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Max Stein * 1870

Lüneburger Straße 26 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
MAX STEIN
JG. 1870
1933 ZWANGSVERKAUF
DES GESCHÄFTES
EINGEWIESEN 22.12.1936
KRANKENHAUS HARBURG
"VERLEGT" 24.12.1936
HEILANSTALT LÜNEBURG
TOT 17.4.1937

Max Stein, geb. am 22.11.1870 in Pritzwalk, gestorben am 17.4.1937 in der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg

Mitglied der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Harburg-Wilhelmsburg 1927–1933

Der Harburger Textilkaufmann Max Stein stammte aus einer jüdischen Händler- und Kaufmannsfamilie in der preußischen Provinz Brandenburg. Seine Eltern waren der Handschuhmacher und Kaufmann Liepmann (Liebmann) Stein (ca. 1828–1897) und seine Frau Taube (Täubchen), geb. Berliner (ca. 1835–1912). Liepmann Stein kam in der Kleinstadt Havelberg als Sohn des Handelsmanns Abraham (Levin) Stein und der Hanna (Johanna) Heydemann (Lewin) zur Welt. In den 1860er-Jahrenkam er nach Pritzwalk im Kreis Ostprignitz, wo damals wenige jüdische Familien lebten. Er verband sich mit der Tochter des Handelsmanns Feibel Moses Berliner und der Ceres (Zerel), geb. Samuel (Löwenthal).

Liepmann Steinwohnte mit seiner Familie in der Marktstraße 43, der Haupteinkaufsstraße des Ortes. Erst mit Einführung der Standesämter der preußischen Verwaltung ließen er und Täubchen sich 1875 als Ehepaar in das Heiratsregister eintragen, und Liepmann wurde offiziell als Vater der beiden Kinder anerkannt. Als Max Stein fünf Jahre alt war, starb seine Schwester Johanna (1863–1875) an Scharlach. Weitere Geschwister sind nicht bekannt.

Max Stein besuchte nach der Volksschule das Königliche Realgymnasium in der Nachbarstadt Perleberg bis zur Mittleren Reife. Es schloss sich eine kaufmännische Ausbildung von vier Jahren ebenfalls in der Kreisstadt der Westprignitz an, die damals schon mehr Möglichkeiten bot als sein Geburtsort. Danach arbeitete er zunächst als Manufakturwarenverkäufer an wechselnden Orten. So lebte er 1897 als Handlungsgehilfe in Brandenburg a. d. Havel, als er den Tod seines Vaters Liepmann am 15. Dezember in Pritzwalk anzeigte.

Um die Jahrhundertwende kam er in die aufstrebende Industriestadt Harburg mit ihrem Einzugsbereich in die ländliche Umgebung. Bei seiner ersten Erwähnung im Harburger Adressbuch 1901 wohnte Max Stein, inzwischen Geschäftsführer einer Textilfirma, in der Brückenstraße 10. Es handelte sich bei dieser Firma um das seit 1899 in der Stadt ansässige "Berliner Waarenhaus Harburg a. E. En gros. En detail." in der 1. Wilstorfer Str. 79, das 1902 mit seiner "Specialität: Unterzeuge für Herren, Damen und Kinder. Grösstes Lager in Strickwolle. Für Händler und Wiederverkäufer unbedingt günstigste Einkaufsstelle" warb. Diese und die anschließende Lüneburger Straße bildeten zusammen die Einkaufsmeile der Stadt. Nicht wenige Geschäfte wurden von Juden geführt, denn sie spielten zunehmend eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben, insbesondere im Einzelhandelsbereich und als Großhändler.Die Stadt Harburg konnte daher einem jungen,aufstrebenden jüdischen Kaufmannwie Max Stein die Chance zu einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg mit eigenem Unternehmen bieten.

