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Bereits verlegte Stolpersteine



Samuel Herbert Hirsch * 1906

Hütten 87 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
SAMUEL HERBERT
HIRSCH
JG. 1906
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Hütten 87:
Lea Hirsch

Lea/Laura Hirsch, geb. Rimberg, geb. am 25.3.1880 in Lemberg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Samuel Herbert Hirsch, geb. am 9.4.1906 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Hütten 87 (Hütten 92)

Minna/Czipe Rimberg, geb. am 7.6.1883 in Lemberg, nach einem Übergriff gestorben am 27.12.1941 im Israelitischen Krankenhaus

Peterstraße 36 (Peterstraße 33b)

Die Schwestern Lea und Minna waren in Lemberg, im österreichischen Galizien zur Welt gekommen. Ihre Eltern Meyer (Majer) Simon Bluhstein (geb. 22.9.1854) und Gittel, geb. Flecker (geb. 17.7.1855), hatten 1883 mit ihnen die Heimat verlassen und sich in der Hamburger Neustadt eingerichtet. Hier bekamen sie fünf weitere Kinder: Frieda (geb. 28.3.1886, gest. 5.12.1981 in den USA), Adolf Jacob (geb. 8.6.1888), Hermann (geb. 17.4.1891), David (geb. 28.10.1894, gest. 1979 in den USA) und Alfred (geb. 25.1.1901).

In Hamburg änderte Meyer Simon Bluhstein den Familiennamen in Rimberg und eröffnete 1888 im Neuen Steinweg 84 ein Weisswarengeschäft und einige Jahre später ein "Partiewarenlager" (ein Geschäft für verbilligte Massenartikel und Sonderposten) in der Elbstraße 96 (heute Neanderstraße). Geschäftlicher Erfolg ermöglichte 1904 die Aufnahme der Familie in den Hamburger Staatsverband. 1912 zog sie in die Peterstraße 33b.

Tochter Lea, die Laura genannt wurde, hatte am 30. Dezember 1903 den Hamburger Siegmund Hirsch (geb. 7.10.1879) geheiratet. Der Sohn des Kontoristen Harry Hirsch und Auguste, geb. Levy (Levi), war in der Elbstraße 23 (heute Neanderstraße) zur Welt gekommen und arbeitete als Angestellter in der Getreidegroßhandlung Bacharach.

Das junge Ehepaar zog in die Nähe von Siegmunds verwitweter Mutter Auguste Hirsch in den Grindelhof 75. Ihren ältesten Sohn Harry, geboren am 12. Dezember 1904, benannten sie nach seinem verstorbenen Großvater. Samuel Herbert folgte zwei Jahre später am 9. April 1906. Siegmund Hirsch machte sich selbstständig und meldete 1909 ein Gewerbe als Getreidegroßhändler für Öl-Saaten und Futtermittel an. 1912 erfolgte ein Umzug in die Bornstraße 25.

Als Siegmund Hirsch im Ersten Weltkrieg eingezogen wurde, erhielt Lea die Prokura. Nach Kriegsende wurde das Kontor in die Hamburger Altstadt, Kleine Bäckerstraße 21 verlegt, wo auch Leas Bruder Adolf Rimberg als Makler mit Metallen, Erz und Chemikalien firmierte. 1924 lautete ihre Geschäftsadresse Schauenburgerstraße 26/27.

Im Juni 1933 zog das Ehepaar Hirsch in die Nähe von Leas Vater in die Hamburger Neustadt zurück, nachdem ihre Mutter, Gittel Rimberg, am 15. Dezember 1932 verstorben war. Meyer Simon Rimberg starb am 2. Oktober 1933. Das Ehepaar Hirsch wohnte bis März 1936 in der Straße Hütten 92 und zog dann in die Schäferkampsallee 61, von wo aus Siegmund Hirsch sein Geschäft betrieb. Aufgrund des Boykotts jüdischer Firmen 1933 lief es nicht mehr gut.

