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Gudrun “Gynna“ David, undatiert, Brustbild
Gudrun "Gynna" David, undatiert
© Privat

Gudrun David * 1870

Eilenau 15 (Hamburg-Nord, Hohenfelde)


HIER WOHNTE
GUDRUN DAVID
JG. 1870
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
18.7.1942

Gudrun Sara Camilla David, geb. am 5.4.1870 in Hamburg, am 18.7.1942 Selbsttötung in Hamburg

Eilenau 15

Am 29. Mai 1940 gab Gudrun Sara Camilla David gegenüber der Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten Hamburg ihre Vermögenserklärung ab. Statt wie auf dem Formular vorgesehen ihre Ausgaben einzeln aufzuführen, schrieb sie auf den unteren Rand: "Ich wohne bei Verwandten in Pension und zahle monatlich 130 M. und brauche, ohne Extraausgaben, ungefähr 30 M. als Taschengeld. Aus einer Lizenz, die ich des Krieges halber in diesem Jahre noch nicht bekommen habe, erhalte ich 600 M. jährlich, außerdem werde ich noch von Verwandten unterstützt." Gudrun Davids Adresse war Eilenau 15, eine Stadtvilla im Jugendstil am Kuhmühlenteich in Hamburg-Hohenfelde, und sie war zu der Zeit die einzige Jüdin unter den Bewohnerinnen des Hauses.

Gudrun David war in eine jüdisch-protestantische Kaufmannsfamilie hinein geboren worden und bezeichnete sich im Alter als "gottgläubig". Ihr Vater, Ludvig Johan David, stammte aus Slagelse auf Seeland in Dänemark, wo er 1821 als Sohn von Jonas David und Friederike, geborene Warborg, zur Welt gekommen war. Beziehungen nach Skandinavien bestanden während der gesamten Familiengeschichte.

Ludvig Johan David kam nach Hamburg, erhielt 1848 das Bürgerrecht und betätigte sich zunächst im Kommissionsgeschäft. Am 1. Juli 1851 ließ er seine Firma im Handelsregister eintragen. Um 1858 heiratete Ludvig Johan David die elf Jahre jüngere Isabella Josephine Jonas, genannt Bella, geboren am 19. November 1832 in Hamburg. Ihre Eltern, Elkan Joseph Jonas und Cadette, geborene Dieseldorff, gehörten der Deutsch-Israelitischen Gemeinde an. Es war Bellas zweite Ehe. Noch nicht zwanzig Jahre alt, hatte sie den Hutmacher August Cahen geheiratet, auch er jüdischen Glaubens. Nach wenigen Jahren wurde die Ehe geschieden.

Ludvig und Bella Davids erstes Kind, Ferdinand Wilhelm Eduard, kam am 11. Oktober 1858 zur Welt. Zu der Zeit wohnte das Ehepaar am Rödingsmarkt 15 und von der Wohnung aus betrieb Ludvig David zugleich seine Firma. Etwa ein Jahr später, am 27. Dezember 1859, brachte Bella David einen zweiten Sohn zur Welt, Ludwig Eduard. 1865 siedelte die inzwischen vierköpfige Familie nach Pöseldorf um, während Ludvig sein Büro am Rödingsmarkt beließ. In Pöseldorf, im Böhmersweg 2, wurde am 5. April 1870 als Nachkömmling Gudrun Sara Camilla geboren. Ihre Familie nannte sie Gynna und diesen Namen wählte sie auch selbst für sich. Nur im Umgang mit Behörden benutzte sie später den offiziellen Vornamen Gudrun. Noch bis in die Gegenwart ist sie unter dem Namen Gynna in der Familie präsent.

Etwa zehn Jahre später fanden Ludvig und Bella David mit ihren drei Kindern eine neue Wohnung am Mittelweg 44; seine Firma führte Ludvig David inzwischen im Alten Wall. Nach dem Tod seines Prokuristen erteilte er am 3. Januar 1880 seiner Frau Bella Prokura. In den folgenden zehn Jahren erweiterte er seine Ex- und Importfirma kontinuierlich. 1890 befand sich der Firmensitz in der Catharinenstraße, getrennt davon gab es ein Lager am Sandtorquai. Mit der Standnummer Q 37 nahm Ludvig David am Börsenhandel teil. Die Familie lebte mittlerweile im Mittelweg 25.

