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Otto Heitmann * 1908

Wexstraße 23 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
OTTO HEITMANN
JG. 1908
VERHAFTET
KZ FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 20.10.1933

Otto Christoph Heitmann, geb. am 6.10.1908 in Altona, inhaftiert 1933, Tod am 20.10.1933 im KZ Fuhlsbüttel

Wexstraße 23 (Wexstraße 15)

Vor dem Haus Wexstraße 23 liegt ein Stolperstein, der an Otto Heitmann erinnert. Allerdings gibt es kaum Informationen über sein Leben. Immerhin dokumentiert, wenn auch einseitig, eine Prozessakte des Hanseatischen Sondergerichts von 1934 die Ereignisse und Hintergründe, die im Zusammenhang mit dem als "Rote Marine-Prozess" bekannt gewordenen Großverfahren zu seiner Verhaftung und seinem Tod führten. Es ging um Straßenkämpfe zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten. Gegenstand des Verfahrens war der Überfall auf das SA-Marine-Sturmlokal, "Adler-Hotel", in den Otto Heitmann verwickelt gewesen sein sollte.

Der in Altona geborene ledige Seemann Otto Heitmann gehörte der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und höchstwahrscheinlich auch der 1925 in Hamburg gegründeten Roten Marine an. Sie bestand, wie der Name nahelegt, zum größten Teil aus Seeleuten und war eine Gruppe innerhalb des Rotfrontkämpferbundes (RFB), der sich im Hamburger Gebiet in acht Verbände gliederte. Den fünften Verband innerhalb des RFB bildete die Rote Marine. Am Abend des 21. Februar 1933 verübten Mitglieder der 3. Sektion, die "Rote-Marine-Neustadt", einen Überfall auf das "Adler-Hotel" in der Schanzenstraße 2–4. Für die Planung des Überfalls wurde die Gauleitung des RFB verantwortlich gemacht, die auch nach dem Verbot durch die Reichsregierung der Weimarer Republik 1929 weiterhin zum Schutz von Versammlungen und Einrichtungen der KPD illegal tätig gewesen war und sich mit Anhängern der NSDAP Straßenschlachten lieferte. Gegenseitige Attacken waren 1932/1933 an der Tagesordnung, wobei beide Seiten Tote und Verletzte beklagten.

So stellte auch die Aktion beim "Adler-Hotel" nach Meinung der Beteiligten eine Vergeltungsmaßnahme dar. In Ostpreußen war ein Parteihaus der KPD demoliert worden und man meinte, "in Hamburg müsse durch eine ähnliche Aktion die Antwort erteilt werden".

Am 21. Februar 1933 abends um 18.30 Uhr warfen Mitglieder des Jugendzuges der "Roten-Marine-Neustadt" die Scheiben des "Adler-Hotels" ein. Ältere bewaffnete Mitglieder der "Roten-Marine" erwarteten die aus dem Lokal stürzenden SA-Leute, die jedoch – entgegen der Erwartung – aus den Fenstern der oberen Etagen schossen. Beim folgenden Schusswechsel wurden zwei unbeteiligte Passanten getötet und weitere verletzt. Die zeitgleich mit dem Überfall durchgeführten Plünderungen zweier Lebensmittelgeschäfte in der angrenzenden Straße Schulterblatt sollten die eingreifende Ordnungspolizei vom eigentlichen Überfall ablenken. Laut Anklageschrift bestand Otto Heitmanns Beteiligung am Überfall in seiner Funktion als Kundschafter, "um festzustellen, mit wieviel Widerstand zu rechnen sei".

Als das Hanseatische Sondergericht am 2. Mai 1934 im "Rote Marine-Prozess" seine Urteile fällte, als Straffall Nr. 4 kam das "Adler-Hotel" zur Verhandlung, war Otto Heitmann nicht mehr am Leben. Nach einem Bericht der Polizeibehörde wurde er am 20. Oktober 1933, vormittags um 7 Uhr im KZ Fuhlsbüttel tot aufgefunden: "Selbstmord durch Erhängen" wurde vermerkt.

Von den 47 Mitangeklagten in dem fast vier Wochen dauernden Prozess wurden der 33-jährige Ewerführer Jonny Dettmer, der gleichaltrige Lagerhausarbeiter Hermann Fischer, der 26-jährige Tischler Arthur Schmidt (s. dort) und der 36-jährige Heizer Alfred Wehrenberg zum Tode verurteilt. Sie wurden Pfingstsonntag am 19. Mai 1934 im Hof des Untersuchungsgefängnisses mit dem Handbeil hingerichtet. Die anderen Verurteilten erhielten hohe Zuchthausstrafen. Insgesamt wurden 219 Jahre Zuchthaus und 15 Jahre Gefängnis verhängt.

An Jonny Dettmer erinnert ein Stolperstein in der Auenstraße 1 in Hamburg-Eilbek (s. Stolpersteine in Hamburg-Eilbek).


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: Gedenkstätte Ernst Thälmann Hamburg-Eppendorf, Archiv, Abschrift des Hanseatisches Sondergericht 113/34, vom Mai 1934; StaH 113-2 AII 4b; StaH 332-5 Standesämter 9867 u 168/1933; StaH 213-11 Strafakten 08413/47 Band 2; Diercks: Gedenkbuch, S. 23; Hochmuth: Gestapo-Gefängnis, S. 65; Buck: Widerstand, S. 33; Valtin: Tagebuch, S. 472; Seeger/Treichel: Hinrichtungen.

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