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Kurt Elvers * 1919

Osterstraße 26 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
KURT ELVERS
JG. 1919
ERSCHOSSEN AM
20.02.1945 IN HAMBURG

Kurt Elvers, geb. am 24.9.1919, 1944 in Bremen denunziert und verhaftet, am 20.2.1945 in Hamburg hingerichtet

Osterstraße 26

Kurt Elvers‘ Vater stammte aus dem Kreis Lüneburg, wo sein Großvater einen Kohlen- und Kartoffel-handel betrieb, außerdem hatte er ein Motorschiff auf der Elbe. Seine Mutter kam aus Wandsbek.

Kurt Elvers besuchte vier Jahre die Privatschule von Erna Luetgens in Hamburg, später die Oberrealschule in Eimsbüttel bis zur Untertertia. Die Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt im Schulweg 40. Es folgte eine vierjährige Schlosserlehre bei dem Bauschlosser Oskar Goldsteiner in Hamburg. Kurt Elvers wollte die Bauschlosserei seines Vaters übernehmen. Ostern 1939 legte er die Gesellenprüfung ab. Am 29. August 1939 wurde er zur Wehrmacht eingezogen.

Zunächst kam er zur I.G.Ers.Komp. (mot) 20 in Hamburg-Wandsbek, Esdorf-Kaserne. Im Februar 1940 wechselte er zu einer Fla.Feldeinheit, die in Bremen aufgestellt wurde. Es handelte sich um das Fla.Batl. 605. Bis Februar 1941 war Elvers in der Normandie stationiert, wurde anschließend nach Polen verlegt und nahm schließlich am Überfall auf die Sowjetunion teil. Am 17. Oktober 1941 wurde er durch einen Querschläger am Oberarm verwundet und war im Januar 1942 wieder in Bremen. Bis Januar 1943 erkrankt, nahm er dort an einem Wettbewerb für Freizeitgestaltung teil, in dem er den 1. Preis gewann. Durch die Vermittlung seiner Kompanie erreichte er, zur Nordischen Kunsthochschule in Bremen vermittelt zu werden, wo er im Mai 1944 ein Kunststudium aufnahm.

Von den Professoren der Kunsthochschu­le wurde Kurt Elvers als "talentiert" und "besonders eifrig" eingestuft. Mehrfach äußerte der junge Soldat den Wunsch, nicht mehr an die Front zurückkehren, sondern stattdessen sein Kunststudium beenden zu wollen. Im Kreis der Kommilitonen scheint er ebenfalls als "Talent" angesehen worden zu sein, galt aber auch als kritisch gegenüber dem NS-Regime. So berichtete er über seine Beobachtu­gen als Soldat und dass er nicht den "Heldentod" sterben wolle. Als er im Sommer 1944 von dem Attentat der Offiziere um Stauffenberg auf Hitler erfuhr, soll er sich gegenüber einigen Mitstudenten mit den Worten geäußert haben: "Schade, dass es nicht geklappt hat. Sonst hätten wir jetzt Frieden". Eine Studentin, der gegenüber er diese Äußerung gemacht haben soll, zeigte sich entsetzt: "Ich war als Deutsche darüber empört, dass in einer Zeit, als die letzten Kräfte der Nation eingesetzt wurden, in heimtückischer Weise gegen die Kriegsführung gehetzt und da­durch die Siegesmöglichkeit gefährdet wurde." Als Elvers´ Äußerungen bekannt wurden, denunzierte ihn einer seiner Kommilitonen bei der Gestapo.

In der Hauptverhandlung vom 30. Oktober 1944 vor einem Kriegsgericht in Verden wurde er zum Tode verurteilt. Verzweifelte Versuche des Vaters, eine Begnadigung zu erreichen, scheiterten. Auch Interven-tionen einiger Professoren erreichten keine Änderung des Urteils. Am 20. Februar 1945 wurde Kurt Elvers in Hamburg-Höltigbaum erschossen und zunächst auf dem Kriegsgräberfeld auf dem Ohlsdorfer Friedhof beerdigt.

Sein Vater veranlasste jedoch ein halbes Jahr nach Kriegsende am 16. Januar 1946 die Umbettung in ein Privatgrab auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Nachdem die Eltern ebenfalls gestorben waren und weitere Angehörige nicht bekannt waren, drohte die Grabstätte eingeebnet zu werden. Aufgrund verschiedener Initiativen (Hamburg: Willi-Bredel-Gesellschaft, Geschwister-Scholl-Stiftung; Bremen: Erinnern für die Zukunft e.V.) konnte das Gedenken an Kurt Elvers gesichert werden: So wurde am 20. Februar 2011 in Bremen Am Wandrahm 23 ein weiterer Stolperstein verlegt, und auf dem Ehrenfeld der Geschwister-Scholl-Stiftung Hamburg erinnert seit September 2012 auf dem Friedhof in Ohlsdorf ein Gedenkstein an Kurt Elvers. Die Bezirksversammlung Wandsbek beschloss im Novem­ber 2012, in der Jenfelder Au neu zu errichtende Straßen auch nach Opfern der NS-Militärjustiz zu benennen und einen Kurt-Elvers-Weg anzulegen.

Der Vater hatte nach 1945 mehrfach versucht, die Schuldigen an dem Tod seines Sohnes zur Rechen-schaft zu ziehen. In einem umfangreichen Entnazifizierungsverfahren in Bremen gegen den Haupt-denunzianten Gerhard Barnstorf wurde dieser zunächst zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt. Die Strafe musste er jedoch nie antreten. Alle anderen Mitbeteiligten an der Denunziation blieben unbehelligt. Ermittlungsverfahren, die der Vater nach dem Spruch der Bremer Spruchkammer anstrebte, wurden von der Bremer Staatsanwaltschaft ebenfalls eingestellt. Zur Begründung formulierte der Oberstaatsanwalt 1960 abschließend: "Man kann es deshalb nicht als ungewöhnlich bezeichnen, dass der Verurteilte [gemeint ist Kurt Elvers, d. A.] im Sinne der damaligen scharfen Maßstäbe, die an die Erhaltung der Manneszucht gestellt wurden, in vollem Maße für schuldig befunden wurde; denn mangels Vorliegens der schriftlichen Urteilsgründe muss ja davon ausgegangen werden, dass das Kriegsgericht sich mit dem Gesamtverhalten des damaligen Angeklagten Elvers bereits befasst hat. Diese damals angewandten harten – uns heute fremd gewordenen – Maßstäbe lassen sich aber, um einen Sammelbegriff zu gebrauchen, durch die Kriegsnotwendigkeiten – wie man dieses damals sah – rechtfertigen und können nicht ohne weiteres rechtsfremden oder rechtsfeindlichen Zwecken der Strafzumessung gleichgesetzt werden. Danach sind weitere Ermittlungen nicht erforderlich."

© Hans Hesse

Quellen: Staatsarchiv Bremen, 4, 66 – I., 367–370 (umfangreiche Entnazifizierungsakte des als Denunziant verurteilten Gerhard Barnstorf); Hans Hesse, Bis zur Narbe – Eine Erzählung, Bremen 2011 (Hrsg. von Hochschule für Künste Bremen); ders., "Die Nordische Hochschule für bildende Kunst soll, schöpfend aus dem Urgrunde deutsch-nordischen Volkstums, mitarbeiten am Aufbau arteigener Kultur im Sinne Adolf Hitlers" – Skizzen zur Geschichte der Nordischen Kunsthochschule (NKH), in: Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte, Nr. 23/24, 2009, S. 85–104.

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