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Elsa Erika Rosenthal * 1896

Lerchenstraße 104 (Altona, Sternschanze)


HIER WOHNTE
ELSA ERIKA
ROSENTHAL
JG. 1896
DEPORTIERT 1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Lerchenstraße 104:
Leopold Rosenthal, Lina Rosenthal, Rosa Rosenthal

Elsa Erika (Else) Rosenthal, geb. 30.3.1896 in Altona, deportiert nach Lodz am 25.10.1941, ermordet am 10.5.1942 in Kulmhof (Chelmno)
Leopold Rosenthal, geb. 21.7.1891 (1892) in Altona, inhaftiert bis Dezember 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, ermordet am 10.5.1942 in Kulmhof (Chelmno)
Lina Rosenthal, geb. 27.8.1880 in Altona, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, ermordet am 10.5.1942 in Kulmhof (Chelmno)
Rosa Rosenthal, geb. 5.3.1887 in Altona, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, ermordet am 10.5.1942 in Kulmhof (Chelmno)

Lerchenstraße 104 (Nachtigallenstraße 13)

Jakob Moses und Sophie Rosenthal, geborene von Halle, hatten mindestens sechs Kinder: Lina, Alfred, geboren am 10. Oktober 1882, Rosa, Paul, geboren am 26. Mai 1889, Leopold und Elsa. Spätestens 1913 war Sophie Rosenthal verwitwet. Sie wohnte im Erdgeschoss der Nachtigallenstraße 13. Dort hatte auch der 1931 verstorbene Großschlachter Siegfried Rosenthal seine Wohnung oder sein Geschäft. Von ihm ist nicht bekannt, in welchem Verwandtschaftsverhältnis er zu den Geschwistern Rosenthal stand. Alfred war im Adressbuch von 1913 für diese Anschrift mit der Berufsangabe Pferdekommission registriert. Der Pferdemakler überlebte als alleiniger Erbe seiner Geschwister den Nationalsozialismus. Seine Ehefrau Dora gehörte der evangelischen Kirche an. Alfred wohnte später nicht mehr bei den Geschwistern Lina, Rosa, Leopold und Elsa in der Nachtigallenstraße. Er betrieb sein Geschäft in der ehemaligen Eckernförderstraße, der heutigen Simon-von-Utrecht-Straße.

Leopold war Kaufmann und blieb wie auch seine drei Schwestern ledig. Spätestens ab 1923 wurde er bei der Jüdischen Gemeinde steuerlich veranlagt. Nach der Pogromnacht nahm ihn die Gestapo am 11. November 1938 in "Schutzhaft" und lieferte ihn ins Konzentrationslager Sachsenhausen ein. Ende Dezember desselben Jahres wurde er mit 110 weiteren männlichen Juden – so weist es die "Liste der Judenentlassungen vom 23.12.38 nachm." nach – entlassen. Ein Vermerk auf der Kultussteuerkarte sagt, dass er ab dem 11. Mai 1939 im "freiwilligen Arbeitsdienst" war. Zeitweise bezog er Unterstützung durch die Wohlfahrt. Ende Oktober 1939 zogen die Geschwister aus der Nachtigallenstraße 13 in die Kleine Papagoyenstraße 1 in Altona. In dieser Straße, die heute nicht mehr existiert, stand die Altonaer Synagoge. Rosenthals wohnten in einem jüdischen Wohnstift und späteren "Judenhaus". Im Juli 1940 zog der Bruder Paul mit seiner zum Judentum konvertierten Ehefrau Elisabeth Ruth aus der gemeinsamen Wohnung in der Papagoyenstraße nach Berlin. In diesem Jahr verfügten weder Elsa noch Lina über ein Einkommen und die Bemerkungen auf den Kultussteuerkarteien beider sind identisch: "lebt im Haushalt der Geschwister". Für alle anderen Jahre gibt es keinerlei Einträge in den Karteikarten der beiden Frauen. Rosa war Näherin von Beruf. Sie erzielte lediglich im Veranlagungszeitraum 1933/34 ein Einkommen, für das sie zu einer geringen Zahlung an die Jüdische Gemeinde verpflichtet wurde. Diese notierte auf ihrer Karteikarte auch eine Geschäftsadresse in der Wilhelminenstraße 67 – heute Hein-Hoyer-Straße. Nach den Informationen, die den Transportlisten der Gestapo Hamburg zu entnehmen sind, war Leopold vor der Deportation als Gartenarbeiter tätig.

Aus der Kleinen Papagoyenstraße "soll der gesamte Haushalt 14 Tage nach der Evakuierung von der Gestapo abgeholt worden sein", so der Bruder Alfred im Antrag auf Wiedergutmachung. Der Versteigerungserlös und die Einziehung weiteren Vermögens brachten der Oberfinanzkasse Hamburg knapp 1000,- RM ein.

Nach der Ankunft im Getto Lodz arbeitete Leopold als Fabrikant, Rosa in der Wäscheindustrie als Näherin. Else wurde als Arbeiterin gelistet - in welcher Branche, ist nicht dokumentiert. Die Geschwister waren auch im Ghetto zusammen untergebracht. Sie lebten in der Siegfriedstraße 2, Wohnung 18. Else, Lina, Rosa und Leopold wurden am 10. Mai 1942 "ausgesiedelt". Was bedeutet das? In einer vom 4. bis zum 15. Mai dauernden Aktion erstickten die Nationalsozialisten mehr als 10.000 der Ghettobewohner, die im Herbst 1941 in Lodz angekommen waren, im Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno in Gaswagen. Im Gedenkbuch des Bundesarchivs steht, dass Lina Rosenthal am 12. Januar 1945 im Ghetto von Lodz starb. Zu diesem Zeitpunkt war das Ghetto bereits geräumt. Gottwaldt und Schulle schrieben über den Verbleib der Ghettobewohner: "Die letzten in Litzmannstadt lebenden und arbeitenden deutschen Juden wurden bei der Räumung dieses Ghettos im August 1944 nach Auschwitz gebracht. Sie wurden dort der 'Selektion' unterworfen und teilweise noch auf andere Stätten der Zwangsarbeit in Außenlagern des KZ-Systems verteilt." Möglicherweise ist es Lina gelungen, der Vernichtung in Chelmno zu entgehen. Offen bleibt dann, wo sie bis Januar 1945 gelebt hat.

Stand: November 2016
© Christiane Jungblut

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8; ITS/ARCH/Ghetto Litzmannstadt, Ordner 9, Seite 1061; ITS/ARCH/Konzentrationslager Sachsenhausen, Ordner 105, Seite 190f.; ITS/ARCHTransportliste Gestapo Hamburg, Ordner 17a, Seite 22; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht - Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 c; StaH 314-15 OFP, Abl. 1998/1, J 1/923/925/926/929; StaH 332-8 Meldewesen A51/1, K 2463, K 2514; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992 e 1 Band 1; Feuchert/Leibfried/Riecke (Hrsg.), Chronik, 1942, 2007; S. 7; Gottwaldt/Schulle, "Judendeportationen", 2005, S. 67.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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