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Franziska Heilbron
© Evelyn Karlsberg

Franziska Heilbron (geborene Fröhlich) * 1877

Oderfelder Straße 23 (vormals Nr. 25) (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
FRANZISKA HEILBRON
GEB. FRÖHLICH
JG. 1877
FLUCHT 1939 HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1943
SOBIBOR
ERMORDET

Siehe auch:

Franziska Heilbron, geb. Fröhlich, geb. 25.11.1877 in Mainz, Flucht nach Amsterdam, deportiert vom Durchgangslager Westerbork am 13. Juli 1943 in das Vernichtungslager Sobibor, Todesdatum Juli 1943

Oderfelderstraße 25

Als Franziska Heilbron im Februar 1939 aus Hamburg nach Amsterdam zur Familie ihrer Tochter Ilse Karlsberg (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) zog, glaubte sie sich in Sicherheit. Die Sicherheit währte nicht lange, 1943 brachte sie der Transport nach Sobibor und in den Tod.

Franziska Fröhlich wurde am 25.11.1877 in Mainz geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Hermann Simon Fröhlich, 1844 in Ulrichstein (Vogelbergkreis/Hessen) geboren und Rosalie Fröhlich, geb. Lahnstein, 1848 in Jostein geboren, ihre Geschwister waren Manfred (1880) und Siegfried Ferdinand (1885).
Am 18. August 1899 heiratete sie in Mainz Simon Heilbron, der am 26.9.1868 in Hagen/Westfalen geboren worden war und seit 1875 in Hamburg lebte, zunächst als Schüler und seit 1888 als Kaufmannslehrling. Ruth Meissner, Enkeltochter von Franziska Heilbron dazu: "Er und seine 2 oder 3 Schwestern waren früh verwaist, wie oder warum er nach Hamburg kam weiss ich nicht. Höchstwahrscheinlich wurde er nach dem Tod seiner Eltern von Verwandten in Hamburg aufgenommen. Wie er meine Großmutter (Franziska Heilbron) kennen gelernt hat, weiss ich nicht. Die Firma, an der er beteiligt war, war eine Staatslotterie."

Simon Heilbron lebte zunächst in der Wexstraße bei Philipp Fürst, es ist anzunehmen, dass die Familie Fürst seine Hamburger Verwandten waren.

Die Firma Philipp Fürst, Große Bleichen 82, Kaiser-Wilhelm-Straße 20/26 und Große Bleichen 32 (1.7.1935), fungierte als einer der Hauptkollekteure der Hamburger Staatslotterie, sie war 1872 von dem Kaufmann Philipp Fürst gegründet worden. 1895 trat Simon Heilbron in die Firma ein, in der er vorher als Prokorist gearbeitet hatte. Es gab zu der Zeit viele Lotteriefirmen in Hamburg, einer der Werbesprüche der Fa. Fürst war: "Fürstlich Glück ist zu erreichen 82 Große Bleichen."

Franziska und Simon Heilbron bekamen drei Kinder, Ilse, geb.1900, Martin Philipp, geb. 1903 und Alice, geb. 1907. Die Familie lebte in der Hansastraße 63, dort wurden auch die Kinder geboren. Simon Heilbron starb 1920 an Lungentuberkulose. Franziska Heilbron übernahm die Firma, dann stieg der Sohn Martin Philipp ein. Er führte die Firma bis zu seiner Flucht 1934 nach Paris, 1936 folgte ihm dorthin die Tochter Alice. Bis 1936 war wiederum Franziska Heilbron die Besitzerin der Firma Fürst.

Franziska Heilbron schloß sich eng an die Familie ihrer Tochter Ilse an. Diese hatte Bernhard Karlsberg geheiratet und die drei Kinder Rahel, Ruth und Walter bekommen. Für die Enkelkinder war Franziska Heilbron die geliebte Oma Zis.

Franziska Heilbron war es auch, die im "Amtlichen Anzeiger" den Haftbefehl gegen Bernhard Karlsberg wegen Verdacht des Hochverrats entdeckte. Bernhard Karlsberg war Mitglied der Kommunistischen Partei, die 1933 verboten worden war, außerdem unterstützte er als Rechtsberater politische Gefangene. Am 25. Januar 1935 floh Bernhard Karlsberg per Zug nach Basel. In der Schweiz lebten schon die Kinder in einem Kinderheim, während Ilse Karlsberg im Sommer in Hamburg den Haushalt auflöste und dann ihrer Familie folgte.

