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Hedwig Eisemann
© Vad Vashem

Hedwig Eisemann (geborene Löbenstein) * 1886

Heinrich-Barth-Straße 21 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
HEDWIG EISEMANN
GEB. LÖBENSTEIN
JG. 1886
FLUCHT HOLLAND
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Heinrich-Barth-Straße 21:
Jenny Jastrow, Felix Levy, Amalie Levy, Gerda Link

Hedwig Eisemann, geb. Löbenstein, geb. am 13.1.1886 in Hamburg, Flucht nach Holland am 3.1.1939, deportiert am 6.11.1942 nach Auschwitz, dort ermordet

Heinrich-Barth-Straße 21

Hedwig (hebräischer Name: Chava) kam als Tochter von Abraham-Adolf Löbenstein und Berta-Braina Löbenstein, geborene Seligmann, in Hamburg zur Welt. Sie heiratete 1905 Moses Eisemann, der am 6.2.1869 in Bad Orb geboren worden war und in Hamburg als Lehrer an der Talmud-Tora-Realschule unterrichtete. Ihr erstes Kind Else-Tzipora wurde am 28.5.1906 geboren. Am 22.7.1907 folgte ihr Sohn Joseph und genau drei Jahre später, am 22.7.1910 erblickte Erich-Daniel das Licht der Welt. Die Familie führte ein gutbürgerliches Leben, sie wohnte von 1911 bis 1919 in der Isestr. 25 und zog dann in die Heinrich-Barth-Straße 21. Ab 1919 ist "Moses Eisemann, Lehrer" unter dieser Adresse im Hamburger Adressbuch eingetragen.

Nach dem Tod ihres Ehemannes am 30.10.1930 zog Hedwig 1931 in den Grindelhof 8. Zu dieser Zeit wurde ihr Sohn Joseph zum Referendar ernannt und promovierte 1933 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg. Seine Arbeit thematisierte "Die praktische Bedeutung des Artikels 4 der Reichsverfassung vom 11. August 1919". Im Zuge des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom April 1933 wurde er dann aus dem hamburgischen Justizdienst entlassen. Ihrem zweiten Sohn Erich-Daniel wurde aufgrund seiner jüdischen Abstammung die Einstellung in den hanseatischen Schuldienst 1933 verweigert. Daraufhin zog er 1934 nach Berlin und unterrichtete dort bis 1938 als Lehrer bei der Jüdischen Gemeinde.

1931 heiratete Tochter Else-Tzipora den am 25.12.1901 in Groningen geborenen Niederländer Max-Marcus de Groot, Sohn von Moses de Groot und Sientje Nieweg. Else-Tzipora und ihr Ehemann emigrierten nach Groning, der Heimatstadt von Marcus de Groot. Zusammen bekamen sie zwei Kinder, am 24.5.1933 Martin-Moses und am 21.5.1937 Erich Joseph de Groot.

Weil Hedwig-Chava Eisemanns Kinder nun das Elternhaus verlassen hatten und sie von einer kleinen Witwenrente von 130 Reichsmark (RM) leben musste, zog sie am 8. Dezember 1936 in die Feldbrunnenstraße 18 und wohnte nun zur Untermiete bei Bachrach Halle. Zuletzt lebte sie ab dem 2. Juni 1938 in der Hansastraße 63, ebenfalls zur Untermiete, nun bei Lichtenstein. Im Herbst desselben Jahres besuchte ihr Sohn Erich-Daniel aus Berlin sie. Dies sollte das letzte Mal sein, dass er seine Mutter sah.

Aufgrund der immer größer werdenden Feindseligkeit gegenüber Juden beschloss Hedwig-Chava, ihrer Tochter und deren Familie nach Groningen zu folgen und verließ am 3. Januar 1939 Hamburg. In einem Brief, den sie Erich-Daniel am 7. Januar 1939 aus einer Quarantäne-Station in Rotterdam-West schickte, beschrieb Hedwig die letzten Tagen vor ihrer Abreise, als sie versuchte ihren Hausrat zu verkaufen, darunter teure Möbel aus Nussbaum und ein Rosenthal-Tafelservice für 12 Personen. Zum Schluss blieb ihr nichts anderes übrig, als ihre letzten Sachen "einem Packer von Brasch & Rothenstein für 20 RM" zu verkaufen.

