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Hermann Breslauer * 1900

Parkallee 4 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
HERMANN
BRESLAUER
JG. 1900
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Weitere Stolpersteine in Parkallee 4:
Selma Breslauer, Hermann Cerini

Hermann Breslauer, geb. am 22.4.1900 in Kiel, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk und dort ermordet
Selma Breslauer, geb. Kahn, geb. am 1.10.1910 in Bamberg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk und dort ermordet

Parkallee 4

Hermann Bernhard Breslauer (genannt Harry) wurde am 22. April 1900 in Kiel als Sohn von Fritz (Jg. 1871) und Elsa Breslauer, geborene Grünfeld/Grünfeldt (Jg. 1875) in einer jüdischen Familie geboren (Biographien siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Er hatte eine Schwester: Käthe (geb. 29.11.1902).

Hermann Breslauer wohnte mit seinen Eltern und seiner Schwester bis 1907 in Kiel und seit 1915 in der Rostocker Straße 44 in Hamburg-St. Georg. Über den Wohnort von Hermann Breslauer und seiner Familie in der Zeit von 1908 bis 1914 ist uns nichts bekannt. Sein Vater war sowohl als Kaufmann in der Textilbranche tätig als auch als selbständiger Vertreter von Textilfirmen. Seine Mutter war nicht berufstätig.

Über die Kindheit und Jugendzeit, den schulischen und beruflichen Werdegang von Hermann Breslauer ist uns nichts bekannt.

Freunde, die die Familie Fritz Breslauer seit 1927 kannten, berichteten im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens, dass die Familie Fritz Breslauer in Hamburg ein gutbürgerliches Leben führte, sehr sparsam lebte, Rücklagen für das Alter bildete und beiden Kindern eine gute Erziehung an höheren Schulen ermöglichten. Sie erinnerten sich an eine 4-5-Zimmer-Wohnung, die gutbürgerlich mit einigen antiken Möbelstücken ausgestattet war, und das reiche Tafel- und sonstige Ziersilber, das in Schränken mit Glasfenstern aufbewahrt wurde. Die Freunde gaben an, dass ihnen die antiken Möbelstücke außerordentlich wertvoll erschienen und das antike Silber von Elsa Breslauer in die Ehe gebracht worden sei.

Hermann Breslauer hatte am 2.3.1922 sein Gewerbe "Kaufmann Textilien Großhandel" in der Rostocker Straße 44 angemeldet. Er wurde von Freunden der Familie als ein Mann von stattlichem gutem Aussehen, gefälligem Wesen und anderen persönlichen Eigenschaften beschrieben, die ihm offenbar in seinem Geschäftsleben sehr nützlich waren. Hermann arbeitete sowohl als selbständiger Kaufmann als auch in Anstellung. Sein durchschnittliches Einkommen – so wurde es im Nachhinein errechnet – betrug 2.028 RM pro Jahr.

Ab 1939 unterstütze Hermann Breslauer seine inzwischen mittellosen Eltern finanziell.

Hermann Breslauer heiratete am 4.2.1941 Selma Kahn (geb. 1.10.1910 in Bamberg). Ihre jüdischen Eltern waren Samuel Kahn (Jg. 1872) und Flora Kahn (Jg. 1878), geb. Himmelreich, die in Bamberg einen Handel mit chemisch-technischen Produkten betrieben. Selma hatte eine ältere Schwester: Else (geb. 4.1.1905). 1937 war Selma Kahn mit ihrer Schwester Else von Bamberg nach Hamburg gezogen.

Selma Breslauer arbeitete bis 1941 in Hamburg als Haushälterin. Sie wohnte zusammen mit ihrer Schwester Else zur Untermiete im Grindelweg 74 und in der Parkallee 8.

Nach der Heirat 1941 wohnte das Ehepaar Selma und Hermann Breslauer in der Parkallee 4 bei Cerini (Biographie siehe www.stolpersteine-hamburg.de) zur Untermiete. Das Ehepaar blieb kinderlos.

Hermann und Selma Breslauer wurden am 8. November 1941 nach Minsk deportiert und dort an einem nicht genauen Zeitpunkt ermordet.

Hermann Breslauers Eltern Fritz und Elsa Breslauer mussten 1941 in das "Judenhaus" Bundesstraße 35 umziehen. Von den Deportationen im Herbst und Winter 1941 waren sie als über 65jährige verschont geblieben. Doch am 15. Juli 1942 erhielten sie den Befehl zur ersten Deportation aus Hamburg in das "Altersgetto" Theresienstadt.

Elsa Breslauer starb am 20. Mai 1943 in Theresienstadt. Fritz Breslauer folgte ihr am 9. August 1943. Auf seiner Todesbescheinigung hatten die jüdischen Ärzte als Krankheiten Lungen-TBC und eine Darmentzündung angegeben, als Todesursache eine Lungenentzündung.
Beider Namen sind auf der 2020 angebrachten Erinnerungstafel an der Hamburger Sternschanze nachzulesen, die an die Deportation am 15.7.1942 erinnert.

