Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Siegfried Berlowitz * 1888

Hammer Landstraße 80 (Hamburg-Mitte, Hamm)

entrechtet gedemütigt
Flucht in den Tod 26.06.1942

Weitere Stolpersteine in Hammer Landstraße 80:
Werner Rosenbaum

Siegfried Berlowitz, geb. 19.2.1888, Todesdatum 26.6.1942 Hamburg

Die Nationalsozialisten übten massiven Druck auf die nichtjüdischen Partner in Mischehen aus, sich scheiden zu lassen, dem nicht alle Paare standhalten konnten. So ließ sich auch die nichtjüdische Frieda Berlowitz nach 21 Ehejahren von ihrem "jüdischen" Mann Siegfried scheiden, der sich selbst nicht als jüdisch bezeichnete und auch nicht einer Jüdischen Gemeinde angehörte. Vermutlich hoffte sie, ihn weiterhin unterstützen zu können und gleichzeitig mit ihren als "Mischling ersten Grades" eingestuften Söhnen Günther und Klaus (zu diesem Zeitpunkt 21 und 22 Jahre alt) unbehelligter leben zu können. Siegfried Berlowitz verlor mit dem Scheidungsurteil den bedingten Schutz, den die Mischehe ihm geboten hatte.

Er zog aus der gemeinsamen Wohnung in der Hammer Landstraße 77 zur Untermiete in die Rendsburger Straße 14. Offensichtlich bestand trotzdem weiterhin Kontakt zur geschiedenen Ehefrau, den sie nach dem Krieg glaubhaft nachweisen konnte, so dass die Landesjustizverwaltung nach dem Krieg die Scheidung annullierte.

Die Ehe war 1920 in Königsberg geschlossen worden, wo auch die beiden Söhne gebo-
ren wurden. 1919 hatte sich Siegfried Berlowitz selbstständig gemacht. Bis dahin hatte er nach Mittlerer Reife und kaufmännischer Lehre als Prokurist gearbeitet. 1930, inzwischen nach Hamburg umgezogen, wurde er Geschäftsführer der Fa. Jacob Godenrath im Fruchthof, wurde dann aber 1936 "aus rassischen Gründen" entlassen und war erwerbslos. Im Zusammenhang mit der Pogromnacht wurde er von Oktober (!) bis 22. oder 23. Dezember im KZ Sachsenhausen/Oranienburg inhaftiert. 1939 oder 1940 leistete er sechs bis acht Wochen Zwangsarbeit im Otterndorfer Moor. Vom 15. Dezember 1941 an setzte ihn die Gestapo zur Zwangsarbeit in der Sackfabrik Langer & Co. ein. Am 26. Juni 1942 erhängte sich Siegfried Berlowitz.

"Der Verstorbene hat mir und meinem Manne wiederholt Selbstmordgedanken geäußert und liegt bestimmt Selbstmord vor. … Anscheinend hat B. befürchtet, dass er evakuiert werden sollte, und dürfte er die Tat aus diesem Grunde begangen haben." So gibt es die Wirtin zu Protokoll. Geld oder Wertsachen wurden nicht gefunden, nur alte getragene Kleidungsstücke, Lebensmittelkarten und die Kennkarte. Siegfried Berlowitz hinterließ auch zwei Zettel, eine Vollmacht und ein Testament.

Siegfried Berlowitz wurde auf dem jüdischen Friedhof in Ohlsdorf beerdigt, obwohl er nicht Mitglied der Jüdischen Gemeinde gewesen war, bevor er gezwungen wurde, Mitglied der Reichsvereinigung zu werden. Sein Grab ist unauffindbar von Bäumen überwachsen.

Seine Witwe trug schwer an dem Geschehen. Obwohl sie sich Hilfe bei der Notgemeinschaft der durch die Nürnberger Gesetze Betroffenen und der VVN holte, wurde sie bald nach Kriegsende arbeitsunfähig.

© Hildegard Thevs

Quellen: 4; 5; StaH, 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Todesfälle; BA Bln., Volkszählung 1939; AfW 190288.

druckansicht  / Seitenanfang