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Zeugnis der Nichte Ruth Adler, geb. Elias, für ihren Onkel Erwin Elias
© Yad Vashem

Erwin Elias * 1910

Grevenweg 11 - 13 (Hamburg-Mitte, Hamm)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Grevenweg 11 - 13:
Gerda Elias, Bruno Prieß

Erwin Elias, geb. 1.9.1910 in Hamburg, 1933 Haft Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Gerda Elias, geb. Rosenthal, geb. 26.11.1915 in Cuxhaven, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Grevenweg 11/13 (früher Grevenweg 49)

Erwin Elias war das zweitjüngste von neun Kindern. Sein Vater, David Elias, war am 4.7.1871 in Altona geboren worden und hatte 1895 Therese oder Theresia Levor, geb. 28.2.1869 in Hamburg, geheiratet. Ihr erstes Kind, Alice, wurde noch 1897 in Altona geboren, das zweite, Berthold, am 3.8.1898 schon in Hamburg.

Anfang des 20. Jahrhunderts bezog David Elias mit seiner Familie eine Wohnung im Hertz Joseph Levy-Stift am Groß Neumarkt 56, Haus B, wo er bis zu seinem Wegzug in die Niederlande im Jahr 1939 lebte. Dort kam Erwin Elias am 1.9.1910 zur Welt. Ihm folgte am 30.10.1913 Louise. Zu der Zeit arbeitete David Elias als "Krankenwärter". Eine andere Tätigkeit lautete "Leichenwärter", was sich auf seine Zeit als Beamter der jüdischen Beerdigungsbrüderschaft bezieht. Im Dienst der jüdischen Gemeinde stehend, zahlte er keine Kultussteuer.

Alle Kinder besuchten jüdische Schulen, die Mädchen die Israelitische Höhere Töchterschule in der Carolinenstraße, die Jungen die Talmud Tora Schule im Grindelhof. Dort wurde auch Erwin Elias im April 1917 eingeschult.

Trotz seines Alters nahm David Elias bis 1917 am Ersten Weltkrieg teil, er wurde als Pfleger in einem Hamburger Lazarett eingesetzt. Im März 1919 meldete er ein Gewerbe als Auktionator an. Während der Inflationszeit entrichtete er 1923 den auf 5000 Mark erhöhten Betrag an die Jüdische Gemeinde Hamburg, 1924 waren es dann nach der Stabilisierung der Währung 10 RM. Das war sein letzter Beitrag überhaupt.

Nach seiner Schulentlassung 1925 begann Erwin Elias eine vierjährige Kunst- und Bauschlosserlehre, während seine Brüder Berthold und Julius und die Schwestern Herta, Mathilde, Elfriede, Irma und Louise kaufmännische Ausbildungen absolvierten. Erwin arbeitete nach Abschluss seiner Ausbildung im Wesentlichen als Expedient für jüdische Firmen, zuletzt bei der Mazzoth-Fabrik (ungesäuertes Brot) von Leopold Katz.

Die älteste Schwester, Alice, war Krankenschwester geworden. Sie verließ als erste der Geschwister Hamburg, zog 1925 nach Frankfurt und emigrierte 1938 in die USA. Mathilde ging 1929 in die Niederlande.

Im April 1932 geriet Erwin in der ehemaligen Schlachterstraße in eine Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der KPD und Angehörigen der NSDAP. Wegen "schweren Landfriedensbruchs" erhielt er im November 1932 eine sechsmonatige Haftstrafe, wurde aber schon aufgrund der Weihnachtsamnestie 1932 entlassen.

1933 Erwin Elias heiratete eine Protestantin, Lissy Rohweder, geb. 22.2.1908 in Hamburg. Sie brachte ihre vierjährige Tochter Wilma mit in die Ehe.

Von 1934 bis 1936 war Erwin Elias erwerbslos, arbeitete aber ausweislich seiner Rentenbeiträge dann wieder bis 1940.

Als erste der Familie, die aufgrund des Verfolgungsdrucks des NS-Regimes das Land verließ, emigrierte Elfriede Elias 1938 in die USA.

Anfang des Jahres 1939 folgten die Eltern David und Therese Elias mit der jüngsten Schwester Louise ihren Kindern Mathilde, Herta und Julius in die Niederlande.

Erwin Elias zog häufig um, im Mai 1939, zur Zeit der Volkszählung, war er mit seiner Frau und der Tochter Grevenweg 49 gemeldet. 1940 wurde die Ehe geschieden. Erwin galt als allein schuldig, da er habe auswandern wollen. Seine Ehefrau hätte sich für ihn oder die Tochter entscheiden müssen, da Wilma als "arisches" Kind Deutschland nicht hätte verlassen dürfen. Eine Weile sorgte Erwin Elias noch für Lizzy Elias und die Tochter, dann wurde sie als Postarbeiterin berufstätig.

Erwin Elias kehrte an seine erste Adresse, das Hertz Joseph Levy-Stift zurück. Das Stift diente ab 1941 als sogenanntes Judenhaus.

