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Tobias Feinstein
Tobias Feinstein
© Yad Vashem

Tobias Feinstein * 1890

Gänsemarkt 33 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
TOBIAS FEINSTEIN
JG. 1890
INTERNIERT 1944
BERGEN-BELSEN
ZWANGSARBEIT WEISSENBURG
KRANKENHAUS NÜRNBERG
TOT AN HAFTFOLGEN
30.6.1945

Tobias Feinstein, geb. am 12.5.1890 in Plunge/Litauen, deportiert am 22.2.1944 nach Bergen-Belsen, verstorben am 30.6.1945 in Nürnberg

Gänsemarkt 33

Tobias Feinstein stammte aus Litauen. Er kam in der Ortschaft Plunge als Sohn von Michael und Rachel Lea Feinstein am 12. Mai 1890 zur Welt. In seiner Heimat besuchte er das Realgymnasium und absolvierte im Anschluss eine kaufmännische Lehre in Memel. Danach ließ er sich in Bad Nauheim nieder und arbeitete in einer Fabrik, die Zahnprothesen produzierte.

Im April 1922 kam Tobias Feinstein nach Hamburg. 1924 oder 1925 machte er sich mit einem "Dentaldepot" selbstständig, zunächst in der Büschstraße 13, dann am Gänsemarkt 33. Neben Zahnprothesen vertrieb er zahnärztliche und zahntechnische Bedarfsartikel. Am 11. April 1937 heiratete er Rosa Natansohn in Kretinga, einer Stadt im Westen Litauens.

Rosa Natansohn, die Tochter von Abraham und Feige Natansohn, war am 30. August 1905 im litauischen Pickeln geboren worden. Gut möglich, dass sich beide aus Memel kannten, wo Rosa nach ihrer Schulzeit eine Handelsschule besucht hatte. Sie wohnte 1935 in der dortigen Marktstraße 14 und arbeitete in Memel als Buchhalterin in einer Volksbank.

Nach der Eheschließung folgte Rosa ihrem Mann nach Hamburg. Sie arbeitete jetzt bei ihm als Buchhalterin und bediente auch die Kundschaft.

Das Ehepaar Feinstein besaß die russische Staatsbürgerschaft und musste, wie alle anderen Jüdinnen und Juden in Deutschland, die älter als sechs Jahre waren, ab September 1941 den gelben "Judenstern" tragen. Rosa Feinstein berichtete in ihrer späteren Wiedergutmachungsakte, der Einwand, sie hätten russische Pässe, habe sie und ihren Mann nicht von dieser Verpflichtung entbunden.

Wann genau Tobias Feinstein gezwungen wurde, seine Firma aufzugeben, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Der Betrieb wurde am 1. Januar 1942 aus dem Handelsregister "gelöscht". Zwar wohnte das Ehepaar noch am Gänsemarkt 33, nun allerdings zur Untermiete bei Schulz. Am 15. Oktober 1943 wurde Rosas und Tobias‘ einzige Tochter Rahel Lea geboren.

Am 22. Februar 1944 wurde das Ehepaar Feinstein in seiner Wohnung von der Gestapo verhaftet und ins KZ Bergen-Belsen gebracht. Alles, was sie besaßen, blieb am Gänsemarkt zurück.

Seit 1943 nutzte die SS in Bergen-Belsen einen Teil des Lagergeländes als "Aufenthaltslager" für jüdische Häftlinge, sogenannte Austauschjuden, die zum Austausch gegen deutsche Zivilinternierte im feindlichen Ausland vorgesehen waren.

Schon bald nach ihrer Ankunft im "Aufenthaltslager Bergen-Belsen" wurden Rosa und Tobias Feinstein voneinander getrennt. Rosa wurde mit ihrer Tochter Rahel Lea am 8. März 1944 nach Vittel im Nordosten Frankreichs gebracht. Sie kamen im Hotel Providence unter, in dem die Deutschen ein Internierungslager eingerichtet hatten. Hier waren überwiegend amerikanische und britische Staatsbürger interniert, die gegen Deutsche im feindlichen Ausland ausgetauscht werden sollten. Das Hotel befand sich in einem Park und war mit Stacheldraht umgeben. Am 23. Oktober 1944 wurden sie von alliierten Truppen befreit. Das Kriegsende erlebte Rosa Feinstein in der französischen Ortschaft La Bourboule.

Am selben Tag wie Rosa musste auch Tobias Feinstein Bergen-Belsen verlassen und wurde in das Internierungslager Wülzburg bei Weißenburg in Bayern gebracht, wo Tobias Feinstein noch die Befreiung durch amerikanische Truppen erlebte. Am 12. Mai 1945 wurde er in das Allgemeine Krankenhaus in Nürnberg eingeliefert, wo er am 30. Juni 1945 im Alter von 55 Jahren an einer "Schälblasen-Erkrankung" verstarb, die er sich während seiner Haftzeit zugezogen hatte.

Rosa Feinstein reiste mit ihrer Tochter im April 1949 von Marseille nach Israel aus. 1999 hinterlegte sie für ihren verstorbenen Mann und ihren älteren Bruder Moses Moshe Natansohn (geb. 1899), der im April 1943 im Getto Kaunas (russisch Kowno, deutsch Kauen) im besetzten Litauen ermordet worden war, Gedenkblätter bei Yad Vashem in Israel.


Stand: September 2019
© Susanne Rosendahl

Quellen: 9; StaH 351-11 AfW 30417 (Feinstein, Rosa); http://bergen-belsen.stiftung-ng.de/de/geschichte/konzentrationslager/austauschlager.html (Zugriff 6.12.2016); http://www.gedenkorte-europa.eu/content/list/490/ (Zugriff 6.12.2016); Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer Tobias Feinstein (Gedenkblatt) (Zugriff 6.12.2016); Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer Moses Moshe Natansohn (Gedenkblatt) (Zugriff 6.12.2016).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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