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Alfred Berend * 1885

Hirtenstraße 58 (Hamburg-Mitte, Hamm)

1943 Auschwitz
ermordet 15.05.1943

Alfred Berend, geb. 15.9.1885, deportiert am 22.4.1943 nach Auschwitz

"Durch eine Eingabe beim damaligen Reichsstatthalter Kaufmann erlangte mein Vater die Vergünstigung, wieder voll arbeiten zu können. 1940 kam er wieder in Verdienst." So gab Dennis-Wolfgang Berend am 1. Mai 1953 zu Protokoll.

Sein Vater, Alfred Berend, geb. 15.9.1885 in Altona, war Kaufmann. 1914 machte er sich in Hamburg selbstständig, übernahm als Angestellter 1922 die Leitung einer Firma in Köln und kehrte 1927 nach Hamburg zurück. Er arbeitete als Verlagsvertreter und Anzeigenvermittler.

Alfred Berend war mit einer "Arierin" verheiratet, Hedwig, geb. Retzlaff, geb. 2.1.1893. Ihre Söhne kamen beide in Hamburg zur Welt, Horst am 19.8.1919, Wolfgang am 1.9.1927; er nannte sich später Dennis. Alfred Berend lebte in einer "privilegierten" Mischehe.

Nach 1933 wechselten Zeiten von Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit. Die Familie zog zweimal wegen unerträglicher Belästigungen durch NS-Angehörige um, bis sie in der Hirtenstraße 56 bei dem Italiener Pastorino eine Mietwohnung fand, in der sie bis zur Zerstörung im Feuersturm 1943 wohnen konnte.

Alfred Berend besuchte die Synagoge, erzog jedoch seine Söhne nicht religiös. 1933 bat er die Jüdische Gemeinde um Unterstützung, wurde aber abgewiesen, da er mit einer Christin verheiratet sei. In der Antwort darauf betonte er, er sei seit 17 Jahren glücklich mit ihr verheiratet und sei verwundert, "nicht als vollwertiger Jude angesehen" zu werden. Ein in den USA lebender Schwager half aus.

Alfred Berend wollte mit der Familie auswandern, doch seine Frau zögerte. Der ältere Sohn Horst diente zunächst bei der Wehrmacht, wurde dann aber als "Halbjude" entlassen und verrichtete Zwangsarbeit.

1938 endete mit der Entlassung beim Verlag Bruno Sachse in Hamburg die letzte Tätigkeit Alfred Berends, bis sich 1940 eine neue Möglichkeit auftat: Hedwig Berend meldete ein Gewerbe als Verlagsvertreterin und Anzeigenvermittlerin an mit dem Hinweis, dass sie das Gewerbe ihres Ehemannes übernehme. Dieser arbeitete nun im Betrieb seiner Frau, allerdings nur im Innendienst. Sie hatten 1941 und 1942 ein gutes Auskommen.

Zu den allgemeinen Repressalien kamen noch Spannungen durch die Großmutter mütterlicherseits hinzu, die eine Nationalsozialistin war. Die Familie war ständig antisemitischen Anwürfen durch Nachbarn, Lehrer und Kameraden ausgesetzt. Wolfgang besuchte trotz aller Widrigkeiten die Kirchenpauer-Oberrealschule bis 1943; dann wurde er zu Fabrikarbeit u. a. bei dem Schreibmaschinenhersteller "Olympia" herangezogen. Er verließ Deutschland nach dem Krieg, wie auch sein Bruder Horst.

Am 27. Februar 1943 wurde Alfred Berend durch die Gestapo in "Schutzhaft" genommen und ins KZ Fuhlsbüttel verbracht. Interventionen der Ehefrau und des älteren Bruders, der bei der Wehrmacht diente, nützten nichts. Alfred Berend wurde am 22. April 1943 nach Auschwitz deportiert und starb dort am 15. Mai 1943. In der Totenliste 1943 wurde er mit der Nummer 1937 vermerkt. Die Sterbeurkunde vom Standesamt Auschwitz datierte vom 15. Juni 1943.

Hedwig Berend blieb in Deutschland und starb 1967 in Hamburg.

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 5; 8; StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, o. Sign. Mitgliederzählung der DIGH 1928; 390 Wählerverzeichnis 1930; 391 Mitgliederliste 1935; BA Bln., Volkszählung 1939; AfW 150985; Michael Nüssen: Zusammenfassung des Interviews mit Dennis Berend: Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg, Werkstatt der Erinnerung; Beate Meyer, "Jüdische Mischlinge". Rassenpolitik und Verfolgungserfahrung 1933–1945, Hamburg, 2. Aufl. 2002, S. 61f.

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