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Mirjam Bloch (geborene Zwy Ballin) * 1861

ABC-Straße 12 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
MIRJAM BLOCH
GEB. ZWY BALLIN
JG. 1861
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
ERMORDET 20.3.1943

Mirjam Bloch, geb. Zwy-Ballin, geb. am 10.12.1861 in Aurich, Ostfriesland, deportiert am 24.2.1943 nach Theresienstadt, dort gestorben am 20.3.1943

ABC-Straße 12

Mirjam Bloch kam als Tochter des Zwy Moses, genannt Hermann Ballin (geb. 31.12.1829) und seiner Ehefrau Gütel/Julie, geb. Hoffmann (geb. 3.5.1840) am 10. Dezember 1861 im ostfriesischen Aurich zur Welt. Acht Jahre später eröffnete ihr Vater in Hamburg, am Neuen Wall 66, die Firma Thomsen & Ballin, "Fabrik von Arbeiterhemden, Lager von Tricotagen und Strumpfwaren". Später erfolgte ein Umzug des Unternehmens zum Rödingsmarkt 79. Mirjam wurde Marie genannt, sie und ihre Geschwister Dine/Bernhardine (geb. 11.3.1860, gest. 28.6.1932), Manoch/Eduard (geb. 26.2.1865) und Keyle/Agnes (geb. 10.4.1869) wuchsen in der Grindelallee 60 und an der Drehbahn 66 auf. Der Bruder Manoch/Eduard heiratete 1903 in Berlin Gertrud Rosenberg (geb. 6.11.1881 in Wien) und lebte dann als Kaufmann in Berlin-Schöneberg.

Am 10. Juni 1893 heiratete Mirjam in Hamburg Hermann Bloch (geb. 4.5.1862). Der aus dem oldenburgischen Vechta stammende Kaufmann wohnte zum Zeitpunkt der Eheschließung in Kiel. Dort kam am 23. März 1894 der gemeinsame Sohn Siegfried zur Welt. Das Ehepaar Bloch ließ sich dann in Hamburg nieder. Seit 1900 wohnte es in der ABC-Straße 12. Hermann Bloch war Briefmarkenhändler, zunächst an der Bleichenbrücke 16, später im 3. Stock des Kaufmannhauses Große Bleichen 31a, Ecke Bleichenbrücke 25/29 und um 1928 in der Kaiser-Wilhelm-Straße 57. Seine Halbschwester Dora Bloch (geb. 8.7.1884) war an dem Unternehmen beteiligt.

Als Hermann Bloch am 8. Oktober 1930 verstarb, lief das Geschäft bereits nicht mehr gut, und so musste Dora Bloch eine Zuwendung von monatlich 100 Reichsmark an ihre verwitwete Schwägerin Mitte 1931 wieder einstellen. Mirjams Sohn, der Prokurist Siegfried Bloch, war im Alter von 21 Jahren, am 24. April 1915, als Soldat bei St. Remy in Frankreich getötet worden. Deshalb bezog sie eine kleine "Elternrente", die ihren Lebensbedarf aber nicht deckte.

Ehemalige Geschäftsfreunde ihres verstorbenen Ehemannes unterstützten sie gelegentlich bei der Mietzahlung. Um die Wohnung nicht zu verlieren, nahm sie zunächst den geschiedenen nichtjüdischen Mann ihrer Nichte, Hermann Bruns, als Untermieter bei sich auf. Ihre Nichte Elsa Bruns, geb. Hirsch (geb. 11.6.1890), war die Tochter ihrer Schwester Bernhardine Hirsch. Anfang 1933 zog Mirjam Bloch mit ihrer Nichte in die Brennerstraße 5 in den Stadtteil St. Georg.

Mirjam Bloch beschloss 1934 zu ihrer im Vorjahr verwitweten Schwester Agnes Hirschberg nach Bremen zu ziehen, realisierte ihr Vorhaben aber nicht. Sie blieb bei ihrer Nichte und deren Verlobten im Grindelhof 65. Es folgten verschiedene Adressen zur Untermiete wie Grindelallee 93, Hartungstraße 18 und Bogenallee 5. In ihrer Unterkunft in der Bornstraße 7 erlitt Mirjam Bloch am 20. April 1939 einen Schlaganfall und wurde ins Israelitische Krankenhaus eingewiesen. Nach ihrer Entlassung fand sie Aufnahme im Altenheim "Nordheim-Stift" in der ehemaligen Schlachterstraße 40/42.

Erneute Herzprobleme zwangen sie zu einer weiteren stationären Behandlung. Am 24. Februar 1943 wurde Mirjam Bloch, 82-jährig, aus dem "Judenhaus" in der Beneckestraße 6 nach Theresienstadt deportiert, wo sie knapp einen Monat später am 20. März 1943 verstarb.

Ihre Schwester Agnes Hirschberg wurde am 23. Juli 1942 von Bremen über Hannover nach Theresienstadt deportiert. Sie starb am 7. Oktober 1942. In der Faulenstraße 45 in Bremen erinnern seit September 2014 drei Stolpersteine an Agnes Hirschberg, ihre Tochter Irma Hirschberg (geb. 22.10.1899) und Enkelin Ilse Laufer (geb. 14.7.1926).

Die Nichte Elsa Bruns wurde am 6. Dezember 1941 aus der Klosterallee 7 nach Riga-Jungfernhof deportiert. Ihr Verlobter befand sich zum Zeitpunkt ihrer Deportation in Haft. Er war im Dezember 1939 vom Landgericht Hamburg zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er als "Arier" mit einer Jüdin zusammengelebt hatte. Elsa Bruns’ weiteres Schicksal in Riga ist unbekannt, sie galt nach dem Krieg als verschollen.

Mirjams Schwägerin Dora Bloch hatte die Briefmarkenhandlung 1932 aufgegeben und war in ihre Heimat nach Vechta zurückgekehrt. Dort betrieben ihre Halbschwester Johanne/Hanna (geb. 11.6.1866, gest. 26.12.1936) und ihre Schwester Sara Bloch (geb. 7.9.1877) ein Textilwarengeschäft in der Großen Straße 71, das sie von ihrem verstorbenen Vater Adolf/Abraham Bloch (geb. 17.5.1834 in Twistringen, gest. 15.4.1917 in Vechta) übernommen hatten. Während des Novemberpogroms 1938 wurde das Geschäft geplündert. Doras Hoffnung, mit zwei weiteren Schwestern Meta (geb. 22.11.1881) und Helene Bloch (geb. 22.3.1879), die in Hameln in der Osterstraße 36 ein Weißwaren- und Korsettgeschäft betrieben hatten und 1937 nach Vechta zurückgekehrt waren, zu ihrem Bruder Simon (geb. 12.3.1876) in die USA zu emigrieren, erfüllte sich nicht. Ihnen blieb nur noch der Umzug nach Bremen, wo in der Faulenstraße 48 ein weiterer Bruder, der Schuhhändler Albert Bloch (geb. 26.3.1874) mit seiner Ehefrau Else, geb. Gusdorf (geb. 24.3.1881 in Detmold), lebte.

Am 18. November 1941 wurden sie gemeinsam von Bremen über Hamburg ins Getto Minsk deportiert. Sie sollen sich am 28. Juli 1942 unter den arbeitsunfähigen Gettobewohnerinnen und -bewohnern befunden haben, die an diesem Tag ermordet wurden. Stolpersteine in Vechta, Hameln und Bremen in der Faulenstraße 48 erinnern an sie. Die Geschichte der Familie Bloch ist in dem Buch von Ulrich Behne "Die Viehhändlerfamilie Gerson und das Schicksal der jüdischen Gemeinde zu Vechta" detailliert nachzulesen.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; StaH: 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 990 (Bloch, Mirjam); StaH: 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1002 (Bruns, Elsa); 213-1 OLG Abl. 8, 143E, L4c; StaH 332-5 Standesämter 8560 u 222/1893; StaH 332-5 Standesämter 723 u 741/1915; StaH 332-5 Standesämter 9054 u 752/1890; StaH 332-5 Standesämter 990 u 1095/1932; StaH 332-7B III 1933/1870; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 374; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 3; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 5; Hamburger Börsenfirmen, 1923, S. 100; Behne: Schicksal, S. 38f., S. 108, S. 184, S. 219; www.online-ofb.de (Zugriff 3.4.1912); http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_411118.html (Zugriff 25.1.2015); http://www.stolpersteine-bremen.de/detail.php?id=641 (Zugriff 6.3.2016); http://www.geschichte-hameln.de/gedenkbuch/dokumentation/indexgb.php?p=suche (Zugriff 8.11.2016); www.ancestry.de (Heiratsregister Manoch Zwy Eduard Ballin und Gertrud Rosenberg 1903 in Berlin, Zugriff 28.4.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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