Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Jacob Guttmann * 1877

Bornstraße 18 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Bornstraße 18:
Rosa Belzinger, Carl Belzinger, Helene Guttmann

Helene Guttmann, geb. 24.8.1877, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Jacob Guttmann (genannt Janus), geb. 19.2.1877, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Jacob G. handelte mit Weißwaren. Bis 1936 lebte das Ehepaar in Wilhelmsburg, dann zog es nach Hamburg und wohnte in der Hochallee und Oderfeldstraße, bevor es in das "Judenhaus" Bornstraße 18 ziehen mußte, wo es auch den Deportationsbefehl erhielt. Die einzige Tochter Edith wanderte 1938 in die USA aus. Dorthin wollten ihr die Eltern Ende der dreißiger Jahre offensichtlich folgen, was ihnen nicht mehr gelang. Das "Vermögen" des Ehepaares war im April 1941 auf RM 827 zusammengeschmolzen.

© Beate Meyer

Quellen: StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, 992b, Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde; ebd., 314-15, Oberfinanzpräsident, FVG 8854; ebd., 522-1 Jüdische Gemeinden 992e; Adressbücher 1938, 1942; Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Hamburg 1995.


Jacob Guttmann, geb. 19.2.1877, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt
Helene Guttmann, geb. Goldberg, geb. 24.8.1877, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt

Veringstraße 47

Jacob (genannt James) Guttmann wurde in Stewnitz im Kreis Flatow in Westpreußen (heute: Stawnica, Polen), als Sohn von Johanna und Hermann Guttmann, geboren. Er heiratete Helene Goldberg, die aus Pölitz in Pommern (heute: Police, Polen) stammte. Jacob und Helene Guttmann lebten seit dem 2. März 1908 in Wilhelmsburg. Am 21.11. 1909 wurde dort ihr einziges Kind, Edith, geboren.

Edith Guttmann heiratete am 9. Oktober 1931 den Kaufmann Fritz Rosenschein aus Harburg. Das Paar konnte am 23. Februar 1938 in die USA emigrieren.

Jacob Guttmann betrieb seit 1908 eine Weißwarenhandlung in Wilhelmsburg. Sein Woll- und Wäschewarengeschäft befand sich erst im Haus Fährstraße 45 und ab dem 1. November 1927 in der Veringstraße 47, wo die Familie auch lebte. Neben dem Ehepaar arbeiteten im "Kaufhaus" zwei bis drei Verkäuferinnen. 1925 oder 1926 trat Jacob Guttmann aus der jüdischen Gemeinde in Harburg aus, blieb jedoch in Hamburg weiter Gemeindemitglied.

Im September 1927 beantragte die Industrie- und Handelskammer Harburg-Elbe beim Amtsgericht Harburg die Eintragung der Guttmann’ schen Weißwarenhandlung in das Handelsregister, da das Geschäft "über den Umfang des Kleingewerbes" hinausgehen würde. Jacob Guttmann erhob Einspruch mit der Begründung, dass sein Jahresumsatz im Jahr 1926 lediglich 37000 RM betragen hatte. Seiner Meinung nach waren damit die Voraussetzungen für einen Eintrag in das Handelsregister nicht gegeben. Es kam vor dem Amtsgericht Harburg zu einer Verhandlung, in der Jacob Guttmann erklärte, dass er sein Geschäft seit 20 Jahren betreibe und seine Waren von der Firma L. Wagner (Inhaber Max Haag) beziehe: einem Großhandel u. a. für Weißwaren an der Elbstraße 70/86, dessen Waren er auf Kommission erhielt und in Wilhelmsburg verkaufte. Nachdem Jacob Guttmann ein Aufschub wegen des bevorstehenden Umzugs seines Geschäfts in die Veringstraße 47 gewährt wurde, beantragte er am 7. März 1928 dann doch die Eintragung seiner Firma in das Handelsregister Harburg.

