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Bernhard Elias * 1875

Kurze Straße 10 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
BERNHARD ELIAS
JG. 1875
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Weitere Stolpersteine in Kurze Straße 10:
Hirsch Isaac Polack, Frieda Polack

Bernhard Elias, geb. am 21.8.1875 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Kurze Straße 10

David Elias, geb. am 20.11.1872 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 21.9.1942 in das Vernichtungslager Treblinka
Markusstraße vor dem Durchgang zur Neanderstraße (Peterstraße 10)

Die Brüder Bernhard und David Elias waren Söhne des jüdischen Ehepaares Elias Elias (geb. 12.2.1847, gest. 25.1.1927) und Helena Elias, die ihren Lebensunterhalt als Händler verdienten. Die Großeltern mütterlicherseits Samson Oppenheim (geb. 9.11.1828, gest. 10.6.1896) und Eva, geb. Tokkie (geb. 10.9.1830, gest. 17.4.1909), wohnten im selben Haus in der 2. Elbstraße 30 (heute Neanderstraße), wo sie auch ein Geschäft für "Mobilien und Hausstandssachen" betrieben. Die Großmutter Eva Oppenheim stammte aus Holland. Sie war Sängerin und noch sehr jung, als ihre Tochter Helena, die Mutter von Bernhard und David, am 10. April 1848 in ‘s-Gravenhagen (Den Haag) geboren wurde. Ihren späteren Ehemann, den Hamburger Samson Oppenheim, heiratete sie am 28. März 1866 in Amsterdam und folgte ihm nach Hamburg. Die Brüder Bernhard und David waren neun und zwölf Jahre alt, es gab noch zwei Schwestern; Bertha war damals zehn und Frieda war acht Jahre alt, als ihre Mutter Helena Elias am 12. August 1885 im Israelitischen Krankenhaus verstarb.

In einer zweiten, am 24. Januar 1887 geschlossenen Ehe des Vaters mit Bertha Salomonski (geb. 22.1.1857, gest. 14.3.1933), wurden zwischen 1887 und 1892 vier Halbgeschwister geboren.

Bernhard Elias erlernte den Beruf des Dekorateurs und Tapezierers. Am 28. November 1901 heiratete er die nichtjüdische Caroline Hausmann (geb. 20.4.1875). Sie stammte aus der preußischen Provinz Gumbinnen (heute Gussew) und auch sie war Sängerin. Zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit wohnten beide in der Marcusstraße 42 (heute Markusstraße). Bernhards Trauzeuge war sein Bruder David Elias, damals 29 Jahre alt. Doch nach knapp 12 Jahren ließen sich Bernhard und Caroline Elias am 2. September 1913 wieder scheiden. Bernhard Elias ging eine zweite Ehe ein. Am 19. Mai 1916 heiratete er die Hamburgerin Franziska Caroline Giegeler (geb. 8.3.1881), auch sie stammte aus einem nichtjüdischen Elternhaus. Bernhard Elias wohnte in dieser Zeit in der Sophienstraße 44 im Stadtteil St. Pauli.

Von 1918 bis 1922 lebte das Ehepaar Elias in der Marthastraße 5 in Hamburg-Eimsbüttel. Am 28. August 1923 wurde auch diese Ehe kinderlos geschieden. Franziska Elias nahm 1933 wieder ihren Geburtsnamen Giegeler an.

Bernhard Elias betrieb von 1923 bis 1925 im Stadtteil St.Pauli in der Eckernförderstraße 25 eine Textilwarengroßhandlung. 1928 lebte er wieder in der Neustadt, als Untermieter in der Kurze Straße 10 bei dem Witwer Hirsch Polack (s. dort). Auf seiner Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde wurde im Januar 1938 vermerkt "seit fünf Jahren arbeitslos". Bernhard Elias lebte von Fürsorgeleistungen und hatte als Unterstützungsempfänger schwere Erdarbeiten an einem für Juden eingerichteten Arbeitsplatz in Waltershof zu leisten. Er musste mehrfach umziehen: in das Marcus-Nordheim-Stift, Schlachterstraße 40/42, und in das Haus Großneumarkt 26, wo er bei dem Rentner Martin Salomon, genannt Saldorf (geb. 6.7.1866, gest. 26.6.1941 in Hamburg), wohnte. Seine letzte bekannte Unterkunft war in dem "Judenhaus" Großneumarkt 56, wo die Bewohner auf engstem Raum einquartiert waren. Am 8. November 1941 wurde Bernhard Elias vom Hannoverschen Bahnhof, dem Gelände des heutigen Lohseplatzes, ins Getto Minsk deportiert, wo sich seine Spur verliert.

