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Gruppe von Bewährungssoldaten, x: Max Blaeser
Gruppe von Bewährungssoldaten, x: Max Blaeser
© StaH

Max Blaeser * 1909

Wichernsweg 28 (Hamburg-Mitte, Hamm)


HIER WOHNTE
MAX BLAESER
JG. 1909
VERHAFTET 1933
ZUCHTHAUS FUHLSBÜTTEL
1942
BEWÄHRUNGSBATAILLON 999
TOT 4.5.1943
TUNESIEN

Weitere Stolpersteine in Wichernsweg 28:
Rudolf Lindau

Max Blaeser, geb. 27.6.1909 in Lüdenscheid, Tod am 4.5.1943 beim Einsatz im Bewährungsbataillon 999 in Tunesien

Wichernsweg 28

In den 1930er Jahren diente die Wohnung von Max und Martha Blaeser im Wichernsweg 28 als Anlaufstelle für politische Widerständler, bis sie im Feuersturm am 27./28. Juli 1943 während der "Operation Gomorrha" durch die britische Luftwaffe zerstört wurde.

Max Blaeser stammte aus Westfalen und war im Alter von knapp vier Jahren nach Hamburg gekommen. Seine Eltern, der Kaufmann Peter Paul Blaeser, geb. am 3.1.1881 in Winkhausen bei Altena, und Anna, geb. Brieden, geb. 3.11.1883 in Lüdenscheid, waren beide römisch-katholisch. Sie hatten am 11. Januar 1904 geheiratet.

Max war das jüngste ihrer vier Kinder, von denen bei seiner Geburt am 27.6.1909 in Lüdenscheid nur noch die beiden älteren lebten: Peter Paul, am 6.6.1904 in Lüdenscheid geboren und Tochter Apolonia, die am 31.7.1905 in Winkhausen zur Welt kam. Die Familie war im April 1905 nach Hagen gezogen, kehrte aber am 4.1.1907 nach Lüdenscheid zurück, wo sie die nächsten sechs Jahre blieb. Dort kam am 14.2.1908 eine weitere Tochter, Anna Maria Clara, zur Welt, die mit nur sieben Monaten verstarb. Paul und Apolonia wurden noch in Lüdenscheid eingeschult.

Im Frühjahr 1913 zog die Familie nach Hamburg. Sie fand in der Süderstraße im Arbeiterquartier Hammerbrook vorübergehende Unterkunft, bis sie sich 1916 in der Billstraße 94 in Rothenburgsort niederließ, wo sie die nächsten ca. sieben Jahre wohnte. Die Erwähnung einer Kriegsbeschädigung auf Peter Blaesers Sterbeurkunde lässt darauf schließen, dass er am Ersten Weltkrieg teilnahm. In den Adressbüchern ist er zunächst als Packer und ab 1920 als Kaufmann eingetragen.

Max wurde zu Beginn des Ersten Weltkriegs eingeschult und besuchte wie seine Geschwister die Volksschule. Er schloss sie 1923 nach acht Jahren regulär mit Klasse 1 ab, ohne jedoch eine Lehre anzuschließen. Stattdessen verdingte er sich als Bauarbeiter und Steinträger.

Familie Blaeser zog nach dem Ende der Inflationszeit in die Eiffestraße 543 in Hamburg-Hamm. Paul heiratete 1928 die ein Jahr jüngere Dora Kludasch aus Wilhelmsburg. Aus ihrer Ehe ging eine Tochter hervor, jedoch scheiterte die Ehe bereits 1930.

Max Blaeser liierte sich mit der drei Jahre älteren Martha Selma Stooff, geb. am 28.9.1906 in Hamburg. Ihr erstes Kind, Hans-Werner, wurde vorehelich geboren (5.2.1929). Sie heirateten nach Ende der Weltwirtschaftskrise, in der Max Blaeser zeitweise arbeitslos war. Nach der Eheschließung am 7. März 1931 kamen die beiden Töchter Marianne (11.5.1931) und Margot (8.4.1934) zur Welt. Die Familie wohnte ebenfalls in der Eiffestraße 543.

Max Blaeser hatte sich der KPD und dem Roten Frontkämpferbund sowie der Roten Hilfe angeschlossen. Er kurierte gerade eine Grippe aus, als er am 5. Dezember 1933 aus dem Krankenbett heraus in "Schutzhaft" genommen und nach Fuhlsbüttel verbracht wurde, von wo er in Untersuchungshaft überführt wurde. Die Anklage lautete auf "Vorbereitung zum Hochverrat". Sein Verfahren gehörte zu einem größeren Prozess, der unter der Bezeichnung "Hahn und Genossen" (0 IV 60/34 (22)) beim Oberlandesgericht Hamburg geführt wurde. Max Blaeser wurde am 12. Juni 1934 zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, die er in Fuhlsbüttel vom 12. Juni 1934 bis zum 22. Juli 1936 verbüßte. Mit der Zuchthausstrafe war verbunden, dass er hinfort als wehrunwürdig galt. Während seiner Haftzeit erhielt die Familie eine wöchentliche Wohlfahrtsunterstützung von 22 RM einschließlich der Miete.

