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Bernhard Dessau * 1883

Ottersbekallee 23 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
BERNHARD DESSAU
JG. 1883
VERHAFTET 25.7.1941
NEUENGAMME
ERMORDET 8.2.1942

Bernhard Dessau, geb. am 24.4.1883 in Hamburg, inhaftiert ab 25.7.1941 im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel, ab 13.11.1941 KZ Neuengamme, dort gestorben am 8.2.1942

Ottersbeckallee 23, Eimsbüttel

Bernhard Dessau war der Sohn von Jacob Dessau (geb. 1.1.1850 in Hamburg, gest. 31.5.1928) und Sophie Henriette Josephine geb. Krey (geb. 15.10.1849 in Altona, gest. 13.4.1923), die 1875 in Hamburg geheiratet hatten. Jacob Dessau, der Vater, war zunächst als Handlungsgehilfe, später als Kaufmann tätig. Anders als seine Ehefrau stammte er aus einer jüdischen Familie, wie der Standesbeamte auf den Geburtsurkunden seiner beiden Kinder vermerkte. Tochter Martha, am 2.8.1876 in der Antonistraße 3 im Stadtteil St. Pauli zur Welt gekommen, starb bereits im Alter von 2 Jahren, nachdem die Eltern in die 2 Elbstraße 30 (heute Neanderstraße) in die Hamburger Neustadt umgezogen waren. Als Bernhard am 24.4.1883 geboren wurde, lebten sie im Neuen Steinweg 19, wo Jacob Dessau einen Kleiderhandel betrieb.

Von 1890 bis 1899 besuchte Bernhard Dessau die Stiftungsschule von 1815 am Zeughausmarkt (heute Anna-Siemsen-Schule) bis zur Obersekunda. Nach seiner Schulentlassung trat er als Justizanwärter beim Amtsgericht Hamburg ein. Nach erfolgreicher Prüfung wurde er 1905 Kanzlist (Angestellter einer Kanzlei) und 1910 zum Gerichtsschreiber ernannt.

Bernhard Dessau wohnte bei seinen Eltern in der Bartelsstraße 54, als er noch im selben Jahr, am 25. Oktober 1910 Gertrude Maria Hermine Wendt (geb. 16.11.1887) heiratete. Beide bekannten sich, wie auf der Heiratsurkunde vermerkt, zur lutherischen Religion. Am 13.11.1915 wurde die Tochter Lieselotte Gertrud Josephine Marga geboren. Die Ehe hielt jedoch nicht und wurde am 8. September 1922 geschieden. Bernhard Dessau ging am 20. Juni 1923 eine zweite Ehe mit Clara Margarethe Haak (geb. 4.1.1889, gest. 9.4.1964) ein, die aus einer lutherischen Hafenarbeiterfamilie stammte.

Im folgenden Jahr schied Bernhard Dessau auf Grund des Beamtenabbaugesetzes freiwillig als Justizobersekretär aus dem Staatsdienst aus. Er wandte sich dem Geschäft seines zuvor verstorbenen Vaters zu. Die Gewerbeanmeldung erfolgte 1924. Seitdem arbeitete er als vereidigter und öffentlich bestellter Versteigerer und Taxator. Das Ehepaar Dessau wohnte u.a. Im Gehölz 11, in der Hoheluftchaussee 93 und seit 1937 in der Ottersbeckallee 23 in Eimsbüttel.

Zwischen 1933 bis 1941 gelang es etwa 10.000 bis 12.000 Hamburger Jüdinnen und Juden, die Stadt legal zu verlassen und auszuwandern. Dazu benötigten sie eine Genehmigung der Devisenstelle, wo sie die Liste ihres Umzugsgutes einreichen mussten. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges war es noch möglich, das Umzugsgut in sogenannten Lifts (Holzcontainern) auf den Weg in das Emigrationsland zu bringen. Nach Kriegsbeginn wurden die Lifts nicht mehr verschifft. So stapelten sie sich, von Speditionsfirmen eingelagert, im Hamburg Hafen (zur Auswanderung s. Glossar).

Auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin wurden diese eingelagerten "jüdische Umzugsgüter" im Hamburger Freihafen beschlagnahmt. Bernhard Dessau galt wegen seines jüdischen Vaters als "Mischling ersten Grades". Damit unterlag er einigen beruflichen Beschränkungen, er durfte beispielsweise keine Versteigerungen mehr ausrufen. Dennoch wurde er mit Genehmigung der Staatspolizeileitstelle, 1941 beauftragt, für einen erkrankten Kollegen einzuspringen. Er sollte in einer Halle in Harburg die Versteigerung der besagten Umzugsgüter vorbereiten.

Am 25. Juli 1941 wurde Bernhard Dessau unter der Anschuldigung der Diebstahlsanstiftung verhaftet. Der Vorwurf: Er sollte geduldet und nicht verhindert haben, dass sein Mitarbeiter eine Radioröhre aus einem zur Versteigung kommenden Musikschrank entwendet hatte, sodass der Schrank unter Wert zur Versteigerung gekommen war. Clara Dessau glaubte mit Bestimmtheit, die Festnahme ihres Mannes durch die Gestapo sei auf Grund einer Denunziation erfolgt.

Bernhard Dessau kam am 29. Juli 1941 zunächst in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel. Dann erfolgte die Anklage vor dem Amtsgericht. Er bestritt dort entschieden die ihm zu Last gelegte Straftat, gab jedoch überraschenderweise in der Hauptverhandlung zu, inkorrekt gehandelt zu haben. Wahrscheinlich war es ein durch Gewaltmaßnahmen erzwungenes Geständnis während seiner Gestapo-Haft, denn seit dem 14. August 1941 befand er sich im Staathaus. Bereits in den ersten drei Wochen seiner Haftzeit hatte sich sein Gesundheitszustand erschreckend verschlechtert. Am 20. August 1941 verurteilte das Amtsgericht Hamburg Bernhard Dessau wegen Beihilfe zum Diebstahl in Tateinheit mit Untreue zu einer Geldstrafe von 500 RM und zu weiteren 100 RM, oder 10 Tagen Haft. Die Geldstrafe von 500 RM galt durch seine Untersuchungshaft von 50 Tagen bereits als verbüßt. Rechtlich gesehen hätte Bernhard Dessau nach Entrichtung der 100 RM am Tage der Urteilsverkündung in Freiheit entlassen werden müssen. Stattdessen wurde er wieder der Gestapo übergeben und zurück in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht. Von dort wurde er am 13. November 1941 als "Schutzhaftgefangener" mit der Haftnummer 06540 in das KZ Neuengamme überstellt.

Bernhard Dessaus Verteidiger Walter Klaas legte gegen das Urteil Berufung ein, konnte mit seinem Mandanten jedoch keine Rücksprache mehr halten. Wegen der verhängten Postsperre (Schreibverbot) im KZ Neuengamme erhielt auch Clara Dessau keine Nachricht mehr von ihrem Mann. Er sei gesund wurde ihr durch die Lagerverwaltung mitgeteilt. Sie sah ihren Mann nicht mehr wieder.

Im Januar 1942 brach eine Flecktyphusepidemie im KZ Neuengamme aus. Die SS stellte das Lager unter Quarantäne, sorgte jedoch nicht für medizinische Hilfe. Etwa 736 Häftlinge kamen ums Leben. Zu ihnen gehörte Bernhard Dessau. Er starb am 8. Februar 1942, wie auf seiner Sterbeurkunde vermerkt, an Herz- und Kreislaufversargen bei Fleckfieber.

Stand: Juni 2020
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 332-5_10715 u 128/1942; StaH 332-5_1885 u 3581/1876; StaH 332-5_67 u 988/1879; StaH 332-5_2053 u 1965/1883; StaH 332-5_870 u 200/1923; StaH 332-5_9833 u 1221/1928; 351-11_6705 (Dessau Bernhard); 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht - Strafsachen 50532 (Dessau, Bernhard); 351-11_10989 (Dessau, Clara); 351-11_40905 (Dessau Lieselotte); https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de (Zugriff 12.6.2020).

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