Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Johannes Baucke * 1890

Eichenstraße 58 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)

KZ Neuengamme
ermordet 25.2.1945

Erdmann Johannes Baucke, geb. am 17.3.1890 in Hamburg, gestorben am 25.2.1945 im KZ Neuengamme

Eichenstraße 58

Johannes Baucke wurde am 17. März 1890 in Hamburg-Barmbek als eines von elf Kindern des evangelisch-lutherischen Revisionsaufsehers Cäsar Baucke und seiner Frau Catharina Maria, geb. Soldwedel, geboren.

Seit 1922 war Johannes Baucke als Haus- und Finanzmakler in Hamburg tätig. 1929 geriet er erstmals wegen seiner Homosexualität mit dem Gesetz in Konflikt. Am 13. März 1930 wurde er vom Amtsgericht Altona wegen "tätlicher Beleidigung" zu 50 Reichsmark Strafe verurteilt. Am 17. Mai 1933 folgte eine Beleidigungsklage wegen abfälliger Äußerungen über das NS-Regime. Vom Amtsgericht Altona wurde eine Strafe von 60 Reichsmark verhängt.

Johannes Baucke lebte für die Zeit Mitte der 1930er Jahre recht ungewöhnlich und in der NS-Zeit zudem sehr gefährlich in einer Art Wohngemeinschaft in Winterhude mit mehreren Männern, darunter seinem Neffen, dem Exportlehrling Gerhard Baucke, zusammen. Nachdem er und seine Mitbewohner im März 1936 von Nachbarn als Homosexuelle denunziert worden waren, folgten umfangreiche Untersuchungen der Polizei: "... die Junggesellen ... [, die] gemeinschaftlich eine Fünfzimmerwohnung in der Gryphiusstraße bewohnen, standen bei ihren Nachbarn seit längerer Zeit in dem Verdacht, homosexuelle Betätigungen mit jungen Männern [auszuüben]." Vom 8. Mai bis 24. September 1936 befand sich Johannes Baucke deshalb in Untersuchungshaft, zwischenzeitlich kam er sogar vom 18. bis 29. Mai als "Schutzhäftling" ins KZ Fuhlsbüttel. Am 7. August 1936 verhängte das Landgericht Hamburg folgendes Urteil: Wegen Unzucht zwischen Männern nach § 175 muss Johannes Baucke eine dreijährige Gefängnisstrafe verbüßen. Während der bis zum 14. Juni 1939 andauernden Haft im Männergefängnis Fuhlsbüttel unternahm er einen Selbstmordversuch, der missglückte. Seit dem 20. Oktober 1936 wurde über ihn zudem ein gewerbepolizeiliches Berufsverbot verhängt, wonach er nicht mehr als Makler tätig sein durfte.

Nach seiner Entlassung wurde er von seiner Schwester und seinem Schwager, Henry Maack, in deren Wohnung in der Eichenstraße 58, II. Stock, aufgenommen. Im Sommer 1942 geriet er erneut durch eine Denunziation in die Fänge des NS-Verfolgungsapparates und wurde am 11. Juni verhaftet. Der Grund: Er habe in einem Restaurant einem Lehrling ans Gesäß gefasst. Vom 13. bis 17. Juni 1942 wurde vom 24. Kriminalkommissariat, das für "homosexuelle Delikte" zuständig war, eine "Schutzhaft" im KZ Fuhlsbüttel verhängt, bis er in eine reguläre Untersuchungshaft überführt wurde. Am 19. November 1942 wurde er zu einer Gefängnisstrafe wegen "tätlicher Beleidigung" und "Erregung eines öffentlichen Ärgernisses" verurteilt. Die Strafe saß er in Fuhlsbüttel ab.

Auf der Gefangenenkarteikarte des Männergefängnisses Fuhlsbüttel ist vermerkt, dass er nach Strafverbüßung am 12. Juni 1943 über die Polizeibehörde "BK 1" entlassen worden sei. Vermutlich wurde er – wie viele seiner Leidensgenossen – von dort in das KZ Neuengamme gebracht, ohne vorher in Freiheit zu gelangen, denn er trug dort die Häftlingsnummer 22459 was einem Zugang im Juli 1943 entsprach. Aus einem Schreiben des KZ Neuengamme vom 16. März 1944 an die Gesundheitsbehörde Hamburg: "Bei Aufforderung an den Obengenannten [d. i. Johannes Baucke], einen neuen Antrag auf freiwillige Entmannung zu stellen, gibt derselbe an, nicht mehr die Absicht zu haben, sich entmannen zu lassen".

Johannes Baucke ist am 25. Februar 1945, angeblich an einer Lungentuberkulose, im KZ Neuengamme verstorben. An ihn erinnert ein Stolperstein vor seinem letzten freiwillig gewählten Wohnsitz in der Eichenstraße 58.

© Bernhard Rosenkranz(†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaHH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 196/37 und 26/43; 352-12 Gesundheitsbehörde – Sonderakten, Ablieferung 1999/1, Baucke; 241-1 I Justizverwaltung I, 2911; 331-1 II Polizeibehörde II, Ablieferung 15 Band 2; 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferungen 13 u. 16; Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Homosexuellen-Verfolgung, S. 199.

druckansicht  / Seitenanfang