Während die beiden Söhne Ferdinand und Ludwig kaufmännische Ausbildungen erhielten, ist über Gynnas Ausbildung und Beschäftigungen nichts bekannt. Ein Jahr nach ihrer Geburt wurde in Hamburg die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Dem Wohlstand und Stand ihrer Familie entsprechend, dürfte sie die Bildung einer Höheren Töchter erhalten haben. Ihr Schreiben an den Oberfinanzpräsidenten, in dem sie sich in makelloser Schrift und freier klarer Ausdrucksweise über die Vorgaben des Formulars hinwegsetzt, zeugt von Bildung und Selbstbewusstsein. Auch das Foto von ihr unterstreicht diese Haltung.

Über die Rolle, die die dänischen wie die Hamburger Großeltern für Ferdinand, Ludwig und Gynna David spielten, ist uns nichts bekannt. Als letzte der Vier starb im April 1888 Cadette Jonas. Obwohl ihr Schwiegersohn Ludvig Johan David noch lebte, nahm die Todesanzeige beim Standesamt der Enkel Ferdinand vor. Dieser trat auch am 1. Januar 1896 in die elterliche Firma ein, womit sich Bella Davids Prokura, die sie sechzehn Jahre lang ausgeübt hatte, erledigte.

Ferdinand und Gynna David blieben ledig, während ihr Bruder Ludwig heiratete. Seine Frau Fanny, geborene Döring, stammte aus einer nichtjüdischen Familie und war am 16.2.1869 in Eichede/Stormarn zur Welt gekommen. Sie war Lehrerin, genau wie ihre drei Schwestern Anna, Isa (Elisabeth) und Gertrud. Erstere stand einer nach ihnen benannten Höheren Töchterschule vor, die sich zunächst Beim Berlinerthor 6 befand.

Vor der Heirat hatte Fanny nach einem Englandaufenthalt 1892 ebenfalls dort unterrichtet und war dann nach Guatemala gegangen. Vier Jahre später war sie krank nach Hamburg zurückgekehrt und hatte zwei Monate lang bei der Familie David in der Hartungstraße 3 gewohnt, wohin diese inzwischen gezogen war. Am 19. Februar 1898 heirateten Gynnas Bruder Ludwig und Fanny Döring in New York. Anschließend reisten sie weiter nach Mexiko City, wo Ludwig im Kaffeegeschäft tätig war. Dort wurden auch die Kinder Alice Gynna Gretchen, Ludwig Claus Friedrich Wilhelm (C. F. W.) und Fritz Ferdinand geboren.

In Hamburg machte Ludvig David seinen ältesten Sohn Ferdinand im Jahr 1900 zum Mitinhaber der Firma. Als Ludvig am 3. Juni 1904 mit fast 83 Jahren starb, wurde Ferdinand Alleininhaber der Firma. Er leitete sie unter dem eingeführten Namen "Ludvig David" weiter. Gynnas Mutter Bella gab nach dem Tod ihres Mannes die Wohnung in der Hartungstraße auf und zog zusammen mit Gynna zunächst in die Schlüterstraße 77 und im September 1906 ins Jungfrauenthal 8. Ferdinand David nahm sich eine Wohnung in der Hochallee 116. Geschäftsreisen führten ihn nachweislich in die Türkei und nach Russland. Den Firmensitz verlegte er zum Ness 1, in das Alte Börsengebäude.

Ludwig und Fanny David pendelten derweilen zwischen Hamburg und Mexiko. Doch dann starb Fanny 1913 (nach anderer Quelle 1915) in New York. Daraufhin blieb Ludwig mit den Kindern in Hamburg. Seine Schwägerinnen Anna, Isa und Gertrud Döring hatten ihre Töchterschule bereits um 1901 in die Eilenau 15 verlegt. Das Gebäude dort gehörte zu einem um 1880 erbauten Ensemble dreier villenartiger Gebäude, deren Säle und große Zimmer als Klassenräume dienten. Die Schule war zwar 1912 geschlossen und in die Elise-Averdieck-Schule an der Wartenau überführt worden, doch die Schwestern lebten nach wie vor an der Eilenau. Dorthin zog nun Ludwig mit den Kindern.

1917 ging sein gleichnamiger Sohn mit Erreichen des siebzehnten Lebensjahrs zur Infanterie, im Dezember 1918 wurde er aus dem Heer nach Tingleff bei Schleswig entlassen. Im selben Jahr erteilte Ferdinand David seinem Bruder Ludwig Prokura für die nun von ihm geleitete väterliche Firma.

