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Ruth Falck * 1929

Försterweg 43 (Eimsbüttel, Stellingen)

1942 Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Försterweg 43:
Salomon Falck, Lina Falck, Hilde Falck, Gerta Lazarus, Ilse Lazarus

Salomon (Siegbert) Falck, geb. 21.9.1897 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, gestorben am 29.3.1945 in Buchenwald
Lina Falck, geb. Heimann, geb. 29.1.1892 in Hamburg, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz
Hilde Falck, geb. 16.12.1924 in Hamburg, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz
Ruth Falck, geb. 16.6.1929 in Stellingen, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz

Försterweg 43

Den seit 1894 verheirateten Eheleuten Ferdinand Falck und Rosalie Falck, geb. Rittlewski (geb. 8.5.1861 in Hamburg), wurde 1897 in Hamburg in dem jüdischen Wohnstift in der Schlachterstraße 40 ein Sohn geboren, der den Namen Salomon Falck erhielt. Wohnstifte wie dieses waren von wohlhabenden Jüdinnen oder Juden meist als Unterkünfte für Bedürftige errichtet worden. Vermutlich verfügte Familie Falck über ein nur geringes Einkommen.

Über die schulische und berufliche Ausbildung von Salomon Falck liegen keine Informationen vor. Vielleicht hat er am Ersten Weltkrieg als Soldat des kaiserlichen Deutschland teilgenommen. 1923 zeigt sein Eintrag in der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde, dass er als Reisender für die Holsatia-Werke Neumann & Co. GmbH aus Altona-Ottensen (Fahrzeug- u. Räderbau, zerlegbare Schlafzimmer) tätig war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte er sich den zweiten Vornamen (Rufnamen) Siegbert zugelegt, wohl um nicht sofort über seinen Vornamen als Jude erkannt und ausgegrenzt zu werden.

Die Inflation in Deutschland dürfte sowohl seinen Kunden als auch ihm große materielle Probleme bereitet haben. Dennoch entschloss er sich, eine Familie zu gründen.

Salomon Siegbert Falck heiratete im Februar 1923 die aus Hamburg stammende Lina Heimann, Tochter des jüdischen Uhrmachers und Hamburger Bürgers Bernhard Heimann (1860–1918), der ein kleines Geschäft am Neuen Steinweg 26 (Neustadt) besaß, ganz in der Nähe von zwei Synagogen (darunter der 1895 geschlossenen ältesten Hamburger Synagoge am Neuen Steinweg 45 Hinterhof) und einem Jüdischen Friedhof. In der nahe gelegenen Wohnung Peterstraße 16 (Neustadt) war Lina Heimann 1892 zur Welt gekommen. Ihre Mutter Sophie Heimann, geb. Cohn (geb. 1867), stammte aus Lübeck.

Der Bruder Sally Heimann (geb. 1894) hatte ebenfalls das Uhrmacherhandwerk erlernt. 1913 zog Familie Heimann in den Stadtteil Rotherbaum, wo sie in der Rutschbahn 31 (1913–1916) und in der Heinrich-Barth-Straße 23 (ab 1916) wohnte. Ob die Betreiberin eines im Nachbarhaus Heinrich-Barth-Straße 21 geführten "Israel. Pensionat u. Mittagstisch von Frau Jenny Heimann" mit den Heimanns verwandt war, ist uns nicht bekannt.

Aus der Ehe von Salomon Siegbert und Lina Falck stammten die Töchter Hilde (geb. 1924) und Ruth (geb. 1929).

Im Dezember 1923 war der 26-jährige Salomon Siegbert Falck mit seiner Familie in die Deutsch- Israelitische Gemeinde eingetreten, zudem hatten sie sich dem orthodoxen Synagogenverband angeschlossen. Zu dieser Zeit wohnten sie in Stellingen, einem holsteinisch-pinneber­gischen Dorf, das 1927 in die preußische Großstadt Altona eingemeindet wurde. Salomon Siegbert Falck war einige Jahre (u. a. 1931) als Friedhofsinspektor für den 1883 angelegten orthodoxen Jüdischen Friedhof in Langenfelde (Stellingen) tätig. Auf dem Friedhof gab es eine Leichenhalle mit Synagoge und einer Wohnung für den Friedhofsinspektor und seine Familie. Mit einem Geschäft für Grabsteine machte sich "Siegbert Falck" selbstständig; von 1931 bis 1936 in der Fuhlsbüttelerstraße 685 und seit 1937 im Försterweg 43. Im Försterweg 43, dessen Gelände der Synagoge "Alte und Neue Klaus Hamburg" gehörte, wohnte die Familie.

