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Max Kaufmann * 1888

Rendsburger Straße 7 (Hamburg-Mitte, St. Pauli)


HIER WOHNTE
MAX KAUFMANN
JG. 1888
EINGEWIESEN 1929
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 23.9.1940
BRANDENBURG
ERMORDET 23.9.1940
"AKTION T4"

Max Kaufmann, geb. am 25.3.1888 in Altona, ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Rendsburger Straße 7

Max Kaufmann, geboren am 25. März 1888, war der Sohn des Kaufmanns Josef Kaufmann, geboren 1846 in Goch im Kreis Kleve, und seiner Ehefrau, der 1875 geborenen Male Lewie aus Altona. Das sich zum jüdischen Glauben bekennende Ehepaar hatte drei weitere Söhne: Iwan, geboren am 6. November 1886, Hans, geboren am 17. Juni 1889, und Carl, geboren am 12. Mai 1892. Alle Kinder kamen in Altona zur Welt.

Elf Monate nach der Geburt seines jüngsten Sohnes starb Josef Kaufmann am 9. April 1893 im Alter von 46 Jahren in seiner Wohnung am Waterloohain 8 in Eimsbüttel. In der Sterbeurkunde wurde sein Beruf als "Agent" (Vertreter) angegeben.

Max Kaufmann arbeitete in den Jahren 1921 bis 1923 als Bürogehilfe bei der Buch- und Zeitschriftenhandlung H. Langmaak in der Marcusstraße 19 in Hamburg-Neustadt. Er blieb ledig. Auf seiner Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde sind vier unterschiedliche Adressen notiert. Danach wohnte er in der Eimsbütteler Straße 45 im Stadtteil Eimsbüttel bei dem Künstleragenten William Fontheim, der hier seit 1917 gemeldet war. Es folgten Untermietverhältnisse am Paulinenplatz 5 auf St. Pauli, in der Speckstraße 5 in der Hamburger Neustadt und schließlich in der Rendsburger Straße 7 wieder auf St. Pauli bei der Witwe Emma Falkendahl. Deren Mann war im August 1923 gestorben, so dass Max Kaufmann frühestens seit dieser Zeit hier gewohnt haben dürfte.

Am 12. Februar 1929 wurde Max Kaufmann wegen einer psychischen Erkrankung in der Staatskrankenanstalt Hamburg-Langenhorn aufgenommen. Weitere Einzelheiten sind nicht bekannt. Anscheinend blieb er in den folgenden Jahren in Langenhorn.

Im Frühjahr/Sommer 1940 plante die "Euthanasie"-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, eine Sonderaktion gegen Juden in öffentlichen und privaten Heil- und Pflegeanstalten. Sie ließ die in den Anstalten lebenden jüdischen Menschen erfassen und in sogenannten Sammelanstalten zusammenziehen. Die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg- Langenhorn wurde zur norddeutschen Sammelanstalt bestimmt. Alle Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg wurden angewiesen, die in ihren Anstalten lebenden Juden bis zum 18. September 1940 dorthin zu verlegen. Nachdem alle jüdischen Patientinnen und Patienten aus den norddeutschen Anstalten in Langenhorn eingetroffen waren, wurden sie gemeinsam mit den bereits länger dort lebenden jüdischen Patienten am 23. September 1940 nach Brandenburg an der Havel transportiert. Noch am selben Tag wurden die Menschen in dem zur Gasmordanstalt umgebauten Teil des ehemaligen Zuchthauses mit Kohlenmonoxyd getötet. Nur eine Patientin, Ilse Herta Zachmann, entkam diesem Schicksal zunächst (siehe dort).

Es ist nicht bekannt, ob und ggf. wann Angehörige Kenntnis von Max Kaufmanns Tod erhielten. In allen dokumentierten Mitteilungen wurde behauptet, dass der oder die Betroffene in Chelm (polnisch) oder Cholm (deutsch) verstorben sei. Auf Max Kaufmanns Geburtsregistereintrag wurde notiert: "Gestorben am 30.1.41 Chelm Nr. 375/41 Chelm II". Die in Brandenburg Ermordeten waren jedoch nie in Chelm/Cholm, einer Stadt östlich von Lublin. Die dort früher existierende polnische Heilanstalt bestand nicht mehr, nachdem SS-Einheiten am 12. Januar 1940 fast alle Patienten ermordet hatten. Auch gab es dort kein deutsches Standesamt. Dessen Erfindung und die Verwendung späterer als der tatsächlichen Sterbedaten dienten dazu, die Mordaktion zu verschleiern und zugleich entsprechend länger Verpflegungskosten einfordern zu können.

Über den Lebensweg und das Schicksal von Max Kaufmanns Mutter Male ist nichts bekannt. Auch über seine Brüder Iwan, Hans und Carl wissen wir nichts.


Stand: November 2018
© Ingo Wille

Quellen: 1; 4; 5; 9; AB; StaH 133-1 III Staatsarchiv III, 3171-2/4 U.A. 4, Liste psychisch kranker jüdischer Patientinnen und Patienten der psychiatrischen Anstalt Langenhorn, die aufgrund nationalsozialistischer "Euthanasie"-Maßnahmen ermordet wurden, zusammengestellt von Peter von Rönn, Hamburg (Projektgruppe zur Erforschung des Schicksals psychisch Kranker in Langenhorn); 332-5 Standesämter 2200 Geburtsregister Nr. 2606/1889 Hans Kaufmann, 5221 Sterberegister Nr. 818/1893 Josef Kaufmann, 5892 Heiratsregister Nr. 902 Josef Kaufmann/Male Lewie, 6244 Geburtsregister Nr. 3159/1886 Iwan Kaufmann, 6252 Geburtsregister Nr. 1049/1888 Max Kaufmann, 6275 Geburtsregister Nr. 1640/1892 Carl Kaufmann, 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Abl. 1/1995 Aufnahme-/Abgangsbuch Langenhorn 26.8.1939 bis 27.1.1941.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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