Als Ferdinand am 15. August 1919 im Alter von 60 Jahren starb, führte Ludwig die Firma Ludvig David weiter. Er baute sie zu einem Im- und Exportunternehmen für Kaffee aus und erwarb dafür einen Gewerbeschein. Reisepässe für das Inland, erteilt in den Jahren 1921 bis 1923, weisen wie schon bei seinem Bruder auf Geschäftsreisen hin. So bestanden unter anderem Geschäftsbeziehungen nach Island, woraus eine Lizenz resultierte, die der Familie jährliche Einnahmen verschaffte. 1923 erteilte Ludwig David seinem ältesten Sohn Fritz Prokura und zwei Jahre später seiner Tochter Alice.

Bereits 1922, am 13. September, war Bella David kurz vor ihrem 90. Geburtstag in der Wohnung in Harvestehude gestorben. Gynna David war in der Wohnung geblieben und hatte kurz nach dem Tod der Mutter einen Gewerbeschein als Zimmervermieterin "an Einheimische" erworben. 1926 ist sie erstmals im Hamburger Adressbuch aufgeführt und zwar als Gynna David, nicht als Gudrun. Ein Jahr später erhielt sie einen eigenen Telefonanschluss. Zwei Jahre darauf erwarb sie genau wie ihr Bruder Ludwig einen fünf Jahre gültigen Reisepass ohne räumliche Begrenzung.

Ludwig Davids Wohlstand erlaubte es, dass seine Kinder studieren konnten. Alice wählte Medizin und Fritz entschied sich nach einer kaufmännischen Ausbildung für ein Gesangsstudium. Ludwig jun. zog die Landwirtschaft vor. Er erwarb einen Hof in Großenrade, den er später gegen einen anderen auf Rügen eintauschte, und heiratete Margarethe Böthern aus Hohenaspe. Aus der Ehe gingen die Kinder Ludwig und Fanny hervor, Letztere von Gynna David Fannychen genannt. Jahrelang bedachte "Tante Gynna" ihre Großnichte mit liebevollen Karten.

Alice David schloss ihr Medizinstudium 1927 in Hamburg ab und übernahm im Oktober 1930 eine Arztpraxis in Schnackenburg im Kreis Dannenberg, die ihr ein gutes Einkommen sicherte. Fritz David wurde am 1. Januar 1928 Mitinhaber der väterlichen Firma und begann gleichzeitig als Friedrich Gynrod eine Karriere als Bass-Bariton. Den Künstlernamen wählte er in Anlehnung an die Umkehrung des Geburtsnamens "Döring" seiner früh verstorbenen Mutter.

Das Bild, das sich aus den wenigen Fakten ergibt, ist das einer wohlhabenden, gebildeten, künstlerisch interessierten, gutbürgerlichen Familie assimilierter Jüdinnen und Juden, die bei Schicksalsschlägen für einander einstanden. Gegen die antijüdische Politik Hitlers konnten sie sich jedoch mit den bewährten Mitteln der Familiensolidarität nicht mehr wehren.

1933, im Jahr der Machtübergabe an Adolf Hitler, gab Gynnas Bruder Ludwig die Firma auf, die ihr gemeinsamer Vater begründet hatte. Gynna selbst zog zu ihm, seinem Sohn Fritz und den Schwägerinnen Isa und Gertrud Döring in die Eilenau 15. Dort wohnten bzw. waren außerdem gemeldet: eine Musikerin, eine Malerin, die baltische Bildhauerin Constance von Wetter-Rosenthal und eine Landwirtin. Das Gebäude in Eilenau 15 war als Einzelwohnhaus mit einem einzigen Bad in der ersten Etage errichtet worden. Es eignete sich folglich nicht als Mietswohnhaus. Für die Künstlerinnen jedoch waren die Säle und großen Zimmer offenbar geeignete Räume. Während 1933 das Nachbarhaus zu einem Großwohnhaus mit neun Wohnungen umgebaut wurde, änderte Isa Döring als Eigentümerin nichts an dem ursprünglichen Bauplan.

Fritz David verließ bald darauf Hamburg und zog nach Wiesbaden. Dort heiratete er am 10. März 1934 als "Opernsänger Fritz Ferdinand David" die sieben Jahre jüngere Gertrud Altgelt, ohne Beruf, die aus Bremen zugezogen war. Am 1. April 1935 verlor er sein Engagement an der Breslauer Oper, erhielt aber ein neues an der Wiener Staatsoper.

Alice David hätte aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" ihre Kassenzulassung aufgeben müssen. Sie durfte aber in Schnackenburg weiter praktizieren, bis ein Nachfolger gefunden wurde. Nachdem das im Februar 1935 der Fall war, durfte sie noch Privatpatienten behandeln, wovon sie aber nicht leben konnte. Auch sie nahm Zuflucht bei ihren Verwandten an der Eilenau. Dort starb noch im Monat ihrer Ankunft, am 24. April 1935, ihr Vater, "Tante Gynnas" Bruder Ludwig.