In der amtlichen Hausmeldekartei wurde nun ein "J" vor die Namen der jüdischen Bewohner/innen geschrieben. 1938 erklärten die Falcks ihren Austritt aus der Jüdischen Gemeinde, vermutlich in der Hoffnung dadurch von Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten verschont zu bleiben, ab 1939 wurden sie aber wieder zwangsweise als Mitglieder geführt, als alle deutschen Juden Mitglied der Reichsvereinigung der Juden werden mussten. Ab Februar 1939 wurde beim Standesamt in Hamburg für Lina Falck zusätzlich der jüdische Zwangsvoname "Sara" eingetragen.

Die Töchter besuchten spätestens ab November 1938 die Jüdische Mädchenschule Carolinenstraße und nach der Zusammenlegung ab April 1939 die Talmud Tora Schule am Grindelhof in Hamburg-Rotherbaum. Ab November 1939 gingen sie wieder in die nun in "Volksschule und Höhere Schule für Juden" umbenannte Schule in der Carolinenstraße.

Im Mai 1940 wurde die Ehe von Salomon Siegbert und Lina Falck geschieden. Die Töchter blieben bei der Mutter im Försterweg 43; das Haus wurde vom NS-Staat als "Judenhaus" im Rahmen der Konzentration und Deportation von Juden genutzt. Hier wohnte auch die dreiköpfige Familie Lazarus (s. dieselbe). Für Lina Falck wurde in der für sie nach der Scheidung neu angelegten Kultussteuerkarte "kein Vermögen" vermerkt; ihre wirtschaftliche Situation muss zu dieser Zeit bereits recht prekär gewesen sein.

Im Juni 1940 heiratete Salomon Siegbert Falck die Verkäuferin Liselotte Rosenberg (geb. 16.12.1911 in Hamburg) und zog zu ihr in die Bogenstraße 25 (Eimsbüttel), wo sie seit 1938 mit ihren Eltern lebte. Dieses und das ebenfalls 1913 erbaute Nebenhaus Nr. 27 gehörten zur jüdischen "Z. H. May und Frau Stiftung", ab März 1939 wurden sie gezwungenermaßen mit einer dichteren Belegung vermietet und später als so genannte Judenhäuser in die Organisation der Deportationen einbezogen. Eine freie Wohnungswahl war für Juden nicht mehr möglich. Als letzte Adresse von Salomon Siegbert Falck wurde die Dillstraße 20 beim Ehepaar Max und Betti Würzburg angegeben, dass heißt, er hatte mit seiner zweiten Ehefrau ein Zimmer zur Untermiete bezogen. In der Dillstraße befanden sich in den Häusern 13, 15 und 16 jüdische Stiftswohnungen, die nun ebenfalls als "Judenhäuser" fungierten.

Salomon Siegbert Falck und seine zweite Ehefrau wurden am 25. Oktober 1941 nach Lodz deportiert – es war der erste Deportationszug mit Juden, der Hamburg verließ. Liselotte Falck starb am 30. Juni 1943 im Getto Lodz. Salomon Siegbert Falck wurde von dort ins Konzentrationslager Buchenwald weiterdeportiert. Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes recherchierte 1963 für einen "Wiedergutmachungsantrag" seine weiteren Aufenthaltsorte und teilte mit: "Er wurde am 24. Dezember 1944 vom RSHA/Tschenstochau in das KL. Buchenwald eingeliefert, Häftlings-Nr. 11874. Dort ist er am 29. März 1945 um 17.45 Uhr verstorben. Todesursache: infektiöser Magen-Darm-Katarrh." Zwei Wochen nach Salomon Falcks Tod wurde das Konzentrationslager von der US-Armee befreit.

