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Albert Jahnke * 1886

Königstraße 15 Eingang zur Schule (Altona, Altona-Altstadt)


Verhaftet 1939 und 1941
KZ Neuengamme
Außenlager Salzgitter-Drütte
ermordet 21.11.1943

Albert Gustav Emil Jahnke, geb. am 29.6.1886 in Eldenburg/Westprignitz, gestorben am 21.11.1943 im KZ Neuengamme, Außenlager Salzgitter-Drütte

Königstraße 15 (Große Schmiedestraße 5)

Albert Jahnke, 1886 als Sohn des Christian Jahnke und seiner Frau Henriette, geb. Bockje, in Eldenburg/Westprignitz geboren, wurde evangelisch-lutherisch getauft. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine Sattlerlehre, übte den Beruf aber nur für kurze Zeit aus. 1906 zog er nach Hamburg, wo im Stadtteil Eilbek sein Bruder Paul wohnte. Im Ersten Weltkrieg diente er im 86. Infanterieregiment und wurde wie viele Soldaten mit der Tapferkeitsmedaille, dem Eisernen Kreuz II, ausgezeichnet. Danach nahm Albert Jahnke Stellen als Hausdiener an, 1939 arbeitete er im Fährhaus Lühe bei Stade, 1941 im Ernst-Merck-Hotel am Hauptbahnhof.

Am 24. Mai 1939 wurde Albert Jahnke zum ersten Mal wegen des Verdachts, "widernatürliche Unzucht" begangen zu haben, als "Schutzhäftling" durch das für homosexuelle Delikte zuständige 24. Kriminalkommissariat der Hamburger Kripo im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert. Am 1. Juni kam er ins Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis und wurde am 12. Juli 1939 vom Amtsgericht Hamburg wegen Vergehens nach § 175 in zwei Fällen zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, die er in den Strafanstalten Fuhlsbüttel und ab August 1939 in Glasmoor bei Glashütte (heute Norderstedt) verbüßte. Während der Haft wurde er am 2. Oktober 1939 wegen nachträglich ermittelter homosexueller Kontakte mit fünf bis sieben weiteren Partnern unter Einbeziehung der ersten Strafe vom selben Gericht zu insgesamt zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Die letzten beiden Monate seiner Strafe verbrachte er im Zentrallazarett des Untersuchungsgefängnisses und wurde von dort am 12. Mai 1940 in Freiheit entlassen.

Doch diese Freiheit währte für Albert Jahnke nur ein gutes Jahr: Am 17. Juni 1941 wurde in den Anlagen am Millerntor, einem Treffpunkt für Strichjungen und Männer, die homosexuelle Kontakte suchten, der des "Arbeitsvertragsbruchs, Diebstahls und widernatürlicher Unzucht" verdächtige Helmut Ernst, Jahrgang 1919, festgenommen. Im Verhör durch das 24. Kri-minalkommissariat berichtete dieser, er habe Jahnke vor dem Fremdenheim in St. Pauli an der Reeperbahn kennengelernt und zwei Mal in dessen Zimmer in Altona, Große Schmiedestraße 5, übernachtet. In beiden Nächten sei es zu "gleichgeschlechtlichem Verkehr" gekommen, für den Ernst, ohne es zuvor zu verlangen, fünf Reichsmark und Essen erhalten habe. Noch am selben Tag nahm die Kripo auch Albert Jahnke fest. Das Verhör führte der Kriminalsekretär Gaier, dem Jahnke schon aus den vorherigen Fällen als "ausgesprochene Tante" bekannt war. Da der ermittelnde Beamte nicht glauben mochte, dass Albert Jahnke seit seiner letzten Haft keine weiteren Partner gehabt hatte und weitere Ermittlungen anstellen wollte, ordnete er für ihn einen Tag später Polizeihaft im Stadthaus an und ließ ihn zudem vom 19. bis 25. Juni 1941 im KZ Fuhlsbüttel inhaftieren, anschließend kam er in die Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Stadt. Während Albert Jahnke sich bei seinem ersten Urteil als "bisexuell" bezeichnete, gab er unter dem Druck der Verhöre im neuen Verfahren zu, homosexuell veranlagt zu sein und mit zwei weiteren Männern sexuelle Kontakte gehabt zu haben. Die Anklage wurde von dem unter Homosexuellen berüchtigten Staatsanwalt Nicolaus Siemssen geführt, der in ähnlichen Fällen aus Überzeugung und mit Leidenschaft gegen schwule Männer vorging. Das Urteil fällte am 10. September 1941 der für besonders harte Strafen bekannten Amtsgerichtsrat Wilhelm Öhlckers. Er machte sich keine Mühe mit einer ausführlichen Begründung, sondern erläuterte auf einer knappen Seite sein auf 18 Monate Gefängnis lautendes Urteil. Da Albert Jahnke als Wiederholungstäter galt, formulierte er: "Den Angeklagten muss diesmal eine hohe Strafe treffen."

Die Strafe verbüßte Albert Jahnke ab 16. September 1941 zunächst im Männergefängnis Fuhls-büttel, ab 1. Oktober dann erneut in Glasmoor. Seine für den 16. Dezember 1942 vorgesehene Entlassung erfolgte über die Polizeibehörde "BK 1", die ihn vermutlich über das innerstädtische Polizeigefängnis Hütten am 23. Januar 1943 entweder über das Stammlager des KZ Neuengamme oder direkt ins Außenlager Salzgitter-Drütte überstellte, wo er die Häftlingsnummer 15496 und den Häftlingspräfix "Homo" erhielt. Dort wurden seit Herbst 1942 Granaten für die Reichswerke "Hermann Göring" produziert. Das Lager war für bis zu 3150 Häftlinge ausgebaut worden und damit das größte Außenlager des KZ Neuengamme.

Nach nicht einmal einem Jahr ist Albert Jahnkes Tod im Alter von 57 Jahren für den 21. November 1943 im Außenlager Drütte dokumentiert. Die offizielle Todesursache lautete auf "Lungen- u. Darmschwindsucht". Sein Leichnam wurde am 23. November 1943 auf dem Friedhof Jammertal-Salzgitter, Feld I, Rh. 7, Nr. C beigesetzt.

Albert Jahnkes letzter frei gewählter Wohnort lag in der Großen Schmiedestraße 5 in Altona. Aufgrund der stark veränderten Nachkriegsbebauung nach den erheblichen Zerstörungen in der historischen Altonaer Altstadt erinnert nun vor dem Eingang zur Schule Königstraße in der Königstraße 15 ein Stolperstein an sein Schicksal.

Stand September 2015

© Bernhard Rosenkranz (†) / Ulf Bollmann

Quellen: StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Ablieferung 2, 451 a E 1, 1 d; 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 7763/41 und 7601/42; 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferungen 13 und 1998/1 sowie 17818; StaH 331-1 II Polizeibehörde II, Ablieferung 15 Band 1; Mit Dank für Auskünfte an Rainer Hoffschildt, Hannover sowie Alyn Beßmann und Dr. Reimer Möller von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme vom 27.8.2014 mit Hinweisen auf das Außenlager Drütte, das Sterberegister des Standesamts Salzgitter Nr. 678/1943, sta 00340626, das Krankenrevier-Totenbuch Außenlager I, tob 00101428, die Friedhofskartei Salzgitter-Jammertal, jam 00000637 sowie eine Mitteilung der Lagerverwaltung über Nachlasssachen, vol 01000063.

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