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Porträt, Ausweisbild Iwan Hess
Ausweisbild Iwan Hess
© NIOD Amsterdam

Iwan Hess * 1870

Loogestieg 13 (Hamburg-Nord, Eppendorf)


HIER WOHNTE
IWAN HESS
JG. 1870
FLUCHT HOLLAND
DEPORTIERT 1943
SOBIBOR
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Loogestieg 13:
Alice Berju, Ilo Levy

Iwan gen. Hans Hess, geb.13.10.1870 in Hamburg, am 27.4.1943 von Westerbork nach Sobibór deportiert, dort ermordet am 30.4.1943

Loogestieg 13

Iwan Hess war seit 1922 mit der am 8. August 1881 in Straßburg geborenen Clara Schmahl, geb. Baer verheiratet. Clara war Witwe. Ihr erster Ehemann, Alfred Schmahl (8.7.1879–10.12.1916) war im Ersten Weltkrieg gefallen. Aus dieser Ehe hatte sie einen Sohn, Kurt Holger (geb. 18.1.1910). Er behielt den Familiennamen Schmahl bei. (S. Biografietext Kurt Holger Schmahl). Auch Iwan hatte einen Sohn aus erster Ehe, den 1899 geborenen Harald Hess. Dessen Spur verliert sich in den 1930er Jahren in Berlin. Iwan wie auch Clara waren Juden, hatten jedoch kaum Kontakt zur Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburgs, aus der sie 1935 austraten.

Iwan war Kaufmann. Ihm gehörte die Außenhandelsfirma J. de Lemos & Hess am Neuen Wall 54. Sie war auf die Ausfuhr deutscher Industrieprodukte nach Großbritannien, Süd- und Mittelamerika spezialisiert. Wie das Oberfinanzpräsidium Hamburg in seiner Untersuchung des "nichtarischen" Unternehmens am 26. Oktober 1938 feststellte, war "die schon seit langen Jahren bestehende Firma früher eines der bedeutendsten Hamburger Im- und Exporthäuser, hatte viele Angestellte und machte Millionenumsätze. Im Lauf der Zeit ging das Geschäft mehr und mehr zurück, und heute ist die Firma kaum noch erwähnenswert." Der "Lauf der Zeit" – das war die NS-Herrschaft mit ihrer Verfolgungs- und Vertreibungspolitik, an der die Finanzbehörde kräftig mitwirkte. 1938 waren aus den erwähnten Millionenumsätzen 45.000 RM geworden. Die Firma beschäftigte nur noch stundenweise eine Bürokraft, "Fräulein" Simnick, die seit 17 Jahren zum Betrieb gehörte.

Am 1. April 1939, wenige Monate nach der Pogromnacht, schloss Iwan Hess das Kontor am Neuen Wall, übergab die Adressen seiner ehemaligen Geschäftspartner der befreundeten "arischen" Firma Friedrich Kronacher, Hamburg, und liquidierte sein Unternehmen, sein Lebenswerk, an dem praktisch nichts mehr zu liquidieren war. Für eine "Arisierung" war nichts übrig geblieben. Iwan Hess war mittellos und ohne Einkünfte. Die Wohnung im Loogestieg 13 war nicht mehr zu halten, Iwan und Clara bezogen ein Zimmer in der Pension Lehmann, Heilwigstraße 46. Er war nun 67 Jahre alt, sie 56.

Den kärglichen Lebensunterhalt bestritten sie mit einigen Einnahmen aus Aktien, die Clara noch besaß. Diese Einkünfte waren so gering, dass sie trotz der "Sicherungsanordnung" für Clara (17.11.1938) nicht gesperrt wurden. Ein Darlehen von 5000 RM – unter den gegebenen Umständen eine beträchtliche Summe – das Clara der Hamburger Firma Leuen-Öl-Gesellschaft, Mineralöl-Großhandel Armin Funk & Co gewährt hatte, war praktisch verloren, da der Schuldner mit den Rückzahlungen seit Jahren im Verzug war.

Einen Erfolg erzielten Iwan und Clara Hess in diesem für sie ansonsten so niederdrückenden Jahr 1939: Ende August wurde ihnen endlich das Verlassen des Landes gestattet, und sie verließen es sofort, am 26. des Monats, nach den Niederlanden. Einige Tage später, nach dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September und dem Ausbruch des Krieges, wäre ihnen die Flucht kaum noch möglich gewesen.

Nur wenige Monate lebten sie in Sicherheit. Als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande besetzt hatte, setzte die deutsche Verwaltung auch dort Stück für Stück ihre verbrecherischen Ziele durch.

Iwan Hess fiel ihnen im Frühjahr 1943 zum Opfer. Aus dem Durchgangslager Westerbork wurde er am 27. April mit 1203 Leidensgenossen ins Vernichtungslager Sobibór verschleppt. Dort kam der Transport am 30. April an und sofort begann der Massenmord. Iwan Hess war 72 Jahre alt.

Clara Hess war am 27.9.1942 in Amsterdam verstorben. Ihr Sohn, Kurt Holger Schmahl, wurde ebenfalls aus Amsterdam verschleppt. Er wurde am 8. April 1945 in Mauthausen ermordet, 35 Jahre alt.

Stand Oktober 2015

© Johannes Grossmann

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8 (Kurt Holger Schmahl); StaH 314-15 OFP, R 1938/3048; StaH 314-15 OFP F 2183; StaH 332-5 8939; StaH 332-5 8765; www.joodsmonument.nl (eingesehen am 20.1.2010 und 4.11.2014).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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