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Alwin Peters * 1892

Klopstockplatz 9–11 (vormals Nr. 27) (Altona, Ottensen)


Verhaftet 1941
Flucht in den Tod
23.06.1941

Alwin Heinrich Otto Peters, geb. am 13.12.1892 in Altona, Suizid am 23.6.1941 in Hamburg

Klopstockplatz (zwischen Hausnummer 9 und 11) (Klopstockplatz 27)

Beamte des 24. Kriminalkommissariats, das in der NS-Zeit in Hamburg mit 25 bis 30 Personen zur Fahndung nach Homosexuellen eingerichtet wurde, "überholten" am 21. Juni 1941 die Öffentliche Bedürfnisanstalt am Altonaer Fischmarkt. Dabei trafen sie den 48-jährigen Alwin Peters an, der, wie es in einem Bericht hieß "in den letzten Monaten fast täglich die Bedürfnisanstalt zur Anbahnung gleichgeschlechtlichen Verkehrs aufgesucht" habe. Der zu dieser Zeit im Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD) im Luftschutz eingesetzte Techniker wurde zwei Tage später um 8 Uhr zur Vernehmung in die Kripo-Dienststelle an der Stadthausbrücke 8 einbestellt, wo auch der Sitz der Gestapo war. Vor Beginn der Vernehmung soll sich Alwin Peters mit einem mitgebrachten Taschenmesser im Vernehmungszimmer 337 eine tiefe Halswunde zugefügt haben. Nach Einlieferung ins Hafenkrankenhaus verblutete er dort um 10.05 Uhr an den Folgen der Durchtrennung der linken Halsseite.

Alwin Peters wurde 1892 in Altona-Ottensen in der Friedensallee 102 in einer Parterrewohnung als Sohn des Maurermeisters Heinrich Wilhelm Rudolph Peters und seiner Ehefrau Elise Alwine Emma, geb. Spanhake, geboren. Er hatte sechs Brüder und zwei Schwestern. Alwin Peters besuchte in Altona die Volksschule, wurde aus der damaligen II. Klasse entlassen und erlernte den Beruf eines Heizungsmonteurs. 1915 wurde er Soldat im Ersten Weltkrieg und in Russland eingesetzt, wo er 1918 in Gefangenschaft geriet. Nachdem er eine Flecktyphus-Erkrankung überstanden hatte, kehrte er im Januar 1919 nach Deutschland in die inzwischen ausgerufene Weimarer Republik zurück. Nach einem Genesungsaufenthalt in einem Lazarett war er bis 1924 als Techniker bei der Zentralheizungs- und Lüftungsanlagenbaufirma R. Noske Nachfolger in Altona beschäftigt. Später war er eine Zeit lang arbeitslos, weil er an einem Nervenleiden infolge von Überarbeitung litt. Als Konditor arbeitete er dann im Geschäft eines Bruders, das jedoch 1930 in Konkurs ging. Nun wechselten sich Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Gelegenheitsarbeiten im Hafen ab. 1932 zog er zu seinem Bruder Emil Peters, 1935 war er bei seiner Mutter in der Holländischen Reihe in Altona-Ottensen gemeldet.

Am 7. März 1935 hielt sich Alwin Peters in einer Nische vor dem Saal bei einer NSDAP-Versammlung in der Altonaer Ausstellungshalle auf, wo er angeblich den 16-jährigen Klempnerlehrling Hans Brüning aus Altona-Stellingen unsittlich berührt und zum Mitgehen aufgefordert haben soll. Nachdem er auf Ablehnung gestoßen war, entfernte er sich von der Ausstellungshalle. Der Jugendliche meldete den Vorgang einem Polizeibeamten und gemeinsam verfolgten sie auf Fahrrädern Alwin Peters. Als sie ihn eingeholt hatten, verhielt sich der Jugendliche als Lockvogel und äußerte nunmehr gegenüber Peters Interesse. Nachdem Alwin Peters erneut "Komm mit!" gerufen hatte, wurde er verhaftet und in Untersuchungshaft verbracht. In einem Prozess vor dem Schöffengericht Altona wurde er am 17. Mai 1935 zu einer sechswöchigen Gefängnisstrafe wegen tätlicher Beleidigung verurteilt. Zwar bestritt er während der Verhandlung die nach seiner Verhaftung gegenüber der Polizei zugegebene Tat, doch glaubte ihm das Gericht nicht, weil noch ein älterer vergleichbarer Vorwurf polizeibekannt war. Am 16. September 1935 wurde er aus dem Gefängnis entlassen.

Bis zu seiner nächsten Verhaftung am 21. Juni 1941 und seinem Tod am 23. Juni verlieren sich seine biografischen Spuren.

Vor seinem letzten frei gewählten Wohnsitz am Klopstockplatz 27, heute ungefähr zwischen den Hausnummern 9 und 11, erinnert ein Stolperstein an sein Schicksal.

Stand September 2015

© Bernhard Rosenkranz (†) / Ulf Bollmann

Quellen: LSH, Abt. 352.1 (Landgericht und Staatsanwaltschaft Altona), Nr. 6792, mit Dank an Dr. Stefan Micheler, der uns Einblick in seine Aufzeichnungen über die von 1933 bis 1937 in Altona geführten Verfahren nach § 175 gab, die im LSH verwahrt werden, Dr. Elke Imberger, LSH, für die Vorbereitung einer Vorort-Recherche; StaH, 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferung 13; StaH 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Sterbefälle, 1070/41; StaH 332-5 Standesämter, 1137 (Eintrag Nr. 388); Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Homosexuellen-Verfolgung, S. 243.

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