Das Jahr 1904 brachte weitreichende Veränderungen im privaten und beruflichen Leben von Max Stein. Am 7. September heiratete er in Rostock Else Pincus, die Tochter des bereits verstorbenen jüdischen Kaufmanns und Rentiers Isidor Pincus (1851–1902) und seiner Ehefrau Bertha (Berta), geb. Lichenheim (1859–1941), und zog mit ihr in Harburg in die Lüneburger Straße 44. Else wurde am 5. Mai 1881 in Kröpelin, einer mecklenburgischen Kleinstadt bei Bad Doberan, geboren und wuchs zunächst dort, bald darauf in Parchim und schließlich in Rostock auf. Im Gegensatz zu Max hatte Else mehrere Geschwister. Der Bruder Hans (1884–1911) studierte Rechtswissenschaften und ließ sich dann als Rechtsanwalt in Rostock nieder. Die Schwester Ina Paula (1889–1945) heiratete 1912 in Harburg den Hamburger Kaufmann Arthur Schuster und zog mit ihm nach Hamburg, wo dieser am Neuen Steinweg 64 ein Geschäft für Glas, Porzellan und Küchenartikel betrieb.

Nur wenige Tage nach seiner Eheschließungließ Max Stein am 28. September 1904 im Handelsregister seine eigene Firma eintragen und stieg vom Geschäftsführer zum selbstständigen Einzelhändler auf. Er übernahm das Berliner Warenhaus in der 1. Wilstorfer Straße 79 und bewarb 1905 sein Unternehmen "Max Stein, vormals Berliner Warenhaus" mit denselben Worten, wie es zuvor bei der Harburger Kundschaft eingeführt und bekannt war. Einige Jahre später war es soweit etabliert, dass er es ausschließlich unter seinem eigenen Namen "Max Stein" führen konnte.

Um 1905 erwarb er das direkt dem noblen Hotel Kaiserhof gegenüberliegende dreigeschossige Wohn- und Geschäftshaus in der 1. Wilstorfer Straße 2 (später Nr. 5) von dem Vorbesitzer Selly Meier, der sein dort ansässiges Geschäft für Herren- und Damenkonfektion bereits aufgegeben und die Räumlichkeiten inzwischen an eineFirma für Haus- und Kücheneinrichtungen verpachtet hatte. Max Stein ließ die Räume für seine Geschäftsbedürfnisse herrichten und orientierte sich mit seinem Sortiment zunächst weiterhin am Berliner Warenhaus. Auf einer Fläche von rund 230 qm bot er in zwei Ladenabteilungen Manufakturwaren, Wäsche sowie Kurzwaren und Strickwolle an und fungierte zudem als Zwischenhändler für kleine Einzel- und Landhändler.

Kurz darauf wohnte auch die Familie Stein über dem Ladengeschäft in der Wilstorfer Straße. Am 7. Juli 1905 war die Tochter Charlotte geboren worden, am 14. September 1908 kam Tochter Hilde zur Welt.Harburg entwickelte sich immer mehr zum Mittelpunkt der Familie. Nach dem Tod ihres Sohnes Hans im Jahr 1911 war die Mutter von Else Stein, Bertha Pincus, mit ihrer jüngeren Tochter Ina von Rostock nach Harburg gezogen. Auch weitere Verwandte von Else ließen sich hier nieder, so ihre verwitwete Tante Franziska Mayer (1853–1939) und ihre Cousine Grethe (1880–1945), die 1910 den dort ansässigen Kaufmann Julius Marcus (1876–1945) heiratete.

Die Anwesenheit von Bertha Pincus in Harburg erwies sich später als Glücksfall für die Familie. Am 29. Dezember 1917 verstarb Else Stein an der spanischen Grippe und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Harburg bestattet. Max Stein ließ ein großzügiges Grabmal errichten. Bertha zog in die zweite Wohnung im Haus Wilstorfer Straße 2 ein und kümmerte sich um die beiden minderjährigen Kinder ihrer Tochter. Beide Mädchen besuchten das Lyzeum in Harburg bis zur mittleren Reife. Charlotte absolvierte danach die Handelsschule und arbeitete zunächst außerhalb Harburgs als Bürokraft und ab 1926 dann als Privatsekretärin bei dem jüdischen Harburger Rechtsanwalt und Notar Hugo Aschenberg. Hilde besuchte das Froebel-Institut und machte eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.