Nach seiner Entlassung kehrte Max Blaeser in das Arbeits- und Familienleben zurück. Er fand eine Anstellung als Steinträger im Akkord bei dem Hoch- und Tiefbauunternehmen Max Treudler in Wandsbek. Offenbar betätigte er sich nicht weiter illegal.

Am 15.12.1937 wurde der zweite Sohn, Max, geboren, und schließlich eine weitere Tochter, Marion (17.11.1940). Max Blaeser war mit seiner Familie und seinem Bruder Paul inzwischen in den Wichernsweg 28, Hs. 9, gezogen.

Im Hause Blaeser trafen sich Kommunisten aus Hamm und Horn in einem Gesprächskreis, wie aus deren vorliegenden Biographien hervorgeht. Daran beteiligten sich Oswald Laue aus der Döhnerstraße 44, dessen Schwager Richard Sieverts, Albert Malachowski und Rudolf Lindau, der mit Lieselotte Schlachcis verlobt war, Walter Medau, Süderstraße 320, Paul Styrnal, Horner Landstaße 204 mit seinen Horner Genossen Kurt Vorpahl, Snitgerstieg 3, und John Trettin, Horner Landstraße 416 (Dieser gehörte adressmäßig zu Billstedt.)

Paul Styrnal zog 1940/41 mit seiner Familie bei Blaesers ein. Rudolf Lindau war kurzzeitig auch dort gemeldet. Über die Inhalte der Gespräche ist nichts bekannt.
(An Laue, Malachowski, Lindau und Medau erinnern in Hamburg Stolpersteine, Biographien zu Styrnal, Vorpahl, Schlachcis und Trettin siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Der Vater Peter Blaeser starb am 20. Oktober 1939 im Alter von 58 Jahren in seiner Wohnung in der Wandsbeckerchaussee 181 (heute: Wandsbeker Chaussee) bei seiner Tochter Apolonia, verheiratete Rump.

Im Kriegswinter 1941/42 hatte die deutsche Wehrmacht nach dem erfolglosen Angriff auf Moskau im Osten unerwartet hohe Verluste erlitten. Um diese ausgleichen zu können, wurden bislang als "wehrunwürdig" Eingestufte als "bedingt wehrwürdig" einberufen. Am 2. Oktober 1942 erließ das Oberkommando der Wehrmacht die Verfügung über die Aufstellung der "Bewährungs- oder Strafbataillone 999".

Bereits zum 15. Oktober 1942 begannen die Einberufungen auf den Heuberg, einen riesigen militärischen Komplex auf der Schwäbischen Alb zwischen Sigmaringen und Tuttlingen. Er war im 19. Jahrhundert als Kaserne und Manöverübungsplatz eingerichtet worden und diente nach der Machtübergabe an Hitler als Schutzhaftlager mit Kurt Schumacher als prominentestem Häftling. SA und RAD nutzten die Einrichtungen, bis der Heuberg zur Ausbildungsstätte für die Bewährungseinheit 999 wurde.

Max Blaeser rückte am 30. Oktober 1942 auf dem Heuberg ein und erhielt die Feldpostnummer 48 539, die ihn als Angehörigen dieses Bewährungsbataillons 999 und des afrikanischen Schützenregiments 961 bzw. 962 auswies. Seine Familie erhielt eine monatliche Unterstützung seitens der Wehrmacht von 274 RM.

Sein Bataillon wurde Ende März 1943 in Nordafrika eingesetzt. Der Kommandant seiner Einheit verlor am 22. April 1943 den Kontakt zu ihm und vermutete, dass er in englische oder amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten sein könne, wie er am 7. Juni 1943 an Martha Blaeser schrieb. Zu dem Zeitpunkt lebte Max Blaeser jedoch schon nicht mehr. Er starb am 4. Mai 1943 beim Verlegen von Tellerminen oder beim Minenräumen und wurde in Pond du Fahs beigesetzt. Dort, 55 km südwestlich von Tunis, hatte die deutsche Luftwaffe einen Flugplatz unterhalten, bis dieser von den Alliierten eingenommen wurde.

Im Juli 1943 wurde Martha Blaeser ausgebombt und bezog mit ihren fünf Kindern ein Behelfsheim von 16 qm Fläche in Hamburg 24, Bille 1, Parzelle 15.

Die Nachricht vom Tod ihres Mannes erhielt Martha Blaeser im Dezember 1943. Erst jetzt bezog sie eine Witwenrente von 360 RM monatlich. Das genaue Todesdatum erfuhr sie aus einem Schreiben vom 14. März 1944 des für das Bewährungsbataillon zuständigen Arbeitsstabs Stalingrad und Tunis beim Wehrkreiskommando V Stuttgart.

Martha Blaeser starb am 29. Dezember 1977 im Allgemeinen Krankenhaus Eilbek im Alter von 71 Jahren.

Stand: August 2021
© Hildegard Thevs

Quellen: Hamburger Adressbücher; StaHH 213-13, Wiedergutmachung, 32708, darin DER SPIEGEL 27. März 1951 mit Foto; 332-5 Standesämter, 7524-7/1978; 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 31479, 34968; VAN 1968; Gedenkstätte Neuengamme, Archiv, VVN B 31; Stadtarchiv Lüdenscheid, EMK 1899-1920; Mitteilungen von Angehörigen, Juli 2021.

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