Am 17. Oktober 1941 heiratete Erwin Elias in zweiter Ehe die jüdische Krankenschwester Gerda Rosenthal. Sie war am 26. November 1915 in Cuxhaven geboren worden. Ihr Vater, der Schlachtermeister Bernhard Rosenthal, geb. 1865 in Barnstorf, betrieb in der Grossen Hardewikstraße 1 eine Ladenschlachterei. Gerda entstammte seiner zweiten Ehe. Aus seiner ersten Ehe hatte Gerda zwei ältere Halbschwestern, Minna und Erna.

Mit der Machtübertragung an Adolf Hitler hatten auch in Cuxhaven Schikanen gegen die jüdische Bevölkerung eingesetzt. Da Bernhard Rosenthal als Jude keine "arischen" Angestellten mehr beschäftigen durfte, musste Gerda im väterlichen Betrieb mit aushelfen. Gezwungenermaßen gab er schließlich das Geschäft auf. Gerdas Mutter Selma, geb. Schwabe, starb am 2. Mai 1936 mit nur 56 Jahren. Im Juli 1936 zogen Gerda und ihr Vater nach Hamburg in den Grindelberg 3a zu ihrer Tochter und Halbschwester Minna, verheiratete Mathias.

Gerda Rosenthal fand als Krankenschwester eine Anstellung im Israelitischen Krankenhaus in der Eckernförderstraße 4 (heute Simon-von-Utrecht-Straße). 1939 wurde die Klinik in die Johnsallee 54 verlegt, wo Gerda auch eine Unterkunft erhielt.

Eine Woche nach ihrer Heirat begannen die "Aussiedlungen" der Hamburger Juden und Jüdinnen "zum Aufbau im Osten". Mit ihren 31 bzw. 26 Jahren gehörten Erwin und Gerda Elias dazu.

Erwin Elias wurde ohne seine Ehefrau zum zweiten Transport, der Hamburg am 8. November 1941 verließ, aufgerufen. Sie wurde nachträglich auf die Transportliste gesetzt. Gerda Elias war noch bei ihrer Halbschwester Minna, verheiratete Mathias, am Grindelberg 3a gemeldet. Ihr Schwager, der "Bankbeamte" Willy Mathias (geb. 12.7.1886 in Perleberg) und ihre Nichte Vera (geb. 15.12.1923 in Hamburg) wurden zusammen mit ihnen deportiert. (Für sie liegen Stolpersteine Grindelberg 3 a.) Das Ziel war das Getto von Minsk.

Gerda Elias’ Vater Bernhard Rosenthal wurde mit dem ersten Transport in das sogenannte Altersgetto von Theresienstadt, der Hamburg am 15. Juli 1942 verließ, deportiert. Er starb am 20. Dezember 1942 an Enteritis, dem dort grassierenden Darmkatarrh. (Für ihn liegt ein Stolperstein in der Sedanstraße 23.)

Mit dem am 19. Juli 1942 folgenden Transport nach Theresienstadt gelangte Erwin Elias’ ältester Bruder Berthold, geb. 3.8.1898 in Hamburg, ebenfalls dorthin und starb vermutlich im September 1944 in Auschwitz. (siehe www.stolpersteine-hamburg.de)

Die Eltern David und Theresia Elias und die Schwester Louise waren auch in den Niederlanden nicht sicher. Nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 wurden auch dort die nationalsozialistischen Repressionen gegen Juden eingeführt und laufend verschärft. Erwin Elias’ Eltern und Louise wurden 1943 in das Vernichtungslager Sobibor abtransportiert. (siehe www.stolpersteine-hamburg.de)

Von ihnen kehrte niemand zurück.


Stand: Juni 2021
© Hildegard Thevs mit Recherche Susanne Rosendahl

Quelle: 1; 2; 3; 4 digital; 7; 8; 9; StaHH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht-Strafsachen AO 1656/33, Sondergericht 65539; 314-15, Oberfinanzpräsident, FVg 37854; 242-1II, Abl. 13, Gefangenenkartei Männer; 332-5 Standesämter 9136 u 441/1897; 2459 u 2439/1898; 2846 u 249/1895; 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 25694 (Metzger, Mathilde); 35267 (Elias, Erwin); 39287 (Elias, Louise); 1694 (Elias, David); 1500 (Elias, Theresia); 11305 (Elias, Berthold); 26955 (Rosenthal, Bernhard); 26955 (Mathias, Minna); 33549 (Israel, Irma); 33420 (Israel, Paul); 24145 (Dornblatt, Hertha); 29945 (Ellis, Jules); 31674 (Copper, Elfriede); www.holocaust.cz/de/opferdatenbank, www.joodsmonument.nl (eingesehen 21.5.2021);
http://akevoth.org/genealogy/denbosch/1174.htm; Frauke Dettmer: Cuxhavener Juden 1933 bis 1945.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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