Franziska Heilbron zog 1935 aus der Hansastraße 63 in die Oderfelderstraße 25. 1936 verkaufte sie die Firma Philipp Fürst, um ihren Kindern in die Emigration zu folgen. Ihre Kinder Martin Philipp und Alice befanden sich in Frankreich weiterhin auf der Flucht, nach der Einnahme von Paris hielten sie sich im unbesetzten Teil von Frankreich auf, nach Erhalt eines Not-Visums konnten sie dann von Marseille über Trinidad nach New York entkommen.

Franziska Heilbron ging im Februar 1939 zu ihrer Tochter und deren Familie nach Amsterdam. Ihr nicht unbeträchtliches Vermögen hatte sie durch die Auswandererbestimmungen verloren. Ilse Karlsberg war mit ihren Kindern Rahel, Ruth und Walter von der Schweiz nach Prag und zwei Jahre später, am 5. April 1938, nach Amsterdam geflüchtet. Bernhard Karlsberg hatte dort schon vorher eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung erhalten. Damit gab es ein, wie alle meinten, sicheres Aufenthaltsziel für Franziska Heilbron. Nach Amsterdam waren im September 1938 auch die Eltern von Bernhard Karlsberg, Moritz und Emilie Karlsberg gekommen (siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Alle lebten am Merwedeplein, Franziska Heilbron in der Nr. 19.

Nachdem die deutschen Truppen im Mai 1940 die Niederlande besetzt hatten, musste Bernhard Karlsberg mit seiner Verhaftung rechnen. Er ging in den Untergrund, Ilse Karlsberg wollte bei Kindern, Mutter und Schwiegereltern bleiben. Am 24. September 1940 wurde sie als Geisel für ihren Mann in ihrer Wohnung verhaftet und zurück nach Hamburg gebracht, die Wohnung wurde aufgelöst.
Zurück blieb Franziska Heilbron. Sie bezog in der Folgezeit mehrere Wohnungen in Amsterdam, die immer mehr den Charakter von Verstecken annahmen. Aus Erzählungen der Enkeltöchter geht hervor, dass der Kontakt zur Großmutter jedoch nie verloren ging. "Meine Großmutter, Oma Zis, war ein wunderbarer Mensch, immer tapfer und um uns besorgt in einem tragischen Leben. Der Gedanke an ihr tragisches Ende ist nicht loszuwerden." (R.M.)

Franziska Heilbron wurde gefasst und am 13. Juli 1943 über das Lager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert. Der Transport erreichte das Lager am 16. Juli, dieses Datum wird auch als ihr ihr Todesdatum angegeben.

Ihre Enkeltochter Ruth, die ebenfalls in Westerbork interniert war (sie konnte später entkommen), beschreibt die letzte Begegnung mit ihrer Großmutter: "Da ich tagsüber zur Arbeit ausserhalb des Lagers eingeteilt war, konnte ich sie nur gelegentlich besuchen. Kurz vor ihrer Deportation nach Sobibor war ich noch bei Oma Zis in ihrer Baracke. Sie öffnete eine Konservenbüchse mit Ananas, die sie mit mir teilte, mit den Worten Abschied von der Zivilisation´. Am Morgen, als sie aufgerufen wurde, brachte ich sie zum Viehzug, der im Lager auf seine Opfer wartete. Eine letzte Umarmung, dann musste sie einsteigen und ich musste in meine Baracke zurück. Sie rief noch einmal meinen Namen, Ruth, ich drehte mich um und sie winkte mir zu. Sie wußte genau, dass ihr Leben zuende war."

Stand April 2016

© Ursula Erler

Quellen: 1; 2; 8; StaH, Amt für Wiedergutmachung, 351-11, 27647, 3652; Stadt Mainz vom 28.10.2014, Unterlagen über Franziska Heilbron, geb. Fröhlich; Ursula Wamser/Wilfried Weinke (Hrsg.): Ein Niederländer aus Überzeugung: Bernhard Karlsberg, in: Ehemals in Hamburg zu Hause, Jüdisches Leben am Grindel, Hbg. 1991 S. 189–195; Div. mündliche und Mail-Auskünfte: Ruth Meissner, geb. Karlsberg, USA, Chester, Enkeltochter von Franziska Heilbron, Besuch Mai 2014; Jürgen Sielemann, Recherchen zu Simon Heilbron vom 3.4.2015. Dank: Mein herzlicher Dank geht an Ruth und Harry Meissner (2014 verstorben) für ihre Gastfreundschaft in ihrem Haus in Chester/USA und Erzählungen über die Familie Karlsberg/Heilbron, für die Überlassung von Fotos und der Familienbuch-Kopie. Für ihre Auskünfte danke ich Ramona Weisenberger im Stadtarchiv der Stadt Mainz.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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