Aufgrund der Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929/1930 entließen viele Firmen in Wilhelmsburg und im Hamburger Hafen ihre Arbeiter. Viele Familien im Stadtteil wurden von der Wohlfahrt unterstützt. Diese Situation hatte Folgen für die ansässigen Gewerbetreibenden, deren Umsätze zurückgingen und schließlich nahezu ausblieben. Neben den gesunkenen Umsätzen führte eine Herzerkrankung von Helene Guttmann, die "der führende Teil im Geschäft gewesen" war, schließlich zum Konkurs. Am 23. November 1932 nahm das Amtsgericht das Konkursverfahren auf. Im Dezember 1932 erklärte Jacob Guttmann, dass er das "betriebene Handelsgewerbe aufgegeben habe". Die Kosten für die Löschung der Eintragung aus dem Handelsregister von 15 RM konnte Guttmann nicht aufbringen. Sein Anwalt erklärte am 8. März 1933, dass auch Jacob Guttmann lange Zeit krank gewesen sei.

In der vom Magistrat angefertigten Aufstellung der jüdischen Geschäfte und Warenhäuser der Stadt Harburg-Wilhelmsburg vom 6. April 1933 findet sich zwar noch der Eintrag für "J. Guttmann, Kaufmann, Veringstr. 47", am 12. Dezember 1934 wurde die Firma allerdings aus dem Handelsregister gelöscht.

Seinen Textilwarenhandel betrieb Jacob Guttmann weiter. Doch 1936 musste das Geschäft an der Veringstraße, auch aufgrund der "starken antisemitischen Strömungen in Wilhelmsburg", schließen. Käufer Hermann Johannsen hatte vorher ein Geschäft in der Kanalstraße betrieben. Die "Arisierung" war damit vollzogen.

Am 1. Juli 1936 lösten die Eheleute Guttmann den Haushalt in Wilhelmsburg auf und zogen nach Hamburg. Im Haus Rutschbahn 3 im 2. Stock hatten sie eine Wohnung gefunden. Jacob Guttmann arbeitete als Vertreter für Textil- und Kurzwaren. Ende September 1937 wechselte das Ehepaar Guttmann ins Erdgeschoss des Hauses Bornstraße 18. Es bereitete seine Auswanderung in die USA vor und gab im April 1941 an, ein Gesamtvermögen von nur noch 827 RM zu besitzen. Das Paar hatte fast alle Ersparnisse aufgebraucht.

Am 8. November 1941 wurden Helene und Jacob Guttmann, beide im Alter von 64 Jahren, deportiert. Dieser Transport Hamburger Jüdinnen und Juden kam am 11. November 1941 in Minsk an. Die Menschen wurden im Getto unter menschenunwürdigen Umständen untergebracht. Sie lebten in überfüllten Räumen, litten unter den desaströsen hygienischen Verhältnissen, an Unterernährung und beißender Kälte. Die Insassen mussten Zwangsarbeit leisten. Viele überstanden den Winter 1941/42 nicht. Wie lange das Ehepaar Guttmann unter diesen Umständen überlebte, wissen wir nicht. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden beide für tot erklärt.

Neben den Stolpersteinen in Wilhelmsburg und vor dem Haus Bornstraße 18 im Grindelviertel erinnert eine Inschrift auf dem Grabstein für Bernhard Rosenschein (1862–1911) auf dem jüdischen Friedhof in Harburg an das Ehepaar Guttmann und die weiteren ermordeten Verwandten der Familie.

© Barbara Günther

Quellen: 1; 5; 2 (FVg 8854); StaH, 430-64 Amtsgericht Harburg, VII B 1001; StaH 430-5 Magistrat der Stadt Harburg Wilhelmsburg, 1810-08; ; StaH, 351-11, AfW, 35142; StaH, 430-64 Amtsgericht Harburg, VII B 101; StaH, 332-8 Meldewesen, K 4439; StaH, Wilhelmsburger Adressbücher; Meyer, Verfolgung, S. 175; Kändler/Hüttenmeister, Friedhof, S. 213f.; Apel (Hrsg.), Tod, S 115.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang