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Walter Zeinhofer * 1905

Gerade Straße 17 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
WALTER ZEINHOFER
JG. 1905
ENTRECHTET / GEDEMÜTIGT
VERHAFTET 1942
ZUCHTHAUS HAMELN
ERMORDET
20.1.1945

Karl August Walter Zeinhofer, geb. am 2.3.1905 in Hamburg, mehrfach inhaftiert, gestorben am 20.1.1945 im Zuchthaus Hameln, Außenlager Holzen bei Eschershausen

Stadtteil Harburg-Altstadt, Gerade Straße 17

Der Arbeiter Walter Zeinhofer wurde am 2.3.1905 in Hamburg geboren. Da sein Vater, der Werkmeister Josef Zeinhofer, Österreicher war, erhielt er automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft. Nach dem frühen Tod seiner Mutter Frieda, geb. Koch, ging der Vater eine zweite Ehe ein, aus der ein 21 Jahre jüngerer Halbbruder Alfred entstammte. Zu allen Familienmitgliedern hatte Walter Zeinhofer ein gutes Verhältnis. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung, die er 1923 beendete. Anschließend schlug er sich wegen Arbeitsmangels im kaufmännischen Bereich als ungelernter Arbeiter in einer Stanniolfabrik durch.

Wegen seiner Homosexualität kam Walter Zeinhofer dreimal mit dem Gesetz in Konflikt, bevor mit dem Urteilsspruch von 1942 indirekt sein Todesurteil gefällt wurde: 1934 wurde er des Nachts von einem Polizeibeamten mit einem Sexualpartner auf einer öffentlichen Bedürfnisanstalt am Sievekingplatz überrascht. Wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" hatte er 60 RM zu zahlen; 1936 und 1939 folgten Verurteilungen wegen "widernatürlicher Unzucht" nach § 175 zu drei Monaten bzw. einem Jahr Gefängnis, die er u. a. im Strafgefängnis Glasmoor absaß. Zudem wurde er am 12. November 1936 aus Deutschland in seine "Heimat" nach Österreich ausgewiesen, wo er in einer Metallmöbelfabrik tätig war. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich wurde er automatisch deutscher Staatsbürger und kehrte in seine Geburtsstadt Hamburg zurück.

Nach der Vernehmung einer seiner Partner geriet Walter Zeinhofer Ende Januar 1942 erneut in die Fänge der Nationalsozialisten. Der im Verlauf des Verfahrens zur Begutachtung herangezogene Gerichtsarzt Hans Koopmann stellte eine ungünstige Prognose auf und plädierte – wie bei zahlreichen anderen Homosexuellen auch – für eine "freiwillige" Kastration und Sicherungsmaßnahmen. Am 30. Juni 1942 verurteilte das Landgericht Hamburg Walter Zein­hofer als "gefährlichen Gewohnheitsverbrecher" wegen Vergehens gegen § 175 in sechs Fällen zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe mit anschließender "Sicherungsverwahrung".

Walter Zeinhofer musste als Strafgefangener und ab 28. Januar 1944 als "Sicherungsverwahrter", Zwangsarbeit für die Rüstungsproduktion leisten. In Holzen bei Eschershausen ent­stand ein Außenlager des Zuchthauses Hameln mit ca. 280 Insassen. Dort sollten Asphaltstollen unter Tage für mehrere Rüstungsbetriebe entstehen. Das Projekt trug den Tarnnamen "Hecht". Ab Juni 1944 wurde das Zuchthaus Hameln im Rahmen der totalen Kriegsführung zum Rüstungsbetrieb erklärt. Für die Häftlinge bedeutete das ein Schreibverbot und eine zunehmende Verschlechterung der Ernährungslage mit folgenden Epidemien. Am 20. Januar 1945 kam Walter Zeinhofer im Zuchthaus Hameln, Außenlager Holzen bei Eschershausen, mit knapp 40 Jahren offiziell an "Herzschwäche" zu Tode.

Da der letzte frei gewählte Wohnsitz von Walter Zeinhofer in der Geraden Straße 17 in Harburg war, erinnert dort ein Stolperstein an sein Schicksal. Durch Presseveröffentlichungen anlässlich der Verlegung des dortigen Stolpersteins kam die Initiative "Gemeinsam gegen das Vergessen – Stolpersteine für homosexuelle NS-Opfer" in Kontakt mit dem Halbbruder Alfred Zeinhofer. Dieser war als einer der wenigen namentlich be­kannten Angehörigen dieser Opfergruppe Ehrengast bei der am 26. April 2008 in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme eröffneten Ausstellung zur Homosexuellen-Verfolgung in Hamburg.

© Bernhard Rosenkranz(†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 3288 und 4914/42; 331-1II Polizeibehörde II, Abl. 15, Band 2; 242-1II Gefängnisverwaltung II, Abl. 13, 16, 1998/1; Auskunft Rainer Hoffschildt, Hannover von 2008 mit besonderem Dank für den Hinweis auf die Grabstelle; Rosenkranz u. a., Homosexuellen-Verfolgung, S. 268.

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