An das Ehepaar Fritz und Elsa Breslauer erinnern in Hamburg Stolpersteine in der Rostocker Straße 44.

Selma Breslauers Vater verstarb am 11.4.1941 in Bamberg. Ihre Mutter Flora Kahn wurde bald darauf am 27.11.1941 nach Nürnberg und von dort nach Riga deportiert. Die meisten aus Bamberg nach Riga-Jungfernhof deportierten Menschen wurden dort in den umliegenden Wäldern erschossen.

Selma Breslauers Schwester Else Kahn arbeitete zunächst als Hausgehilfin in Hamburg und verzog dann am 24. April 1941 nach Berlin-Tiergarten, wo sie Rudi/Rudolf Pottlitzer (geb. 27.4.1894 in Bromberg, poln. Bydgoszcz) heiratete. Else und Rudi Pottlitzer wurden am 25. Januar 1942 aus Berlin nach Riga deportiert. Die letzte Spur von Else Pottlitzer findet sich am 24. August 1943 im Getto Riga, die von Rudi Pottlitzer am 7. April 1943 ebendort. Wann und wo sie ermordet worden sind, ist nicht bekannt.

An Flora Kahn und ihre Töchter Selma Breslauer und Else Pottlitzer erinnern Stolpersteine in der Austraße 23 in Bamberg und die dazugehörigen Biographien (siehe www.stolpersteine-bamberg.de).

Hermann Breslauers Schwester Käthe war die einzige Überlebende der Familie Fritz Breslauer. Sie hatte in Berlin Kurt Loewenstein geheiratet, einen Künstler in der Reklamebranche. Als Künstler hatte er seinen Namen schon vor Beginn der Verfolgung von Loewenstein in Laps geändert. Die letzte Wohnadresse war in Berlin Schmargendorf, Ladeckenstr. 10. 1933 wanderten sie nach Holland aus, wo sie später untertauchen mussten. So überlebten sie und wohnten zuletzt in Amsterdam, Helmerstraße 137 II. 1947 wanderten sie nach Norwalk, Connecticut (USA) aus. Käthe Laps nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und war dort als Hausgehilfin tätig, während ihr Mann Kurt krank und arbeitslos war. Käthe ließ sich später von Kurt Laps scheiden und heiratete 1957 George Lyman Paine und führte den Namen Kate Paine. Sie lebte in 6, Channing Place, Cambridge, Massachusetts. Beide Eheleute gehörten in den USA der religiösen Gemeinschaft der Quäker an.

Kate Paine litt lebenslang unter dem Schicksal ihrer Familie. 1957 war sie deswegen bereits so schwer erkrankt, dass ihr behandelnder ihr dringend nahelegte, sich nicht weiter mit der Verfolgung der Familie und dem Antrag auf Wiedergutmachung zu befassen.

Stand: Juli 2023
© Birgit Geyer

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; 8; Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg - Hamburger Adressbücher von 1915 – 1941; Stadtarchiv Kiel – Kieler Adressbücher von 1900 – 1907; Stadtarchiv Kiel – Geburtsregister https://katalog-stadtarchiv.kiel.de/ (Zugriff 14-11-2022); StaH Entschädigungssachen: 213-13_25489 (Fritz Breslauer); StaH Amt für Wiedergutmachung 351-11_26542 (Kate Paine); 522-1 Kultussteuerkartei: 741-4_K 4291; 332-8 Meldewesen: 741-4_K 2320 und 741-4_2447; Theresienstädter Gedenkbuch: Todesfallanzeige (Zugriff 8-8-2022); Datenbank der Namen von Holocaust-Überlebenden und Opfern: Datensatz-Nummer 11480154 und 11480192 (Zugriff 8-8-2022); ITS Arolsen Archives - https://collections.arolsen-archives.org/, DOC ID 86044504 (Zugriff 8.8.2022); https://www.sternschanze1942.de/die-namen-der-deportierten-vom-15-und 19-juli-1942 (Zugriff 8-1-2023); www.stolpersteine –bamberg.de: Einwohnerbuch der Stadt Bamberg 1934 und 1937; Ortwin Beisbart, Antje Yael Deusel, Franz Fichtl (Hg.): Gedenkbuch der jüdischen Bürger Bambergs. Opfer des nationalsozialistischen Terrors 1933 – 1945. Bamberg 2010, S. 61, 191, 292; ITS Digital Archive, Arolsen Archives: Welle 10 - 10. Osttransport nach Riga, 25.01.1942 / Doc-ID 127187527 (https://collections.arolsen-archives.org/search/); ITS Digital Archive, Arolsen Archives: AJDC Berlin Kartei (Deportationen) / Doc-ID 11252263 (https://collections.arolsen-archives.org/search/).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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