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Dr. Hans Teppich * 1890

Potosistraße 31 (Altona, Blankenese)


HIER WOHNTE
DR. HANS TEPPICH
JG. 1890
"SCHUTZHAFT" 1943
KZ FUHLSBÜTTEL
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET 31.10.1944

Dr. Hans Teppich, geb. am 18.7.1890 in Königsberg, deportiert nach Theresienstadt am 9.6.1943, am 28.9.1944 nach Auschwitz, dort ermordet

Potosistraße 31

Hans Teppich wurde am 18.7.1890 in Königsberg geboren. Er war Mitinhaber der dortigen Firma F. Teppich, Holzhandlung, in der Gebauhrstraße 14–15, gegründet 1862.
Vermutlich wurde er mit einer Doktorarbeit zum Thema "Die Sicherungsübereignung von Warenlagern", die 1913 in Greifswald veröffentlicht wurde, zum Dr. jur. promoviert.

An 30.12.1921 hatten er und die nichtjüdische Margot, geb. Gottschalk, geheiratet. Das Ehepaar bekam zwei Kinder, geboren 1923 und 1927.

Im Juli 1938 wurde die Holzhandlung "arisiert". Hans Teppichs Anteil ging auf den bisherigen Gesellschafter über, der wenig später an den Oberfinanzpräsidenten in Königsberg schrieb:
"Mit dem 1.8. ds. J. bin ich Alleininhaber der oben genannten Firma … Heil Hitler."

Dieses Schreiben veranlasste die Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidenten, sich für Hans Teppichs Vermögensverhältnisse zu interessieren und die Notwendigkeit einer "Sicherungsanordnung" zu prüfen. Im Zuge dieses Verfahrens wurde zunächst Hans Teppichs gesamtes Vermögen aufgelistet. Da die NS-Stellen als Vorwand für eine Sperrung des Vermögens stets die "Gefahr" einer Auswanderung und damit der Kapitalflucht des Betroffenen annahmen, beteuerte Hans Teppich gegenüber den Behörden, auf keinen Fall auswandern zu wollen. Er wolle vielmehr in Deutschland bleiben und sich von seinen Vermögenserträgnissen ernähren. Dies nützte ihm jedoch nicht.

Am 5.10.1938 verhängte die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten Königsberg gegen ihn und seine Frau eine "Sicherungsanordnung". Damit durfte er über sein Vermögen nur beschränkt und nur mit Genehmigung der Devisenstelle verfügen, bis auf einen festgesetzten Betrag zum Lebensunterhalt, der in ständig neuen Bescheiden reduziert wurde. Das Vermögen beider Eheleute betrug zu dem Zeitpunkt ungefähr eine halbe Million Reichsmark.

Als Begründung für die "Sicherungsanordnung" gab die Devisenstelle an: "Er [Hans Teppich] behauptet, trotz des Ausscheidens aus der Firma Auswanderungsabsichten nicht zu haben, da er Bekannte und Verwandte im Ausland nicht habe und seine beiden Kinder mit Rücksicht auf die arische Abstammung seiner Ehefrau Mischlinge und daher in ihrer Ausbildung im Inland nicht gehemmt seien. Diese Angaben mögen im Moment zutreffen. Dennoch ist nicht abzusehen, ob Dr. Teppich nicht binnen kürzerer Zeit bei Eintritt anderer Verhältnisse seine Auffassung ändert und mit seiner Familie den Wohnsitz nach dem Ausland verlegt. Unter diesen Umständen ist aber, im Hinblick auf die Höhe des flüssigen Vermögens, die Gefahr nicht ausgeschlossen, dass er zu gegebener Zeit versuchen wird, Teile seines Vermögens unter Umgehung der deutschen Devisen-bestimmungen in das Ausland zu verbringen… Andrerseits tritt eine Beschwer[nis] dadurch für Dr. Teppich nicht ein, da ihm sämtliche Erträgnisse seines und seiner Ehefrau Vermögen zur freien Verfügung belassen sind und somit ein Eingriff ins seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorliegt, darüber hinaus darf er damit rechnen, dass ihm bei einer etwa beabsichtigten anderweitigen Anlage seines Vermögens weitgehend Entgegenkommen gezeigt werden wird."

