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Adolf Cohn * 1882

Rappstraße 24 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
ADOLF COHN
JG. 1882
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
AUSCHWITZ 1944
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Rappstraße 24:
Martha Cohn, Georg Cohn, Bertha de Haas

Martha Cohn, geb. Jacob, verwitwete Buchalter, geb. am 3.5.1888, gedemütigt/ entrechtet, Flucht in den Tod am 15.12.1941

Adolf Cohn, geb. am 27.6.1882, deportiert am 5.5.1943 nach Theresienstadt, ermordet in Auschwitz, vermutlich am 9.10.1944

Georg Cohn, geb. am 24.4.1919, Zwangsarbeit im "Jüdischen Forsteinsatzlager" in Schönfelde, deportiert am 19.4.1943 von Schönfelde nach Auschwitz

Rappstraße 24 (Eimsbüttel)

Adolf Cohn, in verzweifelter Lage, bat die Wohlfahrtsstelle Hamburg am 21. Dezember 1935: "Auch ich bin bemüht wieder Verdienst zu finden und habe schon schriftliche Verhandlungen angeknüpft, so dass ich hoffe die öffentlichen Gelder nicht zu lange in Anspruch nehmen zu müssen." Mit freundlichem Gruß Adolf Cohn

Der Antragsteller Adolf Cohn war am 27.6.1882 als Sohn der Eheleute Joseph Lazarus und Jenny Cohn in Braunschweig geboren worden. Wir können über die Kindheit von Adolf Cohn nichts berichten.

Er war in erster Ehe mit Henriette, geb. Nathan, verheiratet. Sie war am 2.3.1884 in Emmerich/ Kleve geboren worden. Das Ehepaar war dann von Frankfurt am Main nach Krefeld gezogen. Die Tochter Martha, genannt Martel, war dort am 1.8.1911 am Friedrichsplatz 3a zur Welt gekommen.

In den folgenden Jahren war die Familie dann nach Solingen gezogen und hatte anfangs in der Kaiserstraße 210 und später in der Kaiserstraße 93 gewohnt, bis sie am 10. April 1918 in ein stadteigenes Haus in der Wupperstraße 2/ Solingen gezogen war. Am 24.4.1919 wurde in Solingen der Sohn Georg Bernhard Josef geboren.

Adolf Cohn litt aus seiner Militärzeit im Ersten Weltkrieg an einer Kriegsverletzung. Er arbeitete in Sollingen als Handlungsgehilfe, später als Vertreter. Er engagierte sich auch in der dortigen Jüdischen Gemeinde. 1925 wurde er zu deren stellvertretendem Repräsentanten gewählt.

Henriette Cohn verstarb am 15. August 1931, sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Solingen beigesetzt.

Nach ihrem Tod verzog Adolf Cohn mit den Kindern Martel und Georg am 1. März 1933 nach Hamburg. Die Familie wohnte zunächst in der Neustadt in der Gerhofstraße 35, dann in der Altstadt im Brandsende 13. Adolf Cohn trat am 15. Juni 1934 der Jüdische Gemeinde von Hamburg bei.

Im selben Jahr übernahm er zusammen mit dem Bruder seiner verstorbenen Ehefrau, Louis Nathan, eine Vertretung für den Vertrieb von Schulwaren in Hamburg. Auch Louis Nathan stammte aus Solingen. Er hatte sich von seiner Ehefrau Selma Nathan am 15. Juni 1932 scheiden lassen und war mit Adolf Cohn und Familie nach Hamburg gezogen. (Louis Nathan, geb. 25.6.1878, wurde am 19. Juli 1942 von Hamburg nach Theresienstadt deportiert und dort am 10. Mai 1945 befreit).

Adolf Cohn und Louis Nathan arbeiteten auf Provisionsbasis. Als ihr Vertrag am 31. März 1935 abgelaufen war, verlängerten ihn die Auftraggeber nicht. Es folgte eine Zeit finanzieller Not für Familie Cohn. Adolf Cohn beantragte beim Wohlfahrtsamt Unterstützung, bemühte sich aber auch erfolgreich um eine neue Arbeitsstelle.