So konnte Max Stein sich verstärkt dem weiteren Ausbau seines Geschäfts widmen, woran auch sein zeitweiser Einsatz im Ersten Weltkrieg (1914–1918) nichts änderte. Er beschäftigte über die Jahre hinweg immer etwa zehn bis zwölf Angestellte, galt als "solider, fleißiger Kaufmann … und hatte bis zur Inflationszeit überhaupt nie Geldschwierigkeiten irgendwelcher Art. Das Geschäft hatte einen derartigen Umfang, daß er neben dem gutbürgerlichen Lebensunterhalt es sich leisten konnte, seinen beiden Töchtern eine erstklassige Erziehung angedeihen zu lassen."

Max Steinzählte bald aufgrund seiner persönlichen Leistungen zu den angesehenen Kaufleuten der Stadt und bekleidete einige Ehrenämter. Als Unternehmer und Einzelhändler saß er ab 1927 in den Gremien der Industrie- und Handelskammer Harburg-Wilhelmsburg und war der Wahlfachgruppe des Kleinhandels – einem Einzelhandelsausschuss – für den Stadtkreis Harburg-Wilhelmsburgzugeteilt, zusammen mit dem Harburger Kaufmann Sally Goldmann sowie dem Wilhelmsburger Kaufmann Paul Michels für den Stadtkreis Harburg-Wilhelmsburg-Nord.Darüber hinaus engagierte sich Max Stein im Arbeitgeberverband für den Einzelhandel Harburg-Wilhelmsburg e. V. und war dort führend tätig, so 1928 als Vorsitzender. Als Mitglied des Schiedsgerichts gegen den unlauteren Wettbewerb kümmerte er sich um den Einzelhandel in seiner Stadt.

Als Musikbegeisterter gründete Max Steinmit anderen Interessierten den Orchesterverein "Dur & Moll" und hatte das Amt des Beisitzers, zeitweilig des Vorstandes inne. Er selbst spielte Geige und Klavier und besaß eine umfangreiche musikalische Bibliothek. Er war seit vielen Jahren Mitglied der jüdischen Synagogengemeinde Harburg-Wilhelmsburg und beteiligte sich dort und im jüdischen gesellschaftlichen Leben in verschiedenen Bereichen. Außerdem engagierte er sich in seiner Freizeit im Jüdischen Kegelverein.Das hinderte ihn nicht, sich der Freimaurerei zuzuwenden. Am 11. Oktober 1910 wurde er von der Loge "Emanuel zur Maienblume" in Hamburg aufgenommen.

Die Inflationszeit bedeutete erstmals einen tiefen Einschnitt in der geschäftlichen Entwicklung des Manufaktur- und Textilwarenunternehmens. "Wie bei vielen derartigen Kaufleuten konnte auch … [Max Stein] den durch die Inflation begründeten Verlust seines Vermögens nicht überwinden. Er versuchte etwa im Jahre 1924 noch einmal, das Geschäft aufzubauen. Dieses ist ihm anscheinend auch gelungen." Die weiteren wirtschaftlichen Krisen der Weimarer Republik in den folgenden Jahren bedeuteten eine zusätzliche Erschwernis. Die Landbevölkerung, die einen Großteil seiner Kundschaft ausmachte, litt zunehmend unter der Agrarkrise und musste sich immer stärker einschränken. Daher fasste Max Stein einen radikalen Entschluss. Zum 1. August 1927 verkaufte er sein Wohn- und Geschäftshaus Wilstorfer Straße mit der inzwischen geänderten Hausnummer 5 an die Stadt Harburg zum Preis von 150.080 RM und investierte einen Großteil der Kaufsumme in sein Geschäft. Damit schien das Unternehmen für die kommenden Jahre gut aufgestellt zu sein, selbst als 1930 ein entgleister Straßenbahnwaggon Schaufenster und Laden demolierte.

