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John Kugelmann * 1884

Pepermölenbek vor Park (Altona, Altona-Altstadt)


HIER WOHNTE
JOHN KUGELMANN
JG. 1884
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
TOT 7.5.1943

John Kugelmann, geb. 4.12.1884, deportiert nach Theresienstadt am 24.3.1943, dort umgekommen am 7.5.1943

Jakob, genannt John, Kugelmann kam als Sohn des jüdischen Altonaer Händlers Gustav Gumbert Kugelmann und seiner Frau Sara, geborene Hirsch, auf die Welt. Sein Vater war 1880 nach Altona gezogen und hatte sich in der Straße Neue Burg 27, nah der Elbe, zur Untermiete niedergelassen. Das Ehepaar hatte vier oder fünf Kinder.

John Kugelmann erlernte den Beruf des Kupferschmieds. Er heiratete Anna Busch und bekam mit ihr drei Kinder. Am 15. März 1913 wurde die Tochter Ella geboren, die die NS-Zeit überleben sollte. Zu der Zeit wohnte die Familie in Hamburg im Alten Steinweg 52. Im Jahre 1920 starb seine Frau.

Fünf Jahre später, am 1. August 1925, ging John Kugelmann im Alter von 41 Jahren eine zweite Ehe mit der 1888 geborenen Verkäuferin Bertha Marie Knöfler, geschiedene Sandow, ein. Sie war nichtjüdischer Herkunft. Zu der Zeit betätigte sich John Kugelmann als Möbelhändler. Die Kugelmanns lebten nun in Altona, Neue Burg 33, offenbar hatte John Kugelmann die Wohnung von seinem Vater übernommen, der 1921 verstorben war. Seine zweite Frau brachte sieben Kinder aus einer früheren Verbindung in die Ehe ein. Er konnte gut mit Kindern umgehen, so erinnert sich seine Nichte Ingrid Pfeifer, die acht Jahre alt war, als er deportiert wurde, daran, dass "Onkel Jonny" bei seinen häufigen Besuchen immer außergewöhnlich nett zu den Kindern war und Späße mit ihnen machte.

Im April 1936 wurde John Kugelmann Großvater. Seine Tochter Ella bekam ein Kind von ihrem nichtjüdischen Verlobten, eine Eheschließung verboten die Nürnberger Gesetze.

Im Herbst 1941 musste John Kugelmann wegen seiner jüdischen Herkunft seine handwerkliche Tätigkeit aufgeben. Zuletzt hatte er als Kupferschmied bei der Firma Schmidt Söhne in Hamburg in der Herderstraße durchschnittlich 60 bis 70 Reichsmark in der Woche verdient. Danach wurde er wahrscheinlich zwangsweise als einfacher Arbeiter bei der Firma Heickmöller in der Grindelallee eingesetzt.

Am 8. März 1943 nahm die Gestapo Kugelmann fest. Was sie ihm vorwarf, ist nicht bekannt, doch er kehrte danach nicht mehr in die gemeinsame Wohnung zurück, sondern zog ins "Judenhaus" Beneckestraße 2. Bertha Kugelmann berichtete nach dem Krieg, Dr. Plaut, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Hamburg, habe sie zu sich bestellt und ihr im Auftrag der Gestapo erklärt, sie müsse sich von ihrem Mann scheiden lassen, sonst käme er ins Konzentrationslager Auschwitz und sie würde ihn nie wiedersehen. Außerdem würde ihr Haushalt enteignet, und sie selbst würde ebenfalls in ein Konzentrationslager deportiert werden. Im Falle der sofortigen Scheidung hingegen käme ihr Mann nach Theresienstadt, und sie selbst habe keine Repressionen zu erwarten. Im Einverständnis mit ihrem Mann und um ihn zu retten – Theresienstadt wurde von den Nationalsozialisten als Altersheim für Juden vorgetäuscht – ließ Bertha Kugelmann am 19. März 1943 ihre Ehe durch das Landgericht Hamburg aufheben. Sie konnte nicht wissen, dass die Scheidung einer so genannten Mischehe für den jüdischen Partner meist das Todesurteil bedeutete, weil er über Theresienstadt in ein Vernichtungslager oder direkt nach Auschwitz deportiert wurde.

John Kugelmann wurde fünf Tage später, am 24. März 1943, im Alter von 58 Jahren aus der Beneckestraße nach Theresienstadt deportiert. Insgesamt umfasste dieser Transport fünfzig Hamburger Juden und Jüdinnen. Die Eheleute Kugelmann betrachteten sich als weiter verheiratet und standen anfangs noch im Briefkontakt. Doch die Sterblichkeitsrate im so genannten Altersgetto für deutsche Juden war hoch. John Kugelmann starb nur sechs Wochen nach seiner Ankunft, am 7. Mai.1943. Nur zwei der mit ihm deportierten Hamburger sollten überleben.

Nach dem Krieg kämpfte Bertha Kugelmann, die den Namen ihres verstorbenen Mannes nie abgelegt hatte, lange darum, als Witwe von John Kugelmann anerkannt zu werden und eine entsprechende Rente zu erhalten. Erst 1955 wurde anerkannt, dass die Ehe unter dem Druck der Gestapo gegen den Willen der Eheleute geschieden worden war, und die Scheidung rückwirkend annulliert. Bertha Kugelmann starb 1974.

© Birgit Gewehr

Quellen: 4; 7; 8; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 7582 (Beers, Ella von), 7583 und 38835 (Beers, Ella von); AB Altona 1933, Gespräch mit Ingrid Pfeifer, Februar 2007.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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