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Jonni Buhr * 1869

Seilerstraße 57 (Hamburg-Mitte, St. Pauli)


HIER WOHNTE
JONNI BUHR
JG. 1869
VERHAFTET 1939
"HOCHVERRAT"
KZ FUHLSBÜTTEL
TOT 21.8.1939

Jonni Carl (Johannes, Joumi) Buhr, geb. 4.12.1869 in Hamburg, inhaftiert am 17.8.1939 im KZ Fuhlsbüttel, dort gestorben am 21.8.1939

Seilerstraße 57

Jonni Buhr war ein Sohn des "Arbeitsmannes" Johann Buhr und seiner Ehefrau Wiebke, geborene Lohse. Beide Eltern stammten aus Hamburg. Am 10. November 1894 heiratete Jonni die am 3. April 1873 in Hamburg geborene Wilhelmine Doris Caroline Schroeder. Der erste Sohn Theodor Bernhard Johannes kam 1895 zur Welt. Er lernte Buchdrucker und war als Artist und Komiker unter dem Künstlernamen Tetje Reingold-Buhr bekannt. 1900 wurde Martha Johanna Wilhelmine geboren, 1905 die zweite Tochter Ella Wilhelmine. Der jüngere Sohn Fritz folgte 1907. Er wurde auf Ende des Jahres 1945 für tot erklärt. Die beiden jüngsten Töchter Herta und Gertrud kamen 1910 und 1915 zur Welt. Eines der Kinder, so vermerkt es die Todesanzeige Jonni Buhrs, soll unehelich gewesen sein. Die Familie wohnte in der Seilerstraße 57.

Das Amt für Wiedergutmachung notierte nach einer persönlichen Vorsprache des Antragstellers Theodor Buhr im April 1960 Folgendes: "Er erklärte, dass sein Vater überzeugter Sozialdemokrat gewesen wäre. Er könne allerdings nicht sagen, ob er bis 1933 Mitglied der SPD gewesen wäre. Er habe während der Nazizeit bei sich im Hause Seilerstraße Nr. 57 immer mächtig auf Hitler geschimpft, und bei seinem lauten Organ sei zu vermuten, dass es auch die Nachbarn gehört und einer von ihnen zur Anzeige gebracht hätte. Jedenfalls habe der Vater im August 1939 plötzlich eine Vorladung zur Gestapo erhalten, der er Folge leistete und von der er nicht wieder zurückkehrte. Etwa fünf Tage später erhielten die Angehörigen dann die Todesnachricht."

Gegen Jonni Buhr und weitere Personen war im Juli 1939 ein Verfahren wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" eingeleitet worden, das wegen seines Todes eingestellt wurde. Aus dem Wiedergutmachungsantrag der Nachkommen geht hervor, dass Jonni Buhr vor seiner Verhaftung "ein rüstiger Mann und kerngesund" war. Sein Sohn zweifelt daher eine "natürliche" Todesursache an: "Was dort im Gefängnis passiert ist, wissen wir nicht, sondern können es nur ahnen!" In der Todesanzeige der Geheimen Staatspolizei vom 23. August 1939 wird erklärt, der Tod Jonni Buhrs sei durch "Selbstmord durch Erhängen" in der Zelle verursacht worden. Unklar bleibt, warum dann seine Angehörigen den Leichnam nicht mehr sehen durften und aus welchem Grund eine Einäscherung angeordnet wurde.

© Christiane Jungblut

Quellen: AB 1936, T. 1, 1939; StaH 351-11 AfW, 1376; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 d; StaH 213-9 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht Strafsachen, Js 148/39; Diercks, Gedenkbuch, 1987.

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