Nachdem Alice David am 3. August 1938 endgültiges Berufsverbot erhalten hatte, verließ sie Deutschland und arbeitete – allerdings nur für kurze Zeit – in Großbritannien und in den USA. Bei der Volkszählung vom Mai 1939 wurde sie zusammen mit ihrer Tante Gynna unter der Adresse Eilenau 15 erfasst. Bald darauf zog sie nach Hohenaspe zu "Oma Böthern", der Schwiegermutter ihres Bruders, und lebte mit auf deren Hof, den sie "Aspenhof" nannte. Fritz David/Friedrich Gynrod flüchtete mit seiner Frau nach dem Einmarsch der Deutschen in Österreich nach New York, wo er sich als Gelegenheitsarbeiter durchschlug. Erst nach 1943 bekam er kleine Engagements an der Metropolitan Opera.

Nach der Auflösung der Firma Ludvig David erhielten die Erben bis zum Kriegsbeginn 1939 noch Lizenzgebühren aus der isländischen Partnerfirma. Als auch diese Einkünfte wegfielen, konnten sie ihre Schwägerin und Tante Isa Döring nicht mehr unterstützen. Das Gebäude Eilenau 15 war als ursprüngliches Schulhaus nicht als Mietwohnhaus geeignet. Von den geringen Mieteinnahmen allein konnten die Schwestern sich und das Haus nicht unterhalten, sodass Elisabeth Döring es schließlich 1941 an den benachbarten Dr. Ing. M. Tillmann verkaufte. Sie behielt jedoch das Wohnrecht.

Von Gynna David liegt keine Kultussteuerkarte vor. Vermutlich hat sie sich nicht beim Religionsverband registrieren lassen, obwohl sie dazu verpflichtet war. Im Mai 1940 meldete sich die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten bei ihr mit der Forderung nach Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse. Sie besaß weniger als 5000 Reichsmark, weshalb die Behörde von einer "Sicherungsanordnung" absah. Da Sara ihr zweiter Vorname war, handelte es sich in ihrer Unterschrift im Schreiben an den Oberfinanzpräsidenten nicht um den von den Nationalsozialisten eingeführten Zwangsnamen für Jüdinnen. Ein geregeltes, ausreichendes Einkommen hatte Gynna David nicht. Sie lebte im Schutz ihrer "arischen" angeheirateten Schwägerin Isa Döring und von der Unterstützung durch Verwandte. Die ihr zustehenden 600 Reichsmark jährlich aus der isländischen Lizenz der väterlichen Firma waren ihr seit Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht mehr ausgezahlt worden. Als "Arierin" gefährdete sich Isa Döring selbst, indem sie ihre jüdische Schwägerin noch im Sommer 1942 bei sich wohnen ließ.

Im Herbst 1942 entschied sich Gynna David, einer Deportation zuvor zu kommen. Bevor sie ihrem Leben selbst ein Ende setzte, schrieb sie einen Abschiedsbrief an "Meine Lieben alle zusammen":

"Nun tritt das unerbittliche ‚Muss‘ an mich heran. Ihr werdet verstehen, dass ich in meinem Alter, oft mit bösen Schmerzen behaftet, nicht in der Fremde als Bettler mein Leben beschließen möchte. Da muss ich zu dem einzigen Mittel greifen, was mir jetzt noch bleibt und ein Leben verlassen, das die Menschen nach und nach zur Hölle gemacht haben. Ich [Unterstreichung im Original] habe es bis jetzt immer noch gut gehabt und bin dafür auch unendlich dankbar. – Gern hätte ich in Frieden noch eine Zeitlang gelebt und wäre später noch öfter mit Euch zusammen gewesen, hätte Fannychens Zukunft noch ein Stück begleitet und den Kleinen heranwachsen sehen. Möge es Euch nach dem Kriege recht gut gehen, mögest Du, liebe Mutter Böthern, noch recht viel Freude an Deinen Kindern und Enkeln erleben. Meinem Fannychen wünsche ich ein glückliches Leben an der Seite ihres Karl und seine Anzahl lieblicher Kinder. Ich danke Euch allen, wie liebevoll Ihr mich immer aufgenommen habt und hoffe, dass Ihr oftmals an mich denkt.

Und nun nochmals lebt wohl und nehmt die innigsten Abschiedsgrüße
von Eurer alten Tante
Gynna.