Seine erste Ehefrau Lina Falck, geb. Heimann, und die 17 und 13 Jahre alten Töchter wurden am 11. Juli 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ohne Aufnahme der Personalien ins Gas geschickt. Von ihnen sind keine Sterbedaten bekannt. Ihre mitgeführten restlichen Habseligkeiten wurden in den Magazinen des Vernichtungslagers verstaut. Lina, Hilde und Ruth Falck wurden vom Amtsgericht Hamburg auf den 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Salomon Falcks Mutter Rosalie wohnte bereits 1934 in dem jüdischen Marcus-Nordheim-Stift (Schlachterstraße 40, Haus 3) und zog im Oktober 1939 in den Neuen Steinweg 78 ins jüdische Lazarus-Samson-Stift und Joseph-Levy-Stift, Wohnung 11. Sie wurde am 15. September 1942 in die Beneckestraße 6 in Räume der ehemaligen Deutsch-Israelitischen Gemeinde einquartiert und am 24. Februar 1943 ins Getto Theresienstadt rund 65 km nördlich von Prag deportiert, wo sie kurz vor ihrem 83. Geburtstag am 6. Mai 1944 starb. Ihre Sterbebescheinigung ist nicht erhalten.

Die Schwiegereltern, Harry Rosenberg (geb. 17.10.1875 in Hamburg) und Bettina Rosenberg, geb. Westheimer (geb. 25.9.1877 in Hamburg), hatten das 1878 gegründete Geschäft für Büro-Bedarf "Gustav Rosenberg" in der Brandstwiete (Altstadt) weitergeführt, das 1938/39 "arisiert" wurde. Spätestens seit 1913 waren die Rosenbergs Mitglieder der Deutsch-Israelitischen Gemeinde und des orthodoxen Synagogen-Verbandes. Bis 1932 lebten sie in der Hoheluftchaussee 119 (Hoheluft-West). Im Juni 1938 zogen sie in eine Stiftswohnung in der Bogen­straße 25 (Eimsbüttel). Dieses Haus wurde später zum "Judenhaus" erklärt und als Sammelquartier für die anstehenden Deportationen genutzt. Von hier aus wurden die Eheleute am 6. Dezember 1941 ins Getto Riga deportiert. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Ihre ältere Tochter Edith Rosenberg (geb. 22.3.1907 in Hamburg) emigrierte im Mai 1939 nach England, wo sie sich als Fabrikarbeiterin durchschlug.

© Björn Eggert

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 332-5 (Standesämter), 2282 u. 2/458 (Geburt Lina 1892); StaH 332-5 (Standesämter), 2433 u. 2/3243 (Geburt, 1897); StaH 332-5 (Standesämter), 8778 u. 59/1923 (Heirat, 1923); StaH 332-8 (Alte Einwohnermeldekartei), Bernhard Heimann; StaH 332-8 (Hauskartei), K 2517 (Försterweg 43); StaH 351-11 (AfW), Eg 210997 (Salomon Falck); FZH/WdE 1 (Abbildung); FZH/WdE 15 (Abbildung); AB Hamburg 1932, 1935; AB Altona 1931; TB 1931–1940; TB Anhang Altona, 1920 (Holsatia); TB 1914 (Jenny Heimann); Hamburgs Handel u. Verkehr, Illustriertes Export-Handbuch der Börsen-Halle 1912– 1914, Hamburg (ohne Jahresangabe), S. II 272 (Holsatia); Recherchen von Jürgen Sielemann, 2007; Irmgard Stein, Jüdische Baudenkmäler in Hamburg, Hamburg 1984, S. 120 (Friedhof Langenfelde); Wilhelm Mosel, Wegweiser zu ehemaligen jüdischen Stätten in den Stadtteilen Eimsbüttel/Rotherbaum (I), Heft 2, Hamburg 1985, S. 52 (Bogenstr. 25, 27); Hermann Hipp, DuMont Kunst-Reiseführer Freie und Hansestadt Hamburg, Köln 1990, S. 391 (Jüd. Friedhof Langenfelde); Ursula Randt, Die Talmud Tora Schule in Hamburg 1805 bis 1942, Hamburg 2005, S. 13 (Schülerliste: Hilde u. Ruth Falck); Hamburger Börsenfirmen, 36. Auflage, Hamburg 1935, S. 719 (Gustav Rosenberg); Frank Bajohr, "Arisierung" in Hamburg, Hamburg 1998, S. 369 (Gustav Rosenberg).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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