarbeit, u. a. als Fremdenführer am Hafen und bei der Harburger Ölfabrik F. Thörl.

1915 ging er eine Ehe mit Grete, geb. Rademacher, ein, aus der in Hamburg in den Jahren 1915, 1917 und 1923 drei Söhne hervorgingen. Nach Aussage von John Franz gegenüber der Kripo wurde er 1940 geschieden, weil seiner Frau das Einkommen zu gering war. Wahrscheinlich aber waren seine seit 1934 verstärkt aufgenommenen homosexuellen Kontakte und sein zunehmender Alkoholkonsum Auslöser für die sich ab 1936 durch den Bezug einer eigenen Wohnung in der Reimarusstraße 5 abzeichnende Trennung. Am 16. Mai 1939 wurde er vom 24. Kriminalkommissariat, das für die Bekämpfung homosexueller Delikte in Ham­burg zuständig war, in "Schutzhaft" genommen und in das KZ Fuhlsbüttel eingeliefert. Dies geschah möglicherweise nach einer Aussage des Strichjungen Karl Baumgart gegenüber der Polizei. Nachdem John Franz am 22. Mai in reguläre Untersuchungshaft überführt wurde, ver­urteilte ihn im Juli 1939 der Amtsgerichtsrat Eduard Hartert nach § 175 zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis und bezeichnete den Angeklagten im Urteil als "Volksschädling". Die Haft verbüßte John Franz bis zum 16. Januar 1942 im Männergefängnis Fuhlsbüttel.

Der vorbestrafte John Franz, der bereits vor seiner ersten Verurteilung als "der schwule Franz" in der Hamburger Hafengegend bekannt war, sprach am 20. Januar 1944 nach Feierabend zwei 14- und 16-jährige Jugendliche am Großneumarkt an. Offensichtlich unter Alkoholeinfluss offerierte er den Jugendlichen, die er in der Dunkelheit älter eingeschätzt habe, ein ihm angeblich zugetragenes Angebot eines Mannes, der für "einmal Wichsen" 20 Zigaretten und 10 RM ausgeben würde. Zum Schein ging ein Junge darauf ein, benachrichtigte aber die Polizei, die daraufhin John Franz verhaftete. Bei der im März 1944 stattgefundenen Verhandlung vor dem Hamburger Landgericht gingen Richter und Staatsanwälte davon aus, dass der einschlägig vorbestrafte Angeklagte selbst die Jugendlichen verführen wollte, zumal er am fraglichen Abend auch anzügliche Fragen gestellt habe. Obwohl es sich nur um einen Versuch handelte, verurteilte ihn das Gericht "als gefährlichen Gewohnheitsverbrecher" nach § 175 a Ziffer 3 zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthausstrafe. Im Wiederholungsfall drohte ihm der Oberlandesgerichtsrat Hollburg sogar mit der Todesstrafe, ungeachtet der Tatsache, dass die Haftbedingungen in den Zuchthäusern der Nationalsozialisten ohnehin oft einer Hinrichtung auf Zeit gleichkamen. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs starb John Franz im Zuchthaus Celle am 11. März 1945 im Alter von 59 Jahren offiziell an "Herzmuskelschwäche bei Erschöpfungszustand".

Da John Franz nach den schweren Luftangriffen auf die Hamburger Innenstadt im August 1943 aus der Rothesoodstraße 17 in die Harburger Karlstraße 32 (Untermiete bei Hein­sohn), heute Kroosweg, verzogen war, erinnert ein Stolperstein dort an sein Schicksal.

© Bernhard Rosenkranz (†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 1171/44; StaH, 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 d; 242-1II Gefängnisverwaltung II, Abl. 13, 16; Rosenkranz u. a., Homosexuellen-Verfolgung, S. 210–211.

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