Eine Änderung der Verhältnisse trat sehr bald ein: Das Finanzamt Königsberg verlangte Ende Oktober 1938 von Hans Teppich und Frau Wertpapiere in Höhe von 90.000 Reichsmark als Sicherung für Reichsfluchtsteuer und andere Ansprüche des Deutschen Reichs. Zur selben Zeit verkaufte Margot Teppich das ihr gehörende Grundstück in Königsberg zu schlechten Bedingungen. Nur die Hälfte des Kaufpreises wurde auf das "Sicherungskonto" gezahlt, die andere Hälfte bis 1940 gestundet.

Die Familie Teppich übersiedelte im Dezember 1939 nach Blankenese in die Straße Zur Fernsicht 31 (heute Potosistraße 31) - wohl auch in der Annahme, dass eine Emigration von dort aus eher zu organisieren sei. Damit ging die Zuständigkeit von der Devisenstelle Königsberg auf die Devisenstelle Hamburg über, die die Königsberger Akten übernahm.

Am 9.11.1938 inszenierten die Nationalsozialisten den Novemberpogrom, die "Reichskristallnacht", und verhängten kurz darauf eine "Sühneleistung" für die entstandenen Schäden. Juden deutscher Staatsangehörigkeit sollten mehr als 100.000.000 Reichsmark in mehreren Raten entrichten. Hans Teppich musste im Dezember 1938 weitere Effekten verkaufen, um 20.000 RM seiner ersten Rate dieser "Judenvermögensabgabe" zu zahlen.

Inzwischen wollte er tatsächlich auswandern. Jedoch kam es nicht dazu, denn nun nahm die Devisenstelle Hamburg ihre Arbeit auf: In ihr Visier gerieten jetzt die von Hans Teppich abgeschlossenen Lebensversicherungen sowie die Sparkonten seiner Kinder. Schenkungen von je 30.000 RM an seine Frau und seine Kinder wurden zunächst mit der Maßgabe genehmigt, dass diese ebenfalls als Sperrdepot angelegt wurden. Jedoch verbot die Devisenstelle die Schenkung an die Ehefrau wieder, da die Übertragung von jüdischem Vermögen an den "arischen" Ehepartner nicht zulässig sei.

Am 27.5.1943 wurde die Ehe der Teppichs geschieden.
Am 4.6.1943 bat Hans Teppich um Freigabe von 100.000 RM von seinem "Sicherungskonto" "zwecks Sicherstellung des Unterhalts der Ehefrau und der beiden Kinder anlässlich meiner bevorstehenden Evakuierung." Das machte die Hälfte seines noch vorhandenen Vermögens aus. Diesmal wurde seiner Bitte entsprochen.

Am 9.6.1943 wurde Hans Teppich im Transport VI/7 mit insgesamt 81 Personen nach Theresienstadt deportiert; in der Transportliste steht neben seiner Blankeneser Anschrift: "z.Zt. Haft." War Hans Teppich schon zuvor festgenommen worden?

Von Theresienstadt aus wurde Hans Teppich am 28.9.1943 im Transport Ek nach Auschwitz überstellt und dort ermordet.

Nach seinem Tod wurde die "Sicherungsanordnung" über den seiner Frau übertragenen Vermögensteil aufgehoben. Der andere Teil verfiel dem Deutschen Reich.

Stand: November 2021
© Sabine Boehlich (verstorben 2016)

Quellen: Staatsarchiv Hamburg (StaH) 351-11_12543, _12544, _12546; StaH 314-15 R 1939/0237, R 1940/0039; StaH 213-13_17877, _24783; StaH 621-1/84_119.

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