Gynna David nahm eine Überdosis Veronal, ein Schlafmittel, und starb am 18. Juli 1942 um 13.30 Uhr im Alter von 72 Jahren im Hafenkrankenhaus. Ihre Habe wurde ihrer Nichte Alice aus Hohenaspe übergeben. Als Beweggrund für ihre Flucht in den Tod nahm ihre Schwägerin die Angst vor einer "Evakuierung" an. Wo sie beigesetzt wurde, ließ sich nicht ermitteln.

Dazu aus dem Suizidprotokoll der Kriminalpolizei:

"Am 18.7.1942 um 9.50 Uhr erschien im Revier die Lehrerin i. R. Gertrude [war bereits 1930 gestorben, dieser Widerspruch ließ sich jedoch im Nachhinein nicht mehr aufklären, Anm. d. Verf.] Döring, geb. 14.3.1864 in Eichede, wohnhaft Eilenau 15, und teilte mit, dass sich die bei ihr wohnende Jüdin David etwas angetan habe. Auf ihrem Ruhebette liegend, habe sie noch Lebenszeichen gegeben. Eine Veronalvergiftung wurde durch den Arzt festgestellt. Die Krankentransportkolonne schaffte sie ins Hafenkrankenhaus", begann das Polizeiprotokoll und setzte fort: "Die Vermieterin Frl. Döring sagte aus: ‚Die Jüdin David wohnte bei mir in Untermiete. Heute Morgen gegen 7.00 Uhr teilte mir die Hausangestellte Frl. John mit, dass sie sich etwas angetan habe. … ich fand sie mit hängendem Kopf und Händen vor. Fernmdl. Pol. benachrichtigt. Erneuter Anruf 9 Uhr, da keine Reaktion auf den ersten. Die Sachen wurden von ihrer Nichte, der Ärztin Frl. Alice David, geb. 21.12.1898 in Mexico, wohnhaft Hohenaspe bei Itzehoe (Aspenhof) übernommen und in Verwahrung genommen."

Das Haus Eilenau 15 wurde 1943 bei einem Luftangriff zerstört. Isa Döring starb im Oktober 1945 in Hohenaspe, Ludwig (C. F. W.) wurde von seinem Hof auf Rügen von sowjetischen Soldaten verschleppt und verschwand spurlos. Alice David starb 1975 in Mellendorf, Fritz Friedrich David Gynrod 1978 in Mönchengladbach. "Fannychen" verstarb am 21. Januar 2013. Bis zu ihrem Tod hielt sie die Erinnerung an "Tante Gynna" in Ehren, wie es die Familie weiter tut.

Stand: Mai 2016
© Hildgard Thevs

Quellen: 2; 9; StaH 314-15 OFP R 1940/730; StaH 231-3 Handelsregister, A 6, Band 12 (3147), A 7, Band 9 (2510), Band 12 (3334), Band 31 (7813), Band 34 (8399), A 13, Band 19 (29893), A 33 Band 1; StaH 231-5 HR A 12, Band 51 (38827); StaH 231-7 HR, A 1 Band 55 (13394); StaH 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Todesfälle 1942/1139; StaH 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht A I e 40 Bd. 5 Bürgerregister; StaH 332-5 Standesämter, 7831 u. 1624/1888; 7974 u. 1404/1904; 8054 u. 534/1919; 8069 u. 568/1922; 1151 u. 508/1942; StaH 332-8 Meldewesen, Melderegister K 4353, K 4354, Hausmeldekartei B, K 2413 L; Reisepassprotokolle, A 24 Bde 88 (1266), 103 (1222), 214 (10 686), 250 (19 521), 319 (616), 363 (9292, 9293); StaH 361-2 II, Oberschulbehörde, B 178, Allg. Schulakte Isa Döring; StaH 376-3 Gewerbezentralkartei, VIII C c 1, StaH 741-4, K 3834; Bauamt Hamburg-Nord; LASH Abt 761 Nr. 8123; LA NRW, 2 G 8548 B/V/W; Hamburger Adressbücher 1845 bis 1943; Hamburger Fernsprechbücher 1926 bis 1935; Stadtarchiv Mönchengladbach, Sterberegister; Standesamt Wiesbaden, Heiratsregister; Gedbas Eichede, Zugriff 18.10.12; David, Alice, Zur Frage der Pseudotumoren des Dickdarms, Med.Diss., Hamburg 1927/1928, http://d-nb.info/570068576; Fotografien, Dokumente und persönliche Mitteilungen von Fanny und Jens Hansen 2012f.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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