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Hermann Hatt * 1885

Hamburger Berg 14 (Hamburg-Mitte, St. Pauli)


verhaftet 1937
KZ Fuhlsbüttel
ermordet 30.11.1938

Weitere Stolpersteine in Hamburger Berg 14:
Tin Lam Chong

Robert Hermann Hatt, geb. 17.10.1885, inhaftiert 1937, gestorben am 30.11.1938 im Versorgungsheim Oberaltenallee 60

Hamburger Berg 14

Der aus Königsberg/Ostpreußen stammende Kellner und Schankwirt Hermann Hatt betrieb in der Weimarer Republik mehrere Lokale für homosexuelle Männer und Frauen in Hamburg. Dazu gehörten das Café Rheingold (Lilienstraße/Altstadt), wo er auch die Zeitschrift "Die Freundschaft" und andere "homoerotische Schriften" wie "Die Liebe Platons", "Im Lichte der modernen Biologie" von Benedict Friedländer, "Aus dem Tagebuch eines Homosexuellen", "Die männliche Braut" von Otto Hermann oder "Die Homosexualität" von Erich Mühsam verkaufte.

1920 wird sein Name in "Die Freundschaft" als Bezugsadresse in dem Zigarrengeschäft von Heinrich Graf in der Pastorenstraße 14 (Neustadt) genannt. Das Geschäft fungierte gleichzeitig als Geschäftsstelle der Hamburger Gesellschaft für Sexualforschung.
1920 übernahm er das Lokal Treffpunkt in der Kastanienallee 31 auf St. Pauli – laut Eintrag auf der Gewerbekartei war er nicht der Besitzer. Hier eröffnete er eine Annoncen-Annahmestelle für "Die Freundschaft". Damit konnten die Hamburger per Post mit Gleichgesinnten im ganzen Deutschen Reich in Kontakt treten. Hermann Hatts Lokal fungierte gleichzeitig als Postadresse für Kunden, die anonym bleiben wollten.

Durch diese wichtige Funktion war "Der Treffpunkt" auch das Clublokal der Hamburger Gesellschaft für Sexualforschung, eines Freundschaftsverbandes für homosexuelle Frauen und Männer in der Hansestadt. Einmal pro Woche fanden hier "Damenabende" statt, d. h., das Lokal war dann ausschließlich für lesbische Frauen geöffnet. Ab 1. Januar 1922 sorgten Künstler für ein abwechslungsreiches Programm. Am 10. Februar 1922 feierten die Wirte das einjährige Bestehen ihres Lokals mit einemmann Hatt mit Willi Burgemeister ein neues Lokal namens "Treffpunkt" am Herrengraben 2 in der südlichen Neustadt. Für dieses Lokal erhielt Friedrich Wilhelm (genannt Willi) Burgemeister, geb. 19. Juni 1896 in Hannover, am 18. April 1921 eine Schankwirtkonzession.

Am 15. Februar 1923 erhielten Hermann Hatt und seine Mutter Karoline Friederike Hatt, geb. Nickel, Jg. 1859, einen Gewerbeschein als Schankwirt/Schankwirtin für die Heine Straße 14 ptr. links (heute Hamburger Berg 14), wo sie das Lokal "Alter Treffpunkt" eröffneten. 1925 gaben die beiden diesen "vornehmen Treffpunkt für Bundesmitglieder" in die Hände neuer Wirte.

Hermann Hatt hatte durch sein Engagement für die Homosexuellenszene einen hohen Bekanntheitsgrad. Noch nach seinem Ausscheiden aus dem "Alten Treffpunkt" warben die neuen Besitzer mit seinem Namen.

Hermann Hatt wurde von den Nationalsozialisten wegen seiner Homosexualität verfolgt. Er saß vom 1. September bis zum 9. Oktober 1937 als polizeilicher "Schutzhäftling" im KZ Fuhlsbüttel ein. Am 9. Oktober 1937 wurde er wegen "wid. Unzucht" in die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis eingeliefert. Am 27. Dezember 1937 kam er nach einer Verurteilung in Strafhaft (unklar, in welches Gefängnis, da keine Gefangenenkartei überliefert ist). Erneut wurde er am 4. Februar 1938 in die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis eingeliefert und am 9. September 1938 zur Wohnung seiner Mutter in die Hammer Landstr. 236 I. Stock entlassen. Am 30. November 1938 starb Hermann Hatt im Versorgungsheim Oberaltenallee 60 an einer Lungentuberkulose in Folge der Haft.

© Bernhard Rosenkranz/Ulf Bollmann

Quellen: Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Homosexuellen-Verfolgung, 2009, S. 156, 216; Rosenkranz/Lorenz, Geschichte, 2006, S. 22f.

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