Bernhards Bruder David Elias war zunächst als kaufmännischer Angestellter tätig. Am 16. Dezember 1898 hatte er die "Weissnäherin" Frieda Toni Klara Boos (geb. 8.2.1872) geheiratet. Die Tochter des Polizeidieners Heinrich Boos und Maria, geb. Subbert, stammte aus Schwerin und war evangelischer Konfession. Das Ehepaar wohnte zunächst am Venusberg 15 und ab 1901 in der Peterstraße 10. Dort eröffnete David Elias zunächst ein Galanteriewarengeschäft, aus dem später eine sogenannte Partiewarenhandlung wurde. Im Dezember 1914 wurde er als Soldat eingezogen und nahm bis Ende 1918 am Ersten Weltkrieg teil. Seine Ehefrau Frieda starb am 23. Oktober 1922, ihre Ehe war kinderlos geblieben.

1935 wurde David Elias als Untermieter in der Peterstraße 47 bei Hartmann verzeichnet. Seinen Lebensunterhalt bestritt er nun als Straßenhändler. An den Wochenenden verdiente er nebenbei 15 Reichsmark als Tanzordner (Tanzordner oder auch Unterhaltungsleiter eines formellen Tanzballes, überwachten u. a. den Besitz einer Tanzkarte, in der die Damen ihre einzelnen Tanzpartner des Abends eintrugen) in verschiedenen Lokalen, wie im "Ballhaus" und im "Sternensaal" in der Großen Freiheit 39.

Im Oktober 1938 musste David Elias Fürsorgeunterstützung beantragen. Wie sein Bruder Bernhard wurde auch er in das "Judenhaus" am Großneumarkt 56 einquartiert. Die Brüder wurden aber nicht gemeinsam deportiert. David Elias, der deutlich über der Altersgrenze von 65 Jahren lag, kam am 19. Juli 1942 in das "Altersgetto" nach Theresienstadt. Bereits am 21. September 1942, zwei Monate vor seinem 70. Geburtstag, wurde er von dort mit 2002 zumeist älteren Personen nach Treblinka gebracht. Treblinka war ein Vernichtungslager – keiner kehrte von dort zurück.

Der Stolperstein für David Elias liegt am Ende der Markusstraße vor dem Durchgang zur Neanderstraße. Dieser Straßenabschnitt gehörte damals mit zur Peterstraße. Die alten Häuser dort stehen nicht mehr.

Die Schwester Frieda Elias, geb. Elias (geb. 6.1.1877), emigrierte am 2. Juni 1939 mit ihrem Mann Moritz Elias (geb. 16.10.1875) in die Niederlande, sie wohnten in Amsterdam im Sparrenweg 7. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht wurden sie am 30. März 1943 im Durchgangslager Westerbork interniert und am 2. April 1943 ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie nach ihrer Ankunft vermutlich sofort ermordet wurden.

Die Halbschwester Mathilde (geb. 23.2.1892) lebte mit ihrem Ehemann Herbert Zuckermann (Chaim David Cukierman, geb. 10.5.1886 in Lukow) und Tochter Rosel Ruth (geb. 3.1.1922) in der Poolstraße 12–13, wo sie einen "Weisswäschebetrieb" führten. Im März 1938 flüchteten sie über Argentinien nach Brasilien.

Der Halbbruder Dagobert Elias (geb. 28.9.1887) gelangte mit seiner Frau Minna, geb. Simson, 1941 in die USA.

Die Schwester Bertha, verheiratet mit dem Händler Moritz Wolf, verstarb bereits im Alter von 35 Jahren am 20. Mai 1909 in Hamburg.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 3; 4; 9; StaH 332-5 Standesämter 2968 u 1341/1901; StaH 332-5 Standesämter 622 u 348/1909; StaH 332-5 Standesämter 622 u 261/1909; StaH 332-5 Standesämter 3288 u 178/1916; StaH 332-5 Standesämter 3910 u 1367/1898; StaH 332-5 Standesämter 184 u 2547/1885; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1127 (Elias, David); StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge Abl. 1999/2 Elias, Bernhard; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 374 Verzeichniss der im Jahre 1902 angemeldeten Israelitischen Gewerbetreibenden; StaH 351-11 AfW 45302 (Berger, Rosel Ruth); StaH 351-11 AfW 8818 (Zuckermann, Herbert); www.genealogieonline.nl/de/stamboom-riny-doyle-geboren-marinus-van-waard/I11002.php (Zugriff 5.10.2014); http://www.joodsmonument.nl/person/491729?lang=en (Zugriff 10.11.2015); https://de.wikipedia.org/wiki/Tanzkarte (Zugriff 18.5.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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