Er fand diese noch im selben Jahr als kaufmännischer Angestellter bei der Firma Walter Wulfsohn in der Hohen Bleichen 40/42, die als Großhändler im Gummischuhwarenhandel aktiv war.

Im Januar 1936 zog Adolf Cohn mit seinen Kindern zur Witwe Martha Buchhalter, geb. Jacob in die Rappstraße 24 im Stadtteil Rotherbaum. Am 25. Oktober 1936 heirateten Adolf Cohn und Martha Buchhalter, im Standesamt 1 in Hamburg.

Martha Cohn war als fünftes von acht Kindern der jüdischen Eheleute Aron Jacob und seiner Ehefrau Hannchen, geb. Salomon, am 3.5.1888 in Hamburg geboren worden. Ihr Vater, Aron Jacob (geb. 16.2.1857), war der Sohn eines Mützenmachers aus Lissa in Posen, dem heutigen Polen. Er war nach Hamburg übergesiedelt und hatte am Großneumarkt 32 in der Neustadt gewohnt. Am 16. Februar 1883 hatte er, der jetzt als Zeitungsverleger Aron Jacob firmierte, in Hamburg Hannchen Salomon (geb. 26.12.1855) geheiratet. Hannchen Salomon war in Schleswig geboren worden und mit Ihrer verwitweten Mutter Rosa Salomon, geb. Abraham, nach Hamburg in die Peterstraße 63 in der Neustadt gezogen. (Aron Jacob verstarb am 10. Juli 1919, Hannchen Jacob am 3. August 1940. Beide wurden auf dem Jüdischen Friedhof Ohlsdorf Ilandkoppel beigesetzt).

Für Adolf wie für Martha Cohn war es die zweite Ehe. Adolf brachte zwei Kinder in die neue Familie ein, Martha ihre Stieftochter aus erster Ehe, für die sie die Vormundschaft übernommen hatte. Diese Tochter, Frieda Buchhalter, war am 29.9.1922 in Beuthen/ Kattowitz zur Welt gekommen. Ihre Mutter war kurz nach der Geburt verstorben, ihr Vater Isaak Buchhalter verschied am 20. Januar 1935. Martha Cohn wechselte dann mit der Dreizehnjährigen nach Hamburg.

Um Adolf Cohns Gesundheit stand es nicht gut. Außer an den Folgen der Kriegsverletzung litt er unter Magengeschwüren und musste ärztlich behandelt werden. Seine Kinder waren mittlerweile erwachsen und konnten zum Familieneinkommen beitragen:
Tochter Martel Cohn, die mittlerweile 25 Jahre alt war, arbeitete als Kontoristin in "Dr. Robert Wohlers chemischer Fabrik" in der Kaiser-Wilhelmstraße 47 und anschließend bei den "Schlesischen Furnier Werken" in der Billstraße 23-25 in Rothenburgsort.

Sohn Georg Cohn machte als kaufmännischer Angestellter eine Ausbildung an der Theaterkassean den Alsterarkaden, die von Familie Käse betrieben wurde.

Beide Kinder mussten mit ihrem Gehalt Adolf und Martha Cohn unterstützen. Trotzdem musste Adolf Cohn wiederholt, wie eingangs zitiert, das Wohlfahrtsamt um Unterstützung bitten, die jedoch oftmals versagt wurde.

Während des Novemberpogroms am 9/10. November 1938 rückten Kommandos der SA aus, um die Geschäfte von Juden zu demolieren. Zerstörungen und Plünderungen waren in vielen Stadtteilen in Hamburg die Folge. Zwischen dem 10. und 15. November wurden dann nachweislich 873 Juden in das Hamburger Polizeigefängnis Fuhlsbüttel eingeliefert, die meisten dann ins KZ Sachsenhausen überstellt. So erging es auch Georg Cohn: Er wurde am 11. November 1938 festgenommen, ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel und dann nach Oranienburg/ Sachsenhausen in "Schutzhaft" eingeliefert.