Inzwischen trugen die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ab 1929 mit einer rapiden Zunahme der Arbeitslosen sowie die Bankenkrise 1931 zu einem veränderten Kaufverhalten der gesamten Harburger Bevölkerung bei. Nicht nur auf dem Land wurde das Geld knapp, sondern auch die Industriearbeiter verfügten kaum noch über die nötigen Mittel. Zudem führte die unsichere Lage zu einem Erstarken der NSDAP insbesondere in den ländlichen Gebieten. Wie die anderen jüdischen Kaufleute in Harburg spürte Max Stein bereits geraume Zeit vor der "Machtergreifung" am 30. Januar 1933 die Auswirkungen der veränderten politischen Stimmung. Es kam durch die nationalsozialistische Propaganda sowie die daraus resultierendeVerunsicherung der Kunden zu einem Kaufboykottmit starkem Geschäftsrückgang und hohen Einnahmeverlusten. "Zu dem Kundenkreis des Geschaeftes gehoerten in der Hauptsache die Landbewohner des weiteren Umkreises und zu einem kleineren Teil Arbeiter aus der Stadt. Bereits in der 2. Haelfte des Jahres 1931 ging das Geschaeft zurueck und dieser Rueckgang verstaerkte sich in den 1. Monaten des Jahres 1932 erheblich. Der Grund hierfür war, dass die Landbevölkerung zu dieser Zeit schon durch Nazi-Propaganda aufgestachelt war und durch Bedrohungen davon Abstand nahm, in juedischen Geschaeften zu kaufen", so beschrieb später seine Tochter Charlotte die wirtschaftliche Situation ihres Vaters.

Schließlich sah sich Max Stein 1932 gezwungen, sein Geschäft aufzugeben. In einem sechswöchigen Generalausverkauf im Juni/Juli 1932 verschleuderte er das Ladensortiment sowie sein reichhaltiges Lager "zu Ramschpreisen", die Reste wurden anschließend meistbietend versteigert. Damit hatte er nahezu alles verloren, sein Lebenswerk war zerstört. Zwar versuchte er noch eine Zeitlang, als Vertreter von Textilwaren seinen Lebensunterhalt zu verdienen, doch dieser Versuch scheiterte 1933, da "niemand bei einem Juden kaufen wollte", so seine Tochter Hilde.

In den folgenden Monaten wurde Max Stein noch von seinen beiden Töchtern unterstützt, bis diese schließlich nach Palästina auswanderten. Seit 1926 hatte Charlotte wieder beim Vater gewohnt, nachdem sie zuvor in Hamburg und Schleswig-Holstein gelebt hatte. Doch mit ihrer Kündigung zum Juni 1933 trieb sie ihre Auswanderung voran und verließ Harburg am 19. August 1933. In Palästina heiratete sie am 5. September 1933 den im April gleichfalls ausgewanderten lettischen Juden Josua (Sascha Jehoschua) Zalmansons (Salmansohn). Nur wenige Wochen später folgte ihr die Schwester Hilde. Ihr "fiel der Abschied von ihrem Vater nicht leicht;wußte sie doch daß er nicht gesund und fast mittellos zurückblieb." Kurz zuvor hatte sie den Harburger Arzt und Zionisten Kurt Horwitz (1906–1986) geheiratet und verließ mit ihm am 23. Oktober 1933 über Triest Europa.

Die Schwiegermutter Bertha Pincus warbereits nach Verkauf des Hauses Ende der 1920er Jahre nach Hamburgin der Nähe ihrer Tochter Ina gezogen. Mit der Geschäftsaufgabe von Max Stein übernahmen andere Unternehmen die Ladengeschäfte, so Filialen der Lindor Strumpfläden GmbH und der Walter Meßmer Kaffee- und Konfitürenhandlung sowie die Elektrotechnikfirma Flöring & Petzold. Max Stein musste sich nach der gescheiterten beruflichen Existenz immer weiter einschränken. Er war "genoetigt, seinen gesamten Hausrat bis auf ein Zimmer zum Zwecke des Lebensunterhaltes zu minimalen Preisen zu verschleudern." Im September 1933 gab er seine große Wohnung bis auf ein Zimmer auf und musste sich mit den neuen Bewohnern arrangieren.

