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Bertha Blankenstein * 1876

Abendrothsweg 23 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)

1941 Lodz

Weitere Stolpersteine in Abendrothsweg 23:
Edith Blankenstein, Dr. Karl Kaufmann, Max Kaufmann, Anna Kaufmann, Emma Michelsohn (Reinbach)

Bertha Blankenstein, geb. 8.11.1876 in Dortmund, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 20.5.1942 in Chelmno ermordet
Edith Blankenstein, geb.15.5.1883 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 20.5.1942 in Chelmno ermordet

Abendrothsweg 23

1879 zog Bertha Blankenstein mit ihrem Bruder Curt und den Eltern, dem Kaufmann Hermann (Herz) Blankenstein und seiner Frau Emma Eleonore, geborene Levinger, von Dortmund nach Hamburg. Sie lebten zunächst in St. Georg am Steindamm, wo drei weitere Geschwister geboren wurden: 1879 Georg, 1883 Edith und 1888 Gertrud Blankenstein. Einige Jahre später übersiedelte die Familie in das damals noch preußische Altona. Dort, in der St. Johanniskirche in Altona, ließen die Eltern 1892 alle fünf Kinder taufen. Sie achteten sehr darauf, dass die Kinder eine gute Ausbildung bekamen.

Curt und Georg absolvierten nach dem Besuch des Christianeums eine kaufmännische Lehre; Bertha und Edith ließen sich zu Lehrerinnen ausbilden; Bertha im Lehrerinnenseminar in Hamburg, Edith in Altona. Wie viele ihrer Kolleginnen arbeiteten beide Schwestern zunächst an Privatschulen, bevor sie in den öffentlichen Schuldienst übernommen wurden. Eine solche Festanstellung bedeutete einen sicheren, besser dotierten Arbeitsplatz mit Pensionsanspruch. Seit 1913 teilten sich die Schwestern eine Wohnung im ersten Stock des Abendrothswegs 23. Beide blieben unverheiratet, was damals eine Voraussetzung für die Ausübung des Lehrerinnenberufs war. Sie engagierten sich in der "Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens", Vorläufer der späteren Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Bertha Blankenstein wurde mit 43 Jahren im April 1920 in den städtischen Schuldienst übernommen.

Zunächst war sie an der Augustaschule, einer höheren Mädchenschule am Harvestehuder Weg tätig, dann an der Volksschule für Knaben und Mädchen in der Ludwigstraße und seit 1926 an der Volksschule in der Laeisz­straße. Ab 1929 unterrichtete Bertha an der Volksschule für Mädchen am Holstenwall und von 1930 bis 1933 an der Volksschule für Knaben Tieloh Nord in Barmbek. Als überzeugte evangelische Christin unterrichtete sie während der ganzen Zeit auch Evangelische Religion.

Edith wurde gleich nach ihrer Ausbildung im November 1903 als Lehrerin tätig. Ab 1920 war sie als städtische Lehrerin an der Schule Schleidenstraße angestellt, an der sie bis zu ihrer Entlassung unterrichtete.

Seit dem 7. April 1933 wurden "nichtarische" Beamtinnen und Beamte aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" entlassen. Auch die getauften Schwestern Bertha und Edith Blankenstein mussten, wie viele andere Lehrerinnen und Lehrer, den Schuldienst wegen ihrer jüdischen Herkunft verlassen. Deswegen konnten sie ihre Wohnung im Abendrothsweg nicht länger halten. Edith zog in die Fuhlsbüttlerstraße, Bertha zu Schwester und Schwager in die Sierichstraße.

Nach ihrer Entlassung arbeitete Bertha Blankenstein ehrenamtlich beim Kindergottesdienst in der Gemeinde Borgfelde mit, wo ihr Schwager als Organist tätig war. Aber auch dort war sie antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt: Im November 1935 bekam Bischof Franz Tügel ein Schreiben der NSDAP, in dem ihm nahegelegt wurde, die "Entfernung der Jüdin anzuordnen, da rassenbewussten deutschen Eltern nicht zugemutet werden kann, ihre Kinder zum Kindergottesdienst zu schicken, bei dem eine Jüdin irgendwie mitwirkend tätig ist". Dies war nicht die erste Denunziation. Schon ein Jahr zuvor wollte das Kirchenvorstandsmitglied Paul Söhl sowohl Bertha Blankenstein als auch Pastor Junge, dessen politische Ansichten seiner Meinung nach untragbar waren, aus der Gemeinde entfernen. Aber der Kirchenvorstand hielt trotz mehrfacher Mahnung der NSDAP-Kreisleitung zu Bertha Blankenstein. Auch Bischof Tügel widersetzte sich, obwohl er Parteimitglied war. In seinem Antwortschreiben an die NSDAP erwiderte er: "Die Deutsche Evangelische Kirche hat noch kein Ariergesetz." Wie lange Bertha Blankenstein noch in der Gemeinde tätig war, wissen wir nicht.

Seit 1939 gehörten Bertha und Edith wie alle als Jüdinnen und Juden eingestuften Menschen in Hamburg dem "Jüdischen Religionsverband" an, der nur noch als Verein zugelassenen ehemaligen Gemeinde, die jetzt eine Zweigstelle der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland war. Sie mussten in die Böttcherstraße 5, in ein "Judenhaus" umziehen. Im Oktober 1941 bekamen beide einen "Evakuierungsbefehl" und wurden mit dem ersten Transport in das Getto Lodz deportiert. Dort angekommen, wurden sie mit weiteren fünf Personen in ein Zimmer der Wohnung Nr. 18 in der Zimmerstraße 6 eingewiesen. Nach sieben Monaten im Getto unter den elendsten Bedingungen wurden beide Schwestern am 20. Mai 1942 im Vernichtungslager Chelmno ermordet.

Ihr Bruder Curt war 1939 in Hamburg gestorben, Georg Blankenstein wurde nach Theresienstadt deportiert und starb dort im April 1943. Für ihn liegt ein Stolperstein vor dem Haus Sierichstraße 70.

© Maria Koser

Quellen: 1; 4; 8; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992e1, Band 1; Hamburger Lehrerverzeichnis, Jahrgänge 1918–1934 hrsg. von der Gesellschaft der Freunde des Vaterländischen Schul- und Erziehungswesens; Archiv der Nordelbischen Kirche 32.01 Nr. 2637; Amtliche Fernsprechbücher Hamburg 1912–1914,1920– 1939; AB 1933; Eggert, Björn: Georg Blankenstein in: Sparr, Stolpersteine, 2008, S. 64ff.; Groschek, Ge­mein­dechronik, 2000, S. 50ff.; Hochmuth/de Lorent (Hrsg.), Schule unterm Hakenkreuz, 1985; Kleinau, Bil­dung und Geschlecht, 1997; Bake, (Bearb.) Wie wird es weitergehen, 2001; Franz Tügel (1888–1946) war ab 1916 Pastor an der St. Nikolaikirche in Hamburg. 1931 Eintritt in die NSDAP, engagiert bei den Deut­schen Christen, wurde er 1933 deren Vertrauensmann. 1933 Oberkirchenrat. Nach dem Rücktritt Simon Schöffels als Landesbischof 1934 wurde er in dieses Amt gewählt, das er bis 1945 innehatte.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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