Bis Dezember 1941 verzeichnete die Jüdische Gemeinde auf der Kultussteuerkartei Adolf Cohns noch Einkünfte, die jedoch nicht reichten, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Adolf Cohn kam im Dezember 1941 aus uns nicht bekannten Gründen ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel, für seine Ehefrau Anlass, Selbstmord zu begehen. In Martha Cohns Abschiedsbrief an ihre Stieftochter Martel nannte sie als Grund für den Suizid, dass es für sie unerträglich sei, ihrem Mann nicht helfen zu können. Das Schreiben heftete sie an ihre Wohnungstür in der Rappstraße 24, der letzten gemeinsamen Wohnung des Ehepaares. Adressiert hatte sie den Umschlag an ihre Tochter Martel in der Heinrich-Barth-Straße 8, Keller.

Martha Cohn wurde von ihrem Schwiegersohn aufgefunden. (Martel hatte am 21. April 1939 Moritz Meyers geheiratet und trug seitdem dessen Namen.) Moritz Meyers betrat die Wohnung und fand dann folgendes vor: "Der Küchengasherd war geöffnet. Es roch stark nach Leuchtgas. Der Haupthahn war geöffnet."

Obwohl Moritz Meyers die Einlieferung seiner Schwiegermutter ins Israelitische Krankenhaus an der Johnsallee sofort veranlasste, verstarb sie kurz darauf am 15. Dezember 1941 an den Folgen des Suizids.

Martha Cohn wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel im Grab K 1-34 beigesetzt.

Adolf Cohn wurde vom 8. Juni 1942 bis zum 20. August 1942 ein weiteres Mal im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel aus unbekannten Gründen inhaftiert und dann wieder freigelassen.

Am 1. Oktober 1942 musste er in das "Judenhaus" Beneckestraße 2 ziehen.

Adolf Cohn wurde aus dem "Judenhaus" Beneckestraße am 5. Mai 1943 mit 50 weiteren Menschen in das Getto Theresienstadt deportiert und dort in ein Quartier in der Seestraße 47/6 eingewiesen.

Am 9. Oktober 1944 wurde er nach Auschwitz weiterdeportiert und vermutlich noch am Tag seiner Ankunft ermordet.

Adolf Cohns Sohn Georg befand sich am 26. Juli 1941 im "Jüdischen Forsteinsatzlager" in Schönfelde bei Berlin. Dieses war eines der sog. Hachscharahlager, in denen jüdische Jugendliche und Jungerwachsene sich auf die Auswanderung nach Palästina vorbereiteten, die dann von den Nationalsozialisten zu Zwangsarbeiterlagern umgewandelt worden waren. Die Bewohner konnten unter diesen veränderten Umständen als Gefangene dort bleiben, bis sie geschlossen deportiert wurden. Georg Cohn wurde am 19. April 1943 von Schönfelde aus über Potsdam und Berlin nach Auschwitz deportiert und vermutlich noch am Tag seiner Ankunft in Auschwitz ermordet.

Für Adolf Cohn sowie Georg Cohn liegen auch Stolpersteine in Solingen, Breidbacher Tor 2/ Solingen Mitte. (Siehe: www.stolpersteine-solingen.de).

Martha "Martel" Meyers, geb. Cohn, wurde mit ihrem Mann Moritz Meyers am 11. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert. (Für das Ehepaar sind Stolpersteine geplant.)

Martel und Moritz Meyers hatten drei Kinder, die aus der ersten Ehe von Moritz Meyers stammten: Margot, geb. 14.9.1921, Gisela, geb. 15.1.1924 und Kurt, geb. 17.2.1926, sie konnten sie mit einem Kindertransport im Juli 1939 nach England in Sicherheit bringen.

Frieda Buchhalter flüchtete am 22. Februar 1939 nach Schweden. Sie heiratete dort am 29. Juli 1944 Kurt Rothschild (geb. 1.12.1916) und bekam mit ihm zwei Kinder.

