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Henriette Fränkel (geborene Löwenthal) * 1877

Isestraße 23 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1942 Theresienstadt
1942 Treblinka
ermordet

Weitere Stolpersteine in Isestraße 23:
Hedwig Augenstern, Gracia Gretchen Bachrach, Ingeborg Mirjam Bachrach, Hermann Bachrach, Georg Fränkel, Alice Maschke, Erich Wilhelm Maschke, Dr. Herbert Michaelis, Gertrud Seidl

Georg Fränkel, geb. 5.7.1869; deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort am 8.2.1943 verstorben
Henriette Fränkel, geb. Löwenthal, geb. 6.11.1877; deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, am 21.9.1942 weiter deportiert nach Treblinka
Erich Wilhelm Maschke, geb. 27.8.1900; deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Isestraße 23

Alice Maschke, geb. Fränkel, geb. 24.2.1912; deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Isestraße 23 und Bundesstraße 78 (Gymnasium Emilie-Wüstenfeld)

Georg Fränkel war Handelsvertreter. Er stammte aus Breslau. 1905 heiratete er die Hamburgerin Thekla Leipziger. 1906 ließ er sich als selbstständiger Kaufmann ins Handelsregister eintragen. Zunächst unterhielt er gemeinsam mit seinem Bruder Arthur eine Handelsvertretung, die er nach dem Tod seines Bruders 1925 allein weiterführte. Er beschäftigte einen Angestellten. Georg Fränkel vermittelte hochwertige Textilien an Großunternehmen, unter anderem an die Kaufhäuser Karstadt und Tietz in Hamburg, aber auch über die Stadtgrenzen hinaus, möglicherweise sogar ins Ausland. Im Wiedergutmachungsverfahren berichteten ehe­malige Geschäftspartner, Verwandte und Freunde, die Familie habe "keine Schwierigkeiten" gehabt, "ein elegantes Leben zu finanzieren".

1905 wurde eine Tochter, 1909 ein Sohn geboren. Zunächst lebte Familie Fränkel am Eppendorfer Baum und zog später in eine, wie häufig bezeugt wird, "herrschaftlich" eingerichtete Achtzimmerwohnung in der Schlüterstraße. Sie konnte ein Dienstmädchen beschäftigen und unternahm einmal im Jahr eine mehrwöchige Reise in ein Kurbad.

Tochter Edith besuchte die Privatschule von Dr. Loewenberg, Sohn Edgar zunächst die Oberrealschule in Eppendorf, später die Realschule Vor dem Holstentor. Beide spielten Tennis am Rothenbaum.

Bei der Familie bewohnte ein befreundeter Arzt zwei Zimmer zur Untermiete, wo er auch eine Praxis unterhielt. Durch die Einnahmen aus der Untervermietung war die sehr hohe Miete der Fränkels finanzierbar. 1929 verlor Georg Fränkel, bedingt durch den Zusammenbruch der Norddeutschen Wollkämmerei, sein gesamtes Vermögen. Das eigentliche Geschäft lief aber offenbar trotzdem bis in die frühen dreißiger Jahre noch recht gut.

Außerdem hatte der Sohn inzwischen seine kaufmännische Ausbildung beendet und konnte zum Lebensunterhalt der Familie beitragen.

Am 14. Juni 1935 starb Thekla Fränkel. Eine Woche zuvor war der Arzt, der bei der Familie gewohnt hatte, verstorben. Bald darauf zog Georg Fränkel in eine 5 ½ Zimmerwohnung in der Isestraße 23. Auch dort unterhielt er ein repräsentatives Büro. Sein Sohn Edgar wohnte bei ihm, während die Tochter Edith bereits verheiratet war und in Paris lebte. Dort starb sie, einunddreißigjährig, am 2. Oktober 1936.

1935 war das letzte Jahr, in dem Georg Fränkel noch ein fast normales Einkommen hatte, danach gingen seine Einkünfte ständig zurück. Nach dem 9. November 1938 waren für den jüdischen Handelsvertreter kaum noch Geschäfte möglich. Der Sohn hatte schon im April 1938 seine sehr gute Stellung verloren und ging im Juni 1938 nach Paris. 1941 konnte er nach langem Warten und einigen Komplikationen in die USA auswandern.

Im Spätsommer 1939 zog Arthur Fränkels Witwe, Henriette Fränkel, mit ihrer Tochter Alice zu ihrem Schwager, nachdem sie ihre eigene Wohnung in der Isestraße 36 hatte aufgeben müssen. Ihr Sohn Ernst Fränkel war verheiratet. Er konnte auswandern. Ihre Tochter Alice arbeitete in Hamburg als Bankangestellte. Am 27. August 1938 hatte sie Erich Maschke geheiratet, der mit Frau und Schwiegermutter in die Wohnung der Familie Fränkel zog.

Erich Maschkes Vater, Willi Maschke, war 1920 gestorben. Die Familie muss verarmt gewesen sein, sie wurde vom Hilfsverein der Jüdischen Gemeinde betreut. Erichs Bruder, Erwin – verheiratet mit Else Brammann – und sein Bruder Ernst wanderten 1938 aus. Ernst gelangte nach Argentinien, wohin ihm seine Mutter, Zerline Maschke, am 25. September 1941 folgte. Sie war 74 Jahre alt.

Sechs Wochen später, am 8. November, wurden Alice und Erich Maschke nach Minsk deportiert, wo sie zu einem unbekannten Zeitpunkt zu Tode kamen.

Allein Georg Fränkel und seine Schwägerin Henriette wohnten nun noch in der Isestraße. Anfang 1942 mussten sie in die Dillstraße 15 ziehen. Dort verbrachten sie die letzten Monate in Hamburg, wie die meisten ihrer Altersgenossen, in einem "Judenhaus". Kurz nach Georg Fränkels 73. Geburtstag mussten seine Schwägerin und er sich am 15. Juli 1942 in der Schule Schanzenstraße einfinden. Von dort wurden sie nach Theresienstadt deportiert.

Schon beim "Umzug" in die Dillstraße war der Großteil der kostbaren Wohnungseinrichtung in der Isestraße zurückgeblieben und versteigert worden. Die letzten Möbel, die Georg Fränkel noch in das eine Zimmer in der Dillstraße mitnehmen konnte, gerieten nach seiner De­portation zusammen mit dem Eigentum eines Mitbewohners für 974 RM unter den Hammer des Auktionators Schlüter.

Henriette Fränkel wurde nach zwei Monaten in Theresienstadt nach Treblinka deportiert und dort ermordet. Georg Fränkel starb am 8. Februar 1943 in Theresienstadt.

© Christa Fladhammer

Quellen: 1; 2; AfW 060309.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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