Besonders traf Max Stein, dass er 1933 aus den Gremien der Industrie- und Handelskammer, des Orchestervereins nach 30-jähriger Mitgliedschaft sowie weiterer Institutionen ausgeschlossen wurde. Diese Ausgrenzung war nur schwer zu ertragen und machte sich auch gesundheitlich bemerkbar. "Herr Stein konnte nach Schliessung des Geschäfts eine Existenz nicht mehr finden, da seine Nerven vollkommen zerrüttet waren", so die Aussage eines Zeugen im Wiedergutmachungsverfahren.

1936 wurde Max Stein in das Kranken- und Altenhaus der Altonaer und Hamburger Hochdeutschen Gemeinde in der Blücherstraße 18–20 in Altona eingewiesen, da es in Harburg keine vergleichbare Einrichtung für Juden gab. Ob das in Verbindung mit einem Schlaganfall geschah, lässt sich nicht mehr feststellen. Seine beiden Töchter gingen zumindest davon aus, dass er zwei Schlaganfälle gehabt hatte. Als Vertreterin vermögensrechtlichen Angelegenheiten wurde von Amts wegen der Kaufmann Sally Goldmann bestellt, nach dessen Tod am 29. März 1937 übernahm dann der Harburger Kaufmann John Danziger die Betreuung.

Im Dezember 1936 hatte sich der Gesundheitszustand vonMax Stein extrem verschlechtert. Völlig orientierungslos war er auf Anweisung der Ortspolizeibehörde Harburg-Wilhelmsburg zunächst in die Städtischen Krankenanstalten Harburg-Wilhelmsburg zur genauen Untersuchung aufgenommen worden. Dort stellte man eine Demenz nach einem Schlaganfall fest. Er sei "für die Allgemeinheit eine erhebliche Belastung. Die Unterbringung in eine geschlossene Anstalt ist deshalb dringend nötig." Daraufhin erkundigte sich die Ortspolizeibehörde, ob Max Stein damit als Geisteskranker nach dem Gesetz anzusehen sei, und bat um Ergänzung des Gutachtens. Obgleich alle, auch noch später erfolgte Untersuchungen ihn als hilflosen, in sich zurückgezogenen Menschen beschrieben, stellte der Amtsarzt schnell noch"Gemeingefährlichkeit" fest.

Damit war das Schicksal von Max Stein besiegelt. Er wurde am 24. Dezember 1936 in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt zu Lüneburg aufgenommen. Die Patientenakte beschreibt ihn als Pflegefall, der nur noch selten auf Fragen Antwort geben konnte. Nach einem mehrtägigen leichten Fieber mit Abszess starb Max Stein am 17. April 1937. Später wurde sowohl eine Herzbeutelentzündung als auch ein Hirntumor festgestellt. Eine medizinische Behandlung während dieser vier Monate ist bis auf die Öffnung des Abszesses aus der Akte nicht ersichtlich.

Am 24. September 1937 schrieb die Industrie- und Handelskammer Harburg-Wilhelmsburg an das dortige Amtsgericht, die Firma Max Stein sei "erloschen, da seit langem kein Geschäftsbetrieb mehr ausgeübt wird." Die Löschung sei zwangsweise herbeizuführen, was schließlich am 1. März 1938 vollzogen wurde. Das Amt für Wiedergutmachung lehnte 1960 eine Entschädigung des materiellen Schadens der Erbengemeinschaft Max Stein ab. Da das Bundesentschädigungsgesetz erst für die Zeit ab dem 30. Januar 1933 zur Anwendung käme, nehme man an, dass die Weltwirtschaftskrise – und nicht die Diffamierung als Jude – die Schließung des Geschäfts 1932 bedingt habe.

