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Bertha Hauptmann (geborene Neumark) * 1883

Grindelallee 138 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Grindelallee 138:
Hugo Frank, Ernst Hauptmann, Selma Pincus, Edgar Rosenbaum, Rieckchen Weil

Bertha Hauptmann, geb. Neumark, geb. am 20.6.1883 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Ernst Hauptmann, geb. am 1.10.1883 in Schrimm, Posen, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet

Grindelallee 138

Ernst Hauptmanns Eltern waren Julius und Minna Hauptmann. Da er im Ersten Weltkrieg verwundet wurde, erhielt er eine kleine Rente. Vermutlich kam er unmittelbar nach Kriegsende nach Hamburg – wie so viele Deutsche, nachdem ihr Geburtsort 1918 polnisch geworden war. Das führte in allen jetzt zu Polen gehörenden Gebieten zu einer starken Auswanderung der deutschen bzw. deutschsprachigen Bevölkerung.

In Hamburg heiratete Ernst Hauptmann 1919 Bertha (auch Berta) Neumark. Sie war das mittlere von drei Kindern. Vor ihr, am 30. Januar 1882, war Fanny geboren worden (verheiratet mit Max Levinsohn, gestorben am 5. August 1934,) und am 1. September 1886 kam der Bruder Edgar Neumark zur Welt (s. Grindelallee 23). Aufgewachsen war Bertha in der Rappstraße 10. Ihr Vater war Meyer Joseph Neumark (geboren am 1. Mai 1849, gestorben 1925), die Mutter hieß Hanna, geborene Berwin. Von einer Ausbildung und/oder Berufstätigkeit Berthas ist nichts bekannt.

Berthas Bruder Edgar war verheiratet mit Anna Levy, die am 27. Dezember 1886 in Lüneburg zur Welt gekommen war. Das Paar hatte drei Söhne: Karl Heinz (geboren am 15. April 1913) und die Zwillinge Richard und Walter (geboren am 1. August 1918). Karl-Heinz lebte ab 1928 mit der Diagnose "angeborener Schwachsinn" in den damaligen Alsterdorfer Anstalten und Walter wurde 1937 von der Fürsorgebehörde in die damaligen Alsterdorfer Anstalten eingewiesen. Richard galt als "lernschwach". Ihr Vater Edgar war mehrfach wegen psychischer Erkrankung in Behandlung.

Edgar, Richard und Karl-Heinz wurden am 23. September 1940 in die Landes-Pflegeanstalt Brandenburg gebracht und noch am selben Tag mit Kohlenmonoxid ermordet.

Walter wurde in die Jacoby’sche Heil- und Pflegeanstalt in Bendorf-Sayn bei Koblenz gebracht. Auf Anordnung des Reichsministerium des Inneren wurden in Bendorf-Sayn ab 1940 bis etwa Sommer 1941 im Zuge der "Euthanasie"-Maßnahmen alle jüdischen Patienten und Patientinnen aus Heil- und Pflegeanstalten im gesamten Deutschen Reich zusammengefasst und 1942 von dort zusammen mit anderen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern aus dem Raum Koblenz in das Generalgouvernement verschleppt und ermordet. Walter wurde nach Izbica deportiert und dort oder in einem anderen Vernichtungslager ermordet.

Die Ehe von Ernst und Bertha blieb kinderlos. Um 1930 wohnten beide in der Parkallee 22, dann in der Beneckestraße 6 und ab September 1935 in der Grindelallee. Im Hamburger Adressbuch von 1937 ist der Beruf von Ernst mit "selbständiger Unternehmer" angegeben. Ab dem 9. November 1939 war er beim Arbeitsamt gemeldet, nun als "Arbeiter". Aus einem Antrag vom 17. November 1939 an die Sozialverwaltung auf Unterstützung geht hervor, dass Bertha und er zwei Zimmer ihrer Wohnung in der Grindelallee vermietet hatten, davon eines möbliert, das andere unmöbliert, sodass sie ihre eigenen Mietkosten von 100 Reichsmark (RM) auf 25 RM senken konnten. Die finanzielle Situation des Ehepaares dürfte sich kontinuierlich verschlechtert haben. Die Ersparnisse waren völlig aufgebraucht. Wie aus einem Antrag auf Unterstützung an die Sozialverwaltung hervorgeht, hatte das Ehepaar außer wöchentlich 16 RM Arbeitslosenunterstützung und monatlich 23,50 RM Militärrente wegen Ernst Hauptmanns Verwundung keine weiteren Einnahmen. Auf einer Beilage zum Unterstützungsantrag vom 17. November 1939 wurden 72 RM wöchentlich als Unterstützungsleistung berechnet, gleichzeitig hatte ein Sachbearbeiter groß "Jude" auf das Formular geschrieben. Ob Ernst Hauptmann das Geld je erhielt, geht aus der Akte nicht hervor. Es findet sich lediglich eine weitere Verfügung, aufgrund derer er 0,20 RM "Prämie" und 2,70 RM Fahrgeld erhalten sollte.

Ernst Hauptmanns letztes Lebenszeichen in den Akten ist eine Einweisungskarte für eine dreitägige Zwangsarbeit in Volksdorf, Moorredder.

Am 8. November 1941 wurden Ernst und Bertha Hauptmann nach Minsk deportiert und ermordet.

Stand: Juli 2017
© Charlotte Wilken

Quellen: 1; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge – Sonderakten 1242; Jenner: Schabow: Die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt, S. 55–95; Liste der am 15.6.1942 aus der Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn ausgesiedelten Juden, in: Rheinland-Pfalz Landesarchivverwaltung (Hrsg.): Dokumente, S.274–280.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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