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Kurt Schröder * 1910

Löwenstraße 61 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
KURT SCHRÖDER
JG. 1910
EINGEWIESEN 1924
ALSTERDORFER ANSTALTEN
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 28.7.1941
HEILANSTALT TIEGENHOF
ERMORDET 27.10.1942

Kurt Heinrich Ludwig Schröder, geb. 14.9.1910 in Hamburg, aufgenommen in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 29.4.1924, über die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn am 29.11.1941 in die "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" (polnisch: Dziekanka) bei Gnesen (polnisch: Gniezno) verlegt, dort gestorben am 27.10.1942

Löwenstraße 61 (Hoheluft-Ost)

Kurt Heinrich Ludwig Schröder war am 14. September 1910 in Hamburg zur Welt gekommen. Seine Eltern, der Bankbote Heinrich Karl Wilhelm Theodor Schröder, geboren am 31. März 1884 in Groß Zecher/Kreis Herzogtum Lauenburg, und Caroline Magdalena Dorothea, geb. Kraus, geboren am 24. Juli 1883 in Altmölln/Kreis Herzogtum Lauenburg, hatten am 9. April 1910 in Hamburg geheiratet.

Am 29. April 1924, im Alter von 13 Jahren, wurde Kurt Schröder in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) aufgenommen. Seine Patientenakte ist nicht mehr zugänglich, wahrscheinlich wurde sie anlässlich seiner Verlegungen mitgegeben. Das Wenige, das wir über Kurt Schröder wissen, ist einer sog. Erbgesundheitskarteikarte entnommen, die für das ab 1934 aufgebaute Hamburger Gesundheitspassarchiv zum Zwecke der "erbbiologischen Bestandsaufnahme" der Bevölkerung angelegt worden war.

Die auf dieser Karteikarte vermerkte Diagnose lautet "Epilepsie mit Imbezillität" (frühere Bezeichnung für Intelligenzminderung). Weiter wurde notiert: "Pat.[ient], der unheilbar krank war, zeitweilig unter Erregungszuständen litt und pflegerisch ständig betreut werden musste. Beziehungen zur Umwelt hatte er kaum. Er war als nicht arbeitsfähig anzusehen."

Am 28. Juli 1941 wurden mindestens 50 Männer aus den Alsterdorf Anstalten zunächst in die "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" überführt. Zu ihnen gehörte auch Kurt Schröder. (Drei Tage später, am 31. Juli 1941, folgte eine weitere Gruppe mit mindestens 20 Frauen.)
Die Gruppen, die überwiegend besonders schwache und nicht arbeitsfähige Menschen betrafen, waren auf der Grundlage von Meldebögen an die Euthanasie-Zentrale in der Tiergartenstraße 4 in Berlin zusammengestellt worden. Langenhorn entwickelte sich zu dieser Zeit zur Zwischenanstalt für den gesamten Raum Hamburg und zur Drehscheibe der "Euthanasie" im Norden des Reiches. Das zur Tarnung aufgebaute komplizierte "Verschubungssystem" (Michael Wunder) sollten die Angehörigen nicht durchschauen.

Kurt Schröder wurde am 27. November 1941 mit weiteren Frauen und Männern aus Langenhorn in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (Dziekanka) bei Gnesen (Gniezno) verlegt. (Das Hamburger Gedenkbuch Euthanasie enthält die Namen von 66 ehemaligen Alsterdorfer Patientinnen und Patienten, die mit dem Transport vom 27. November 1941 aus Langenhorn nach dem Tiegenhof gebracht wurden, vier der ehemals siebzig Alsterdorfer waren vorher in Langenhorn gestorben. Insgesamt wurden aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn zwischen dem 14. und dem 27. November 1941 in mehreren Transporten 366 Menschen in die Gauheilanstalt Tiegenhof abtransportiert. In dem Hamburger Gedenkbuch Euthanasie sind 206 Personen benannt.)

Die psychiatrische Anstalt Dziekanka in der Nähe von Gnesen, die nach dem deutschen Überfall auf Polen die Bezeichnung "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" erhielt, war im Oktober 1939 von der Deutschen Wehrmacht besetzt worden. Bis zum Sommer/Herbst 1941 wurden polnische Patientinnen und Patienten in mehreren Aktionen ermordet. Als die Patienten aus Hamburg in Tiegenhof eintrafen, wurden auch deutsche Insassen getötet, und zwar durch systematisches Verhungernlassen, durch Überdosierung von Medikamenten sowie durch Verwahrlosung.

Zu diesem Zweck befanden sich in den Unterkünften der Patientinnen und Patienten separate Tötungszimmer, in denen den wehrlosen und entkräfteten Opfern tödliche Mittel als Injektionen gesetzt, mittels Klistier eingeführt oder aufgelöst in Suppe verabreicht wurden.

Kurt Schröder starb elf Monate nach seiner Ankunft in Tiegenhof am 27. Oktober 1942.

Stand: Juli 2021
© Ingo Wille

Quellen: StaH 332-5 Standesämter 8668 Nr. 83/1910 Heiratsregistereintrag Heinrich Karl Wilhelm Schröder/Caroline Magdalena Dorothea Kraus; Evangelische Stiftung Alsterdorf, Archiv, Erbgesundheitskarteikarte von Kurt Heinrich Ludwig Schröder; Michale Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, 3. Auflage 2016, Stuttgart , S. 269 ff.; Enno Schwanke, Die Landesheil- und Pflegeanstalt Tiegenhof, Frankfurt/M., 2015.

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