Lotte Lea (Charlotte) Salmansohn übte in Palästina zunächst nur einfache Tätigkeiten aus, bevor sie 1956 bei der United Restitution Organization als Büroangestellte anfing. Ihr Ehemann fand Arbeit als Chauffeur. Das Paar hatte zwei Töchter, 1935 und 1946 geboren. Lotte Lea starb am 18. Mai 1976 in Rishon le Zion/Israel. Hilde Horwitz ging mit ihrem Mann für fast 20 Jahre in einen Kibbuz. Erst Anfang der 1950er Jahre konnte ihr Mann wieder als Arzt in Tel Aviv tätig sein. Das Paar hatte zwei Söhne und eine Tochter. Hilde starb 1988 in Tel Aviv/Israel.


© Text mit freundlicher Genehmigung der Handelskammer Hamburg (Hrsg.) entnommen aus: "Gegen das Vergessen. Opfer totalitärer Verfolgung aus dem Ehren- und Hauptamt der Handelskammer Hamburg". Hamburg 2019


Stand: Oktober 2019
© Barbara Günther

Quellen: 1; Landeshauptarchiv Schwerin 5.12-3/20 (Statistisches Landesamt, Band 2288, B-Zählkarte, Zählbezirk 211, Haushaltungsliste 20); Landeshauptarchiv Schwerin 5.12-3/20 (Statistisches Landesamt, Kröpelin, Haushaltsliste 462); NHSA Hannover, 155 Lüneburg Acc. 2004/66 Nr. 08523 (Landesheilanstalt Lüneburg, Patientenakte Max Stein); Sta Pritzwalk, Personenstandsregister (Standesamt Pritzwalk, Heiratsregister 1875 Nr. 12); Sta Pritzwalk, Personenstandsregister (Standesamt Pritzwalk, Sterberegister 1897 Nr. 134); Sta Pritzwalk, Personenstandsregister (Standesamt Pritzwalk, Sterberegister 1912 Nr. 90); Sta Pritzwalk, Personenstandsregister (Standesamt Pritzwalk, Sterbeurkunde 1875 Nr. 216); StAHH 332-5_11408 (Standesamt Harburg, Heiratsregister 1912 Nr. 534); StAHH 332-5_11782 (Standesamt Harburg, Sterberegister 1917 Nr. 1196); StAHH 332-5_11846 (Standesamt Hamburg-Harburg, Sterberegister 1939 Nr. 176); StAHH 332-5_8173 (Standesamt Hamburg 02, Sterberegister 1941 Nr. 570); StAHH 332-5_8173 (Standesamt Hamburg 03, Sterberegister 1941 Nr. 517); StAHH 351-11_1637 (Amt für Wiedergutmachung, Erbengemeinschaft Max Stein); StAHH 351-11_29557 (Amt für Wiedergutmachung, Lotte Lea (Charlotte) Salmansohn); StAHH 351-11_31685 (Amt für Wiedergutmachung, Kurt Horwitz); StAHH 430-62_III a 40 Band I (Katasteramt: Wilstorfer Straße 5, Steuerrolle 3855); StAHH 430-64_VII A 1 Band 1 (Handelsregister des königlichen Amtsgerichts in Harburg, Abt. A 397); StAHH 430-64_VII B 397 (Amtsgericht Harburg, Handelsregisterakte Firma Max Stein); StAHH 522-1_979 (Synagogengemeinde in Harburg); Adressbuch der Stadt Harburg; Die Industrie- und Handelskammer Harburg-Wilhelmsburg 1866 bis 1936, hrsg. von der Industrie- und Handelskammer Harburg-Wilhelmsburg, Harburg-Wilhelmsburg 1937, S. 146; Hamburger Adressbuch 1912; Heyl, Michael: "Vielleicht steht die Synagoge noch!" Jüdisches Leben in Harburg 1933–45, Norderstedt 2009, S. 22, 38, 179.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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