Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Herta Bos-Guth (geborene Guth) * 1904

Isestraße 39 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
HERTA BOS-GUTH
GEB. GUTH
GESCH. NEUFELD
JG. 1904
FLUCHT 1938 HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 14.9.1942

Weitere Stolpersteine in Isestraße 39:
Paula Meyer, Harriet Natalie Neufeld, Mina Pels, Iwan Seligmann

Herta Bos-Guth, gesch. Neufeld, geb. Guth, geb. am 25.3.1904 in Rößel/ Ostpreußen, Flucht in die Niederlande 1938, interniert in Westerbork, deportiert am 11.9.1942 nach Auschwitz, ermordet am 14.9.1942

Harriet Natalie Neufeld, geb. am 17.4.1933 in Hamburg, Flucht in die Niederlande 1938, interniert in Westerbork, deportiert am 11.9.1942 nach Auschwitz, ermordet am 14.9.1942

Isestraße 39

Diese Biographie wurde zum Gedenken an den gebürtigen Holländer Jakob Bos, geboren am 25.7.1890 in Veendam, seine Ehefrau Herta, die gemeinsame Tochter Renate, geboren am 5.2.1940 Amsterdam/ Niederlande, und ihre (Halb)Schwester Harriet Natalie geschrieben, die von den Nationalsozialisten 1942 nach Auschwitz in den Tod deportiert wurden.

Wir fanden keine Spuren, wann die aus Ostpreußen stammende Herta Guth nach Hamburg kam. Ein erster Eintrag auf ihrer Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde Hamburgs stammt aus dem Jahre 1932. In dem Jahr, am 9. Juni, heiratete sie den Hamburger Tabakwarenhändler Herbert Neufeld (1902-1969 in Bolivien). Wann und wo sich die Eheleute kennen lernten, ist unbekannt.

Herbert Neufelds Eltern waren der Tabakwarenhändler Siegfried (1868- 1935 in Hamburg) und Toni, geb. Katzenstein, (1867 in Harburg - 1942 in Treblinka, siehe www.stolpersteine-hamburg.de) sie lebten und arbeiteten zunächst in Harburg, später dann in der Hamburger Altstadt. Zur Familie gehörte Herberts fünf Jahre ältere Schwester Erna (1897 - 1948). Als Trauzeuge wählte der Bräutigam seinen Vater Siegfried und die Braut entschied sich für Samuel Gerson aus der Eimsbütteler Chaussee. Wieso die Wahl auf Samuel Gerson fiel, ist nicht überliefert, Spuren zu der Familie von Herta Neufeld fanden sich nicht.

Zum Zeitpunkt der Heirat lebte Herta zur Untermiete in der Rothenbaumchaussee 5, die Heiratsurkunde zeugt davon. Danach wohnten die Eheleute bei den Schwiegereltern in der Klosterstraße 24 (die heute nicht mehr existiert), nur wenige Meter von der Bugspitze des Chilehauses entfernt gelegen. Schräg gegenüber, in Nummer 23, befand sich das Tabakwarengeschäft. Zehn Monate später, am 17. April 1933, kam deren Tochter Harriet Natalie zur Welt.

Vermutlich wurde die Freude darüber jedoch getrübt, denn mittlerweile regierten die Nationalsozialisten im Deutschen Reich und ihr Judenhass wurde Staatsdoktrin. Ein Zeugnis davon war der 1. April 1933, dem Boykotttag gegen jüdische Geschäfte, Warenhäuser und Maßnahmen gegen Ärzte und Anwälte. Hiervon war sicherlich auch das zentral gelegene Geschäft der Neufelds betroffen.

Weswegen die Ehe der Neufelds bereits 1934 durch Scheidung endete, ist nicht überliefert. Fortan wohnten Mutter und Tochter zur Untermiete an wechselnden Adressen, davon längere Zeit in der Isestraße 39 bei der Witwe Bauer. Zwischenzeitlich nahm Herta Neufeld eine Tätigkeit als Wirtschafterin im Israelitischen Krankenhaus auf. Da sich die politische Lage im Deutschen Reich für Juden nicht besserte, eher im Gegenteil, reifte bei Herta Neufeld der Gedanke zur Flucht in ein sicheres Land. Im September 1938 flohen Mutter und Tochter in die Niederlande.

Zu einem uns unbekannten Zeitpunkt lernte Herta Neufeld den Holländer Jakob Bos (1890 in Veendam-1942 in Auschwitz) kennen. Dazu werfen wir einen Blick in das Jahr 1922 zurück. Im Dezember des Jahres war der Kaufmann Jakob Bos nach Hamburg gekommen und hatte sich als Mitglied der Jüdischen Gemeinde eintragen lassen. Seine Mitgliedskarte gibt Auskunft darüber, dass er in der Schlachterei Oppenheimer, Grindelberg 82/ Harvestehude tätig war. Diese befand sich im Souterrain des Hauses und in der ersten Etage, lebte das Ehepaar Wilhelm und seine Frau Martha Oppenheimer. Im November 1925 ehelichte Jakob Bos die in Frankfurt am Main geborene Elfriede Faller (1904 - 1965 in den USA). Als Trauzeugen wählten sie den Vater der Braut, Julius Faller (1878 in Wertheim - 1949 in New Jersey/ USA) und Wilhelm Oppenheimer, zu dem sich vermutlich im Laufe der Zeit eine Freundschaft entwickelt hatte.

