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Johanna Gustloff * 1884

Vierländer Damm Rothenburgsorter Marktplatz (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


HIER WOHNTE
JOHANNA GUSTLOFF
JG. 1884
EINGEWIESEN 14.8.1943
’HEILANSTALT’
AM STEINHOF / WIEN
ERMORDET 11.4.1944

Johanna Gustloff, geb. am 1.2.1884 in Hamburg, gestorben am 11.4.1944 in der "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien"

Vierländer Damm/Rothenburgsorter Marktplatz (Billhorner Röhrendamm 214)

Johanna Gustloff wurde kurz nach ihrem 58. Geburtstag am 26. Februar 1942 in den damaligen Alsterdorfer Anstalten aufgenommen.

Sie war als das zweite Kind des Schmieds Ferdinand Adolf Gustloff und seiner Ehefrau Johanna Henriette, geb. Bosse, in Barmbek zur Welt gekommen. Zu ihrer vier Jahre älteren Schwester Frieda gesellten sich 1885 noch Mathilde und schließlich 1886 der Bruder Friedrich. Pauline wurde Ende des Jahres 1892 geboren und starb im Alter von neun Monaten.

Johanna Gustloff litt seit ihrer Kindheit unter epileptischen Anfällen. Die Zeit vor ihrer Aufnahme in "Alsterdorf" liegt fast völlig im Dunkeln. Das Todesdatum des Vaters ließ sich nicht ermitteln. Die verwitwete Mutter Johanna zog 1893 von Barmbek nach Rothenburgsort, das damals noch Billwärder Ausschlag hieß, und meldete sich 1896 kurzzeitig in ihrem Herkunftsort Goslar ab. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt als Händlerin und Arbeiterin. Ihre "Stammadresse", Billhorner Röhrendamm 117, war die einer Verwandten. Als sie am 4. Mai 1899 starb, blieben ihre noch minderjährigen Töchter Mathilde und Frieda, vermutlich auch Johanna, mit dem Bruder Friedrich dort. Mathilde und Frieda Gustloff verdingten sich als Dienstmädchen, Mathilde arbeitete jeweils einige Monate in den Dörfern der Vier- und Marschlande, Frieda blieb in der Stadt. Als sie 1905 Heinrich Poppe heiratete, zog der Aktenlage zufolge Johanna mit in deren neuen Haushalt.

Bei ihrer Aufnahme in den ehemaligen Alsterdorfer Anstalten hieß es, Johanna Gustloff sei sehr unruhig und unselbstständig. Ihr Zustand besserte sich nicht. Nach den Bombenangriffen Ende Juli/Anfang August 1943 kam es zu einer zeitweisen Überfüllung der Einrichtung. Deshalb ersuchte die damalige Anstaltsleitung die Gesundheitsbehörde um Entlastung. Einmal veranlasst, schickte die "Gemeinnützige Krankentransport GmbH" aus Berlin die Ankündigung für einen Transport am 16. August 1943 nach Wien. Die Anstalt stellte eine Liste von 228 Frauen und Mädchen aller Altersstufen zusammen, unter ihnen Johanna Gustloff nach nur eineinhalbjährigem Aufenthalt in Alsterdorf.

Der Transport traf am folgenden Tag in der "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" ein. Bei ihrer Aufnahmeuntersuchung war Johanna Gustloff gehfähig; sie wirkte im Gespräch desorientiert, sprach langsam und gab zögernde Antworten. Die folgenden Tage verbrachte sie ruhig und schweigend meist im Bett, danach saß sie, vermeintlich teilnahmslos, unter den Mitpatientinnen. Am 19. Dezember lautete das Ergebnis eines 20-minütigen Rohrschach-Tests "Epileptikerdemenz". Sie erlitt im Monat zwischen zwei und sechs An­fällen.

Nach einem Sturz auf der Toilette am 5. April 1944 blieb Johanna Gustloff am folgenden Tag wegen hohen Fiebers im Bett. An ihre Schwester Frieda ging eine Verschlechterungsnachricht ab, die als unzustellbar zurückkam: Sie war im "Feuersturm" umgekommen, was aber erst viel später aktenkundig wurde. Am 10. April stieg Johannas Fieber auf über 40º, am folgenden Tag starb sie an einer Lungenentzündung. Die Obduktion ergab keinen Hinweis auf eine vermutete Schenkelhalsfraktur, aber auf eine schwere Bronchopneumonie bei Veränderungen an mehreren inneren Organen.

Friedrich Gustloff, Johannas Bruder, erhielt die Nachricht vom Tod seiner Schwester am 20. April 1944, zusammen mit der Mitteilung, dass sie auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt wurde. Johanna Gustloff wurde 60 Jahre alt.

© Hildegard Thevs

Quellen: Ev. Stiftung Alsterdorf, Archiv, V 333; Jenner, Meldebögen; Wunder, Abtransporte; ders., Exodus.

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