Der älteste Sohn Harry hatte die Talmud Tora Schule besucht und eine kaufmännische Ausbildung erhalten. Er erlernte dann "An der Alster" 81 im Buch- und Kunstantiquariat von Frieda Waldschmidt, geb. Hirsch (geb. 6.6.1892), einer Kusine seines Vaters, den Antiquitätenhandel.

Nach einer Geschäftsverlegung an den Holzdamm 26/28 wurde Harry Hirsch 1933 offiziell zum Alleininhaber. Jedoch wurde das Geschäft von einer Gruppe Nationalsozialisten überfallen, die eine wertvolle Handbibliothek aus dem Besitz von Frieda Waldschmidts Vater Julius Hirsch (geb. 2.6.1858) und unersetzliche Familiendokumente, Briefe von Salomon und Heinrich Heine an ihre Großmutter Hendel Hirsch, geb. Heine, vor dem Geschäft in aller Öffentlichkeit verbrannten. Zudem kündigte ihnen die Eigentümerin des Hauses, die Continental Gummiwerke, die Geschäftsräume, "da es sich nicht mit ihrer Einstellung vertrug, Nichtarier im Gebäude zu haben". Zunächst eröffneten Frieda Waldschmidt und Harry Hirsch ein Geschäft in der Gerhofstraße 8, das sie aber im Sommer 1936 aufgrund der antijüdischen Bestimmungen und Verordnungen wieder aufgeben mussten. Kurz darauf emigrierte Harry Hirsch in die USA. Frieda Waldschmidt folgte mit ihrer Tochter Hedwig (geb. 1924) im Oktober 1936.

In New York erhielt Harry Hirsch zwei Briefe aus Hamburg, in denen sein Vater berichtete, er müsse einen Beitrag zur "Judenabgabe" leisten und wisse nicht, woher er das Geld nehmen solle. Von einem "großen Ereignis" schrieb sein Bruder Samuel: Als Zwangsarbeiter durfte er eines Morgens an einem Bahnhof nach Zigarren anstehen.

Samuel Hirsch hatte eine kaufmännische Ausbildung absolviert. 1935 wurde er von der Jüdischen Gemeinde als erwerbslos geführt, im Jahre 1936 als Volontär ohne Vergütung. Bis Mai 1938 war es ihm noch möglich, seinen seit längerer Zeit herzleidenden Vater an der Hamburger Getreidebörse zu vertreten. Dann durften Juden nicht mehr als Makler tätig sein, Samuel Hirsch musste seine "Börsenkarte" abgeben.

Am 25. Mai 1940 starb Siegmund Hirsch im Alter von 61 Jahren. Seine Firma wurde am 15. November 1940 aus dem Handelsregister gelöscht. Lea und ihr Sohn Samuel wohnten noch eineinhalb Jahre in der Schäferkampsallee 61. Am 8. November 1941 wurden sie gemeinsam ins Getto nach Minsk deportiert.

Leas Schwester Czipe Rimberg, Minna genannt, war unverheiratet geblieben. Nach Angaben auf ihrer Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde hatte sie das Geschäft ihres Vaters in der Elbstraße 96 übernommen, wo sie Möbelstoffe vertrieb. 1935 wohnte sie bei ihrer Schwester Lea und ihrem Schwager Siegmund Hirsch. Zuletzt lebte sie, auf sich allein gestellt, im Altenheim "Nordheim-Stift" in der Schlachterstraße 40/42. Ihre jüngeren Geschwister hatten Deutschland bereits verlassen.

Minna Rimberg starb nach einem "Übergriff" am 27. Dezember 1941 im Israelitischen Krankenhaus in der Johnsallee. Ihre Schwägerin Anita Rimberg bezeugte 1971 bei der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel: "Nazis threw her down, broke her legs, she died."

Wie zuvor ihre Eltern fand Minna Rimberg ihre letzte Ruhestätte auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf.