Doch bereits ab 1927 lebte das Ehepaar Bos getrennt und 1933 folgte die Scheidung. Die Situation für Jüdinnen und Juden im Deutschen Reich war wohl der Grund, weswegen Jakob Bos sich entschied, 1937 in die Niederlande zurück zu kehren. Zudem hatte er auch erlebt, wie es seiner Schwester Erica (1892 in Veendam - 1942 in Riga) und ihrem Mann Louis Levy (1875 in Kiel - 1942 in Riga) sowie der Tochter Ilse (1914) beruflich und finanziell den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.

In Amsterdam/ Niederlande begegneten sich Herta Guth und Jakob Bos. Sie heirateten und im Februar 1940 wurde Tochter Renate (1940 in Amsterdam - 1942 in Auschwitz) geboren. Herta legte den Namen Neufeld ab und hieß fortan Bos-Guth, die Tochter Harriet Natalie aus erster Ehe behielt ihn jedoch.

Sicherheit für Jüdinnen und Juden boten die Niederlande ab dem 10. Mai 1940 nicht mehr, als die deutsche Wehrmacht das Land besetzte. Die Familie wohnte zuletzt in Amsterdam in der Jan Bernardusstraat 22. Von dort wurden sie am 9. September 1942 in das Durchgangslager Westerbork verbracht und bereits zwei Tage nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Welche Spuren fanden sich zu den erwähnten Familien:
Zum Gedenken an Erica Levy, geb. Bos, und ihrem Mann Louis wurden an ihrer letzten Hamburger Wohnadresse Heider Straße 23 zwei Stolpersteine verlegt (siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Deren Tochter Ilse gelang die Flucht nach Großbritannien, wo sie 1947 Alfred Schmidt heiratete. Fortan wählten sie den englischen Namen Smith.

Herbert Neufeld und seine Schwester Erna Dobriner, geb. Neufeld, emigrierten nach Bolivien bzw. nach England. Herbert Neufeld ging noch zwei weitere Ehen ein, die beide mit Scheidungen endeten. Erna Dobriner war mit Julius verheiratet, in der Ehe wurden drei Töchter geboren.

Der bereits 1933 nach Großbritannien emigrierte Helmuth Gottfried Faller (1909), reiste 1936 in die USA weiter. Dort heiratete er 1937 in New York Marianne Friedheim (1911 in Hamburg). Seine geschiedene Schwester Elfriede Bos, geb. Faller, folgte ihm im Sommer 1939. Elfriede heiratete Anfang der 1950er Jahre den Breslauer Henry Wittenberg. Dem Vater der Geschwister, Julius (1878- 1949), gelang im Juni 1941, kurz bevor im Oktober 1941 die Auswanderung für Juden gänzlich verboten wurde, ebenfalls die Flucht in die USA.

Zur Erinnerung an Samuel Gerson (1882 in Christburg/ Westpreußen - 1942 in Lodz) und seine Frau Johanna Gerson, geb. Ruben, (1888 in Hamburg - 1944 in Chelmno) sowie ihre Tochter Edith Gerson (1921 in Hamburg - 1941 in Lodz) werden drei Stolpersteine an ihrer letzten gemeinsamen Adresse in der Paulinenallee 6/ Eimsbüttel verlegt. Die beiden Söhne/ Brüder Theodor (1915) und Robert (1918) emigrierten zusammen nach Shanghai und später in die USA.

Zur Erinnerung an Wilhelm Oppenheimer (1885 in Schweinfurt - 1941 in Minsk) und seiner Frau Martha, geb. Hasenberg, (1881 in Hamburg - 1941 in Minsk) sind an ihrer letzten gemeinsamen Adresse Grindelberg 74 Stolpersteine geplant. Den beiden Kindern Margot Jeanette (1913) und Kurt Johann (1918) gelang die Flucht in sichere Länder.

Stand: März 2022
© Sonja Zoder

Quellen: 4; 5; 8; StaH 332-5/9606-754/1925, 332-5/13797-180/1932 Standesamt (Heiraten) StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung 12765, 26675, 35708; 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1633; Koser, Brunotte: Stolpersteine in Hamburg- Eppendorf und Hoheluft-Ost, Hamburg 2011, S. 266-268; Vieth: Von der Hallerstraße 6/8, S. 26; Baumbach: Wo Wurzeln waren, Hamburg 1993, S. 40, 100-113 und Beiheft S. 26, 27; URL: https://www.joodsmonument.nl/, https://collections.arolsen-archives.org/archive/81714199/?p=1&s=hertha%20neufeld&doc_id=81714199, https://deportation.yadvashem.org jeweils am 11.2.2021; https://www.online-ofb.de/famreport.php?, https://jfhh.org/suche.php, www.agora.sub.uni-hamburg.de, www.geni.com jeweils am 8.2.2022.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

druckansicht  / Seitenanfang