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Bertha Katzenstein (geborene Ehrlich) * 1862

Heimfelder Straße 80 (Harburg, Heimfeld)

1942 Theresienstadt
ermordet 25.11.1942

Bertha Katzenstein, geb. Ehrlich, geb. am 6.1.1862 in Gehaus, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort verstorben am 15.11.1942

Stadtteil Heimfeld, Heimfelder Straße 80

Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 Reichskanzler wurde, wohnte Bertha Katzenstein, die Tochter jüdischer Eltern, in der Heimfelder Straße 80 in einem der vornehmeren Viertel Harburgs. Das große Mehrfamilienhaus befand sich im Besitz der angesehenen Familie Rosenschein, die es vermietet hatte und selbst in einer Villa am Bleicherweg 2 wohnte. Bertha Katzenstein war seit mehr als zwei Jahren Witwe, nachdem ihr Ehemann, der damals lokal sehr bekannte Justizrat Isidor Katzenstein (geb. 21.4.1856), am 5. April 1931 im Alter von 75 Jahren gestorben war. Zu Lebzeiten hatte er in einer Sozietät in der Wilstorfer Straße 11 mit den Rechtsanwälten Paul Friedmann und Georg Schaeffer zusammengearbeitet. Sein Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof auf dem Schwarzenberg.

1934 gab Bertha Katzenstein ihre Harburger Wohnung – vermutlich aus finanziellen Gründen – auf. Sie zog nach Hamburg, wo sie in der Klosterallee 36 eine neue Bleibe fand. Am 28. April 1934 trat sie der Hamburger Deutsch-Israelitischen Gemeinde bei. We­gen ihrer geringen Rente von 69 RM im Monat war sie von der Zahlung einer Kultussteuer befreit. Zwei Jahre später musste sie erneut umziehen. Sowohl das Haus in der Innocentiastraße 19 als auch der Gebäudekomplex in der Schäferkampsallee 25/27, in dem Bertha Katzenstein anschließend unterkam, gehörten der Hamburger Jüdischen Gemeinde bzw. der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland. Die Räume dieses Doppelhauses, in denen ursprünglich mehrere jüdische Institutionen beheimatet waren, wurden gegen Ende der 1930er Jahre immer stärker für die Unterbringung alter und pflegebedürftiger Gemeindemitglieder genutzt. Je größer die Wohnungsnot wurde, desto mehr alte Menschen mussten hier auf engstem Raum miteinander auskommen.

Unter den vielen meist hochbetagten Bewohnerinnen dieses Alten- und Pflegeheims, die am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden, befand sich auch Bertha Katzenstein. Die gebrechlichen Menschen wurden am Vortag mit ihrem Gepäck in die nahe gelegene Schule Schanzenstraße 20 gefahren, die als Sammelstelle für diesen Transport vorgesehen war. Dort erwarteten sie in mehreren Zimmern Gestapoleute und Beamte der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten, die ihre achtseitige Vermögenserklärung und ihre Gepäckliste überprüften. Am Abend wurden "ungefähr 50 Personen zugleich in einen Raum geführt, der 25 obere und 25 untere Betten aufwies. Einfache Holzbetten, ohne irgendeine Matratze. Es war die Unterbringung für die kommende Nacht".

Nur Stunden später drangen andere Finanzbeamte in die Zimmer und Wohnungen der auf ihren Weitertransport Wartenden ein, um die Vermögenserklärungen vor Ort zu überprüfen. Alles, was die Beamten für geeignet hielten, wurde wenige Tage später öffentlich "zu Gunsten des Reiches" versteigert.

Als Bertha Katzenstein im Alter von 80 Jahren am 16. Juli 1942 in Theresienstadt eintraf, dürfte ihr schon der erste Eindruck die Augen geöffnet haben, wenn sie der Mär vom "Mustergetto" überhaupt je Glauben geschenkt hatte. Der größte Teil der Neuankömmlinge fand sich in Massenunterkünften wieder. In der alten Garnisonsstadt, in der vor dem Zweiten Weltkrieg ca. 7000 Menschen gelebt hatten, waren im Juli 1942 ca. 53000 Menschen zusammengepfercht.

Der ständige Hunger und die vielen Krankheiten, von denen gerade die alten Menschen verstärkt betroffen waren, erhöhten das Leid der Verschleppten. Diese erbärmlichen Lebensumstände gingen mit einer hohen Sterblichkeitsrate einher, die als Teil der "Endlösung" durchaus gewollt war.

Bertha Katzenstein lebte noch vier Monate in Theresienstadt, bis sie am 25. November 1942 für immer die Augen schloss. Als Todesursache vermerkte der behandelnde Arzt eine Lungenentzündung, gepaart mit einer Herzmuskelschwäche.

© Klaus Möller

Quellen: 1; 4; 5; 7; 8; Heyl (Hrsg.), Harburger Opfer, Heyl, Synagoge, S. 196; Mosel, Wegweiser, Heft 2, S. 27ff.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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