Zum Schicksal der Geschwister von Martha Cohn:
John Jacob (geb. 3.8.1885) verstarb am 6. April 1886 in Hamburg.

Seraphine Jacob (geb. 18.4.1887) verstarb am 18. Juli 1887 in Hamburg.

Leopold Friedrich Jacob (geb. 18.12.1893) verstarb im 1. Weltkrieg am 9. November 1916 in Russland. An ihn erinnert eine Inschrift auf dem Ehrendenkmal für die auf dem Ehrenhain beigesetzten Weltkriegsopfer.

Delfred Jacob (geb. 29.4.1883) und seine Ehefrau Jenny (geb. 3.9.1886) wurden am 25. Oktober 1941 nach Litzmannstadt deportiert und dort ermordet. Die Stolpersteine liegen in der Straße Pilatuspool 15. (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Frieda Warneck, geb. Jacob (geb. 4.8.1884) und ihre Tochter Ruth Warneck wurden am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert. Für sie liegen Stolpersteine in der Rutschbahn 15. (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Zerline Peritz, geb. Jacob (geb. 16.8.1889) und ihr Ehemann Hermann Peritz (geb. 16.9.1882) wurden am 8. November 1941 nach Minsk deportiert. Die Stolpersteine liegen in der Wandsbeker Chaussee 104. (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Anna Sekkel, geb. Jacob (geb. 10.2.1891) hatte am 11. September 1913 Alfred Sekkel (geb. 13.9.1886) geheiratet, der im Ersten Weltkrieg verstorben war. Anna Sekkel wurde am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert und dort ermordet. Der Stolperstein liegt in der Rappstraße 2. (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Stand: November 2020
© Bärbel Klein

Quellen: StaH; 1; 2; 4; 5; 8; 213-13_13965; 213-13_14661; 213-13_25396; 214-1_203; 351-11_14363; 351-11_34951; 351-11_39751; 351-11_44595; 351-11_45670; 351-11_7643; 351-11_47894; 351-14_1041; 351-14_1321; 351-14_1807;351-14_1959; 351-14_1974; 332-5_1012/1881; 332-5_114/1883; 332-5_2077/1883; 332-5_3664/1884; 332-5_4281/1885; 332-5_4438/1886; 332-5_2009/1887; 332-5_2255/1887; 332-5_2231/1888; 332-5_3886/1888; 332-5_754/1891; 332-5_4719/1893; 332-5_3487/1889; 332-5_3296/1890; 332-5_51/1903; 332-5_245/1913; 332-5_677/1913; 332-5_255/1916; 332-5_288/1916; 332-5_778/1916; 332-5_2136; 332-5_759/1918; 332-5_240/1919; 332-5_475/1919; 332-5_1029/1921; 332-5_576/1929; 332-5_607/1936; 332-5_213/1937; 332-5_406/1940; 332-5_445/1941; 331-5_3 Akte 1945/1941; 332-5_64169/1941; 522-1_1066; Stadtarchiv Gudensberg Nr. 52/1886; Stadtarchiv Solingen, Sterbeurkunde Henriette Cohn Nr. 224/1931; Krefeld Geburtsurkunde Martha Cohn 1334/1911; ITS Archives Bad Arolsen Digital Archive Korrespondenzakte 1.2.4.1 / 7105 Archivnummer [12650952] Einsicht am 9.3.2017; ITS Archives Bad Arolsen Digital Archive Korrespondenzakte 1.2.4.1 / 7105 Archivnummer [99094924] Einsicht am 9.3.2017; Buch und Biografie Stolpersteine Solingen Man soll mich nicht vergessen von Armin Schulte, 16. Januar 2020, Stadtarchiv Solingen; www.ancestry.de (Einsicht am 25.10.2020); www.wikipedea.de (Einsicht am 4.11.2020); Wolf Gruner, Die Arbeitslager …, S. 10 siehe online https:// www.gedenkstaettenforum.de/uploads/media/GedenkstaettenRundbrief-79-03-17.pdf (Zugriff 12.11.2020).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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