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Horst Dawidowicz * 1930

Hofweg 22 (Hamburg-Nord, Uhlenhorst)


HIER WOHNTE
HORST DAWIDOWICZ
JG. 1930
POLENAKTION 1938
BENSCHEN
DEPORTIERT
SCHICKSAL UNBEKANNT

Weitere Stolpersteine in Hofweg 22:
Moritz Moszek Dawidowicz, Gerd Dawidowicz, Bernd Dawidowicz

Moritz Moszek Dawidowicz, geb. am 7.11.1894 in Zloczew, abgeschoben am 28.10.1938 nach Zbaszyn, bis Sommer 1939 inhaftiert im Internierungslager; 1941 KZ Majdanek

Gerd Dawidowicz, geb. am 6.7.1927 in Hamburg, abgeschoben am 28.10.1938 nach Zbaszyn, am 23.6.1944 in Warschau inhaftiert, verschollen

Horst Dawidowicz, geb. am 2.4.1930 in Hamburg, abgeschoben am 28.10.1938 nach Zbaszyn, am 23.6.1944 in Warschau inhaftiert, verschollen

Bernd Dawidowicz, geb. am 17.1.1936 in Hamburg, abgeschoben am 28.10.1938 nach Zbaszyn, am 23.6.1944 in Warschau inhaftiert, verschollen

Hofweg 22

Moritz (Moszek) Dawidowicz wurde am 7.11.1894 in Zloczew, einer polnischen Kleinstadt in der Nähe von Lodz, geboren. Im Hamburger Melderegister von 1913 bis 1922 sind etwa zehn weitere Personen mit dem Nachnamen Dawidowicz aus Zloczew vermerkt, die aber meist nur kurze Zeit in Hamburg wohnten. Moritz Dawidowicz betrieb in Hamburg einen Handel mit Lederwaren. Fritz Isidor Dawidowicz, der am Mundsburger Damm mit Schuhbedarfsartikeln und Leder handelte, war vermutlich ein Bruder (s. Biografie Semi Werner Dawidowicz).

Im August 1925 heirateten Moritz Dawidowicz und die nichtjüdische Hamburgerin Mimi Wenz (geb. am 16.2.1903 in Hamburg). Mimis protestantische Eltern lebten in Eimsbüttel. Die Mutter verstarb ein Jahr nach Mimis Heirat. Drei Söhne entstammten der Ehe von Moritz und Mimi Dawidowicz: Gerd Dawid (geb. 6.7.1927), Horst (geb. 2.4.1930) und Bernd (geb. 17.1.1936). Gerd und Horst waren Schüler der Talmud-Tora-Schule, vielleicht ein Hinweis auf eine bewusste jüdische Erziehung, vielleicht aber nur dem Verfolgungsdruck geschuldet.

Moritz besaß Haus und Grundstück Hamburger Straße 94, wo sich auch sein Lederwarenhandel befand. Die Familie wohnte im Hofweg 22 in einer Fünfeinhalbzimmerwohnung und lebte in gutbürgerlichen Verhältnissen. Sozial engagiert, kümmerte sie sich z. B. mehrere Jahre um vier Waisenkinder.

Im Oktober 1938 wurde die Familie wegen ihrer polnischen Staatsangehörigkeit nach Bentschen (Zbasyn) ausgewiesen. Die Hamburgerin Mimi Dawidowicz war durch ihre Heirat Polin geworden. Die Immobilie Hamburger Straße 94 wurde nach der Ausreise von Moritz Dawidowicz von Ludwig Wulff verwaltet, und im Januar 1939 übernahm Gustav von Bergen die Treuhänderschaft zur Abwicklung der Geschäfte. Im Februar 1939 übertrug Ludwig Wulff die Grundstücksverwaltung an die Hamburgische Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft von 1938. Im Frühjahr 1939 kehrte Moritz Dawidowicz für kurze Zeit zurück, um die Geschäfte abzuwickeln. Es ist nicht klar, ob Moritz alleine nach Hamburg kam oder seine Familie mitbrachte. Er kam bei einer Verwandten in der Canalstraße 20 unter. Seine Aufenthaltsgenehmigung in Hamburg galt nur bis zum 25. Juli 1939. Es gelang ihm nicht, den Hamburger Hausstand, der akribisch in langen Listen erfasst worden war, mitzunehmen. Die Sachen wurden in Hamburg eingelagert. 1942 ging seine Immobilie in den Besitz des Deutschen Reichs über und wurde 1943 verkauft.

Die Familie Moritz Dawidowicz lebte zuerst im Lager Zbaszyn und floh bei Kriegsbeginn nach Polen, wo sie dann im Getto Lodz und ab Dezember 1939 im Getto Warschau unterkam. Von Ende 1940 bis Mitte 1944 lebte die Familie illegal und mittellos in Warschau. Allerdings wurde Moritz bereits im Dezember 1941 in Lublin verhaftet. Ein letztes Lebenszeichen von ihm erhielt seine Familie im Februar 1942, nachdem er ins Vernichtungslager Majdanek deportiert worden war.

Die Söhne lebten bis zum 23. Juni 1944 bei der Mutter in Warschau. Dann wurden alle ins dortige Gefängnis Paviac gebracht und Mutter und Söhne gewaltsam getrennt. Wo und wann die drei Söhne ermordet wurden, ist nicht bekannt.

Die Mutter Mimi Dawidowicz wurde im Juli 1944 ins KZ Ravensbrück überstellt, wo sie bei Kriegsende befreit wurde. 1946 kehrte sie nach Hamburg zurück und wohnte Ende der 1940er Jahre wieder im Hofweg. Am 10. Juli 1984 starb sie in Wedel. Sie überlebte ihre Familie um 40 Jahre.

Stand September 2014
© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1; 2 (F 353); 4; 7; 8; StaH 332-5, 14015 u. 369/1903; StaH 332-5, 6639 u. 437/1925; StaH 332-8 Meldewesen Hausmeldekartei; StaH 351-11 AfW, 140129; StaH 351-11, 27257; StaH 351-11, 170136; StaH 362-6/10 Talmud-Tora-Schule; Frank Bajohr, Arisierung, S. 353; Hamburger Adressbücher.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link Recherche und Quellen.

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