In Groningen kam Hedwig-Chava Eisemann in einer Pension unter, die von Abraham Engers und seiner Frau Else Engers-De Vries geführt wurde. Else wohnte mit ihrem Mann Marcus und den Kindern in der Lingestraat 21.
Auch Joseph Eisemann zog im Januar 1939 nach Holland, wanderte aber noch im selben Jahr weiter nach Palästina. In Jerusalem heiratete er Ada (Adelheid) Rzeszewski, und bekam mit ihr drei Kinder: Eitan-Dov, Tamar und Chava.

Hedwigs jüngster Sohn Erich Daniel war bereits 1938 nach Palästina ausgewandert. Er war schon promoviert und studierte ein Jahr an der Hebrew University. Danach lebte er in Kfar-Hanoar-Hadati in Kfar Chassidim. Er arbeitete bis 1948 als Lehrer an der Yavneh School in Haifa.

Nach der deutschen Besetzung der Niederlande wurden auch hier Juden verfolgt und schließlich in die Vernichtungslager verschleppt. Hedwig-Chava Eisemann wurde nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Das niederländische Gedenkportal Joods Monument gibt kein Deportationsdatum an, das Gedenkbuch des Bundesarchivs nennt ohne genauere Angaben das Jahr 1942. Die Familie geht nach einer Mitteilung des Rotes Kreuzes (siehe unten) vom 16. November 1942 aus.
Else-Tzipora de Groot wurde mit ihren beiden Söhnen am 9. April 1943 ins Durchgangslager Westerbork gebracht und am 7. Juni 1943 nach Sobibor deportiert, wo sie drei Tage nach ihrer Ankunft, am 13 Juli 1943, ermordet wurden. Martin-Moses war zu diesem Zeitpunkt neun Jahre, sein kleiner Bruder Erich Joseph sechs Jahre alt.
Max-Marcus de Groot wurde am 21. September 1943 in Auschwitz ermordet.

Erich-Daniel hatte die letzte Nachricht von seiner Mutter 1941/1942 erhalten. Nach dem Krieg wollte er wissen, was mit ihr in den Niederlanden geschehen war, und wendete sich an das Rote Kreuz. Am 10. Dezember 1946 bekam er dann die Antwort: Hedwig Eisemann sei ab dem 1. Mai 1942 gezwungen worden, einen "Judenstern" zu tragen und am 6. November 1942 vom Lager Westerbork in den Niederlanden nach Auschwitz deportiert und am 16/11/1942 ermordet worden. Zu diesem Zeitpunkt war sie 56 Jahre alt.

Erich-Daniel hielt die Erinnerung an seine Mutter durch ein Gedenkblatt in Yad Vashem wach. Er selbst arbeitete bis 1948 an der Schule in Haifa, wurde dann beauftragt, ein Heim für straffällig gewordene Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren zu gründen und zu leiten. So entstand der Mosad Mechorah Bei Kfar Chassidim, wo Erich-Daniel bis 1958 blieb.


Stand: Januar 2017
© Nils Rannacher (Änderungen Beate Meyer)

Quellen: StaHH, 522-1 Jüdische Gemeinden, 922b, Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelischen Gemeinde Hamburg; Hamburger Adressbücher (HAB) 1913, 1931; Morisse, Heiko, Ausgrenzung und Verfolgung der Hamburger jüdischen Juristen im Nationalsozialismus, Band 1 – Rechtsanwälte, Göttingen 2013; StaHH, 332-5 Standesämter, 49062 DI, Generalregister Sterbefälle 1930; StaHH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 8664, 1215 und 1216; StaHH, 241-2, Justizverwaltung-Personalakte, A1280, Eisemann, Joseph, Dr.; http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1730560&language=de (Hedwig Eisemann); e-mail Michal Shvager v. 17.1.2017.

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