Der Bruder Alfred Rimberg, Inhaber einer Öl-Import Firma in der Grindelallee 79, kehrte nach 1936 von einer Geschäftsreise aus Stockholm nicht mehr nach Hamburg zurück. Seine Ehefrau, die Schneiderin Ides/Edith, geb. Biedak (geb. 1.1.1897 in Lodz), lebte mit ihrem gemeinsamen Sohn Eugen (geb. 28.1.1930) in der Carolinenstraße 6, bis sie im April 1941 über Russland und Japan ebenfalls in die USA emigrierten.

Adolf Jacob Rimberg aus der Hansastraße 59 verließ Deutschland mit seiner Ehefrau Anita, geb. Meyer (19.8.1903 in Plauen) und den Söhnen John David (geb. 10.3.1929) und Felix Justus (geb. 1931) am 10. Februar 1937, nachdem seine Handelsfirma, die "Chemische Industrielle GmbH" in den Colonnaden 49, im Januar 1938 "arisiert" worden war.

Hermann Rimberg besaß seit 1920 in der Elbstraße 107/09 (heute Neanderstraße) ein Tuchlager für Damen- und Herrenstoffe. Ein zweites Geschäft für Fischer- und Berufsbekleidung eröffnete er 1925 in Finkenwärder (heute Finkenwerder) am Norderdeich 20. Ein weiteres für Strumpf- und Damenwäsche befand sich in Uetersen in der Bahnhofstraße. Nach erzwungener Geschäftsaufgabe emigrierte er am zweiten Weihnachtstag 1938 mit seiner Ehefrau Dora (Dwojra), geb. Paigin (geb. 3.9.1898 in Grodno/Russland) und den Töchtern Mary (geb. 19.6.1921) und Vera (geb. 22.6.1931) nach New York. Sohn Max (geb. 4.9.1922) hatte Deutschland schon im Juli 1938 verlassen.

Die Schwester Frieda Hartogsohn, geb. Rimberg, lebte Ende 1938 in Herne/Westfalen, sie emigrierte als letzte der Geschwister am 20. März 1940 über Antwerpen in die USA.

Der Bruder David Rimberg hatte Hamburg bereits als 17-Jähriger verlassen, er wanderte 1912 in die USA aus.

An Siegmund Hirschs jüngere Schwester Martha Dessen, geb. Hirsch (geb. 21.11.1895), erinnert ein Stolperstein in der Schäferkampsallee 29 (s. Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel und Hamburg-Hoheluft-West).


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 9; StaH 351-11 AfW 29188 (Hirsch, Harry); StaH 351-11 AfW 13299 (Rimberg, Hermann); StaH 351-11 AfW 19203 (Kass, Edith, gesch. Rimberg); StaH 351-11 AfW 14078 (Waldschmidt, Frieda); StaH 351-11 AfW 21083 (Rimberg, Dora); StaH 351-11 AfW 10371 (Rimberg, Adolf); StaH 314-15 OPF, F 1998; StaH 314-15 OFP, R 1940/792; StaH 314-15 OPF, F 1997; StaH 314-15 OPF, FVg 3067; StaH 332-7 B III 77214/1904; StaH 332-5 Standesämter 2126 u 1679/1886; StaH 332-5 Standesämter 246 u 2632/1888; StaH 332-5 Standesämter 2760 u 554/1890; StaH 332-5 Standesämter 2255 u 1863/1891; StaH 332-5 Standesämter 3006 u 1380/1903; StaH 332-5 Standesämter 14189 u 3409/1904; StaH 332-5 Standesämter 3370 u 829/1920; StaH 332-5 Standesämter 1008 u 266/1933; StaH 332-5 Standesämter 8174 u 456/1941; StaH 332-5 Standesämter 2347 u 3933/1894; Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer Minna Rimberg (Gedenkblatt); diverse Hamburger Adressbücher; Lohmeyer: Stolpersteine, S. 154; www.ancestry.de (New York, Passagierlisten, 1820–1957 für Frieda Hartogsohn, Zugriff 11.11.2015); www.ancestry.de (Hamburger Passagierliste vom 29.5.1912, David Rimberg, Zugriff 24.5.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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