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Elsa Traub (geborene Markus) * 1883

Lüneburger Straße 2 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
ELSA TRAUB
GEB. MARKUS
JG. 1883
DEPORTIERT 1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET MAI 1942
CHELMNO / KULMHOF

Weitere Stolpersteine in Lüneburger Straße 2:
Max Marcus, Franziska Simon

Elsa Traub, geb. Markus, geb. am 20.10.1883 in Harburg, deportiert ins Getto Lodz am 30.10.1941, ermordet im Mai 1942

Stadtteil Harburg-Altstadt, Lüneburger Straße 2 (früher: Wilstorfer Straße 35)

Elsa Markus kam als sechstes Kind des jüdischen Ehepaares Julius und Rosa Markus, geb. Hirsch, in einer Zeit zur Welt, als Harburg ein rasantes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum erlebte. Auch sie wurde in eine große Familie hineingeboren, zu der ihre Geschwister Max, Hugo, Laura, Siegfried, Franziska und Richard gehörten. Ihre Schwester Laura und ihr Bruder Richard starben früh und wurden noch im Kindesalter auf dem Jüdischen Friedhof auf dem Schwarzenberg begraben.

Julius Markus war Inhaber eines florierenden Bettenhauses in der Wilstorfer Straße, der damaligen Hauptgeschäftsstraße der preußischen Industriestadt Harburg a. d. Elbe, die auch heute noch die Lüneburger Straße in der Harburger Altstadt mit der Winsener Straße in Wilstorf verbindet, aber längst nicht mehr den Glanz früherer Jahre ausstrahlt.

Als Julius Markus 1925 starb, brachen schlechtere Zeiten für das Betten- und Konfektionshaus Markus in der Wilstorfer Straße an. Zunächst übernahm seine verwitwete Frau Rosa die Geschäftsführung, die das Haus noch weitgehend unbeschadet durch die Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre steuerte. Doch als ihr Sohn Max nach dem Tod seiner Mutter 1935 ihr Erbe antrat und die Nationalsozialisten inzwischen an der Macht waren, konnte er den Abwärtstrend nicht mehr aufhalten. Die nicht-jüdische Kundschaft wandte sich anderen Anbietern zu. Im August 1938 musste Max Markus das Geschäft verkaufen und suchte sich eine neue Wohnung im Grindelviertel in Hamburg.

Auch seine Geschwister lebten inzwischen nicht mehr in ihrer Geburtsstadt. Seine Schwester Elsa hatte geheiratet und war nach Köln verzogen. Andere emigrierten. Das Auswanderungsverbot der nationalsozialistischen Reichsregierung vom 23. Oktober 1941 beendete diese Fluchtbewegung endgültig.

Kurz danach begannen die Deportationen von jüdischen Männern, Frauen und Kindern in den Osten. Am 30. Oktober 1941 verließ ein Sonderzug mit Elsa Traub und 1010 weiteren `Volljuden´ den Kölner Hauptbahnhof. Einen Tag später traf er in der einst polnischen Stadt Lodz ein, die inzwischen in Litzmannstadt umbenannt und dem Deutschen Reich einverleibt worden war. Hier hatten die Nationalsozialisten gleich nach der Besetzung Polens ein riesiges Getto errichtet, das bald darauf durch die Ankunft weiterer Zuzügler aus dem Westen heillos überfüllt war. Die Neuankömmlinge trafen hier auf eine Welt, die ihnen völlig fremd war. Sie begegneten Menschen, die zerlumpte Kleidung trugen, die von Hunger und Entbehrung gekennzeichnet waren und die sich in einer Sprache unterhielten, die sie nicht verstanden. Wohin sie auch blickten, überall sahen sie verfallene und verwahrloste Holzhäuser, und auf Schritt und Tritt schlug ihnen der Gestank von nicht entsorgten Abfällen und Fäkalien entgegen.

Keine sieben Monate später vollzog sich hier im Getto Litzmannstadt der Übergang von der Deportations- zur Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten. Im Mai 1942 wurden 10.993 Juden, die hauptsächlich zu den im Herbst 1941 aus Prag, Wien, Luxemburg und dem `Altreich´ ins Getto Deportierten gehörten, in das Todeslager Chelmno/Kulmhof abtransportiert und dort ermordet.

Zu ihnen gehörte die 57jährige Elsa Traub. Auch ihre Brüder Max, Siegfried und Hugo Markus – mit seiner Ehefrau Gretchen Markus, geb. Daltrop, – sowie ihre Schwester Franziska Simon – mit ihrem Ehemann Michaelis Simon – überlebten den Holocaust nicht (siehe: www.stolpersteine-hamburg.de).


Stand: April 2019
© Klaus Möller

Quellen: Staatsarchiv Hamburg, 522-1, Jüdische Gemeinden, 992b; Staatsarchiv Hamburg, Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus, bearbeitet von Jürgen Sielemann unter Mitarbeit von Paul Flamme, Hamburg 1995; Gedenkbuch für die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Bundesarchiv Koblenz (Hrsg.), Koblenz 2006, S. 781; Yad Vashem, The Central Database of Shoa Victims´ Names: www.yadvashem.org; Harburger Opfer des Nationalsozialismus, Bezirksamt Harburg (Hrsg.), Harburg 2003; Barbara Günther, Margret Markert, Hans-Joachim Meyer, Klaus Möller, Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg, Landeszentrale für politische Bildung, Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hrsg.), Hamburg 2012; Maria Koser/Sabine Brunotte, Stolpersteine in Hamburg-Eppendorf und Hamburg-Hoheluft-Ost, Landeszentrale für politische Bildung, Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hrsg.), Hamburg 2011; Eberhard Kändler/Gil Hüttenmeister, Der jüdische Friedhof Harburg, Hamburg 2004; Harburger Adressbücher; Mathias Heyl, Vielleicht steht die Synagoge noch. Jüdisches Leben in Harburg 1933–1945, Norderstedt 2009; Alfred Gottwaldt, Diana Schulle, Die `Judendeportationen´ aus dem Deutschen Reich 1941–1945, Wiesbaden 2005; Samuel Krakowski, Das Todeslager Chelmno/Kulmhof. Der Beginn der Endlösung, Göttingen 2007; Die Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt, Sascha Feuchert, Erwin Leibfried, Jörg Riecke (Hrsg.), Göttingen 2007; Andrea Löw, Juden im Getto Litzmannstadt. Göttingen 2006; Deutsche Jüdinnen und Juden in Ghettos und Lagern (1941–1945), Lodz, Chelmno, Minsk, Riga, Auschwitz, Theresienstadt, Beate Meyer (Hrsg.), Hamburg 2017.

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