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Henny Troplowitz (geborene Rosenbaum) * 1865

Hölertwiete 6 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
HENNY TROPLOWITZ
GEB. ROSENBAUM
JG. 1865
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 7.2.1943

Henny Troplowitz, geb. Rosenbaum, geb. am 30.6.1865 in Harburg, deportiert aus Leipzig nach Theresienstadt am 20.9.1942, dort gestorben am 7.2.1943,

Hölertwiete 6 (früher: Ludwigstraße 14)

Henny Troplowitz, geb. Rosenbaum, war das drittjüngste Kind des jüdischen Kaufmanns, Hausmaklers und Versicherungsagenten Samuel Rosenbaum (18.11.1823–4.3.1912) und seiner Frau Johanna Rosenbaum, geb. Aaron, (22.7.1836–25.11.1906). Wie ihre Geschwister Frida (geb. 1.4.1859), Meta (geb. 27.2.1860), Hermann (geb. 9.6.1862), Max (geb. 7.3.1864) und Paul (geb. 28.7.1868) verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend in der aufstrebenden Industriestadt Harburg a. Elbe. Zur Familie zählte auch noch ihre jüngste Schwester Olga (geb. 21.7.1875), die zum Kummer ihrer Eltern und Geschwister bereits elf Monate nach ihrer Geburt starb und auf dem Jüdischen Friedhof in Harburg – wie später auch ihre Eltern – begraben wurde.

Die Familie wohnte zunächst in der Schlossstraße und zog später in die Mühlenstraße (heute Schlossmühlendamm) und von dort anschließend in die Ludwigstraße (heute Hölertwiete). Am 10. August 1892 heiratete Henny Rosenbaum in Harburg den jüdischen Kaufmann Albert Troplowitz, geb. am 28. November 1866 in Gleiwitz. Er war ein Verwandter des berühmten Chemikers und Kunstmäzens Oscar Troplowitz, des Erfinders der Nivea-Creme, (16.1.1863–27.4.1918).

Das junge Paar zog zunächst nach Riesa, wo am 16. Oktober 1893 ihre Tochter Elvira zur Welt kam. In der Hauptstraße 43 betrieben sie ein Geschäft für Näh- und Wollwaren. Am 29. September 1895 zogen Henny und Albert Troplowitz mit ihrer kleinen Tochter von Riesa nach Leipzig. Hier wurde am 27. Januar 1896 ihr Sohn Walter geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er an der Westfront für die Fahnen seines Vaterlandes. Am 12. Juli 1918 wurde er als Vizefeldwebel bei Kämpfen in Nordfrankreich tödlich verwundet.

Die Weltwirtschaftskrise und die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler waren für Henny und Albert Troplowitz der Beginn eines Weges, der in den Abgrund führte. Hilflos mussten sie zusehen, wie ihre Tochter Elvira und ihr jüdischer Schwiegersohn Max Holländer, geb. am 24.6.1880 in Meiningen, in immer größere finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Im März 1933 standen sie vor dem wirtschaftlichen Ruin. Die Drogerie Max Holländers wurde aus dem Handelsregister in Halle gestrichen. Die familiäre Not wuchs, als Albert Troplowitz am 11. Mai 1937 in Leipzig starb und seine Frau Henny als Witwe nun allein den zunehmenden antisemitischen Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt war.

Im Juni 1938 wurde ihr Schwiegersohn Max Holländer im Rahmen der ersten großen antisemitischen Verhaftungswelle als "ASR-Häftling" (Aktion Arbeitsscheu Reich) in das KZ Buchenwald eingewiesen. Kurz nachdem er im Oktober 1938 wieder entlassen worden war, wurde er im Zuge der Pogromnacht im November 1938 erneut verhaftet und abermals in dieses Konzentrationslager bei Weimar eingeliefert. Diesmal konnte er seine Entlassung nur dadurch erwirken, dass er sich dazu verpflichtete, Deutschland auf schnellstem Wege zu verlassen. Arm wie eine Kirchenmaus, rettete er sich im April 1939 nach Shanghai, wo kein Einreisevisum verlangt wurde. Dort starb er am 1. Februar 1943 im Alter von 63 Jahren.

Seine Frau, die in Deutschland geblieben war, wurde kurz Beginn des Zweiten Weltkriegs dazu aufgefordert, bei der Stadtreinigung in Halle Zwangsarbeit zu leisten und in das Haus "Harz 48", das von der Gestapo zum "Judenhaus" deklariert worden war, umzuziehen. Am 1. Juni 1942 wurde Henny Troplowitz´ Tochter im Alter von 48 Jahren in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort sofort nach ihrer Ankunft am 3. Juni 1942 mit Gas ermordet.

Am 31. Dezember 1940 wurde ihre 75-jährige Mutter gezwungen, in das "Judenheim" in der Auenstraße 14 in Leipzig umzuziehen. Von dort wurde sie am 20. September 1942 mit 876 anderen Personen aus Thüringen und dem westlichen Sachsen in das Getto Theresienstadt deportiert. Als dieser Transport an seinem Zielort ankam, übertrafen die dortigen Zustände die schlimmsten Befürchtungen der Deportierten. Sie wurden in heillos überfüllte Unterkünfte eingewiesen und sahen sich bald einem Alltag ausgeliefert, der von Hunger, Krankheiten und Tod geprägt war. Hier fand auch Henny Troplowitz´ Lebensweg sein trauriges Ende. Am 7. Februar 1943 schloss sie für immer die Augen.

Stand Dezember 2014

© Klaus Möller

Quellen: Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Jürgen Sielemann, Paul Flamme (Hrsg.); Hamburg 1995; Harburger Opfer des Nationalsozialismus, Bezirksamt und Bezirksversammlung Harburg (Hrsg.), HH-Harburg 2002; Gedenkbuch. Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945, Bundesarchiv (Hrsg.), Koblenz 2006; Theresienstädter Gedenkbuch. Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach Theresienstadt 1942–1945, Prag 2000; Yad Vashem. The Central Database of Shoa Victims´ Names: www.yadvashem.org; Eberhard Kändler/Gil Hüttenmeister, Der jüdische Friedhof Harburg, Hamburg 2004; Journal Juden in Sachsen, Deutsch-Russisches Zentrum (Hrsg.), Leipzig 2012; www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz; www.zeit-